Flug in Die Nacht
stromlos.
»Jeder bleibt an seinem Platz!« rief der Wachhabende seinen Männern zu. »Systeme neu starten und auf weitere Befehle warten!« Er griff nach dem auch bei Stromausfall funktionierenden Telefon. »Brücke, Zentrale, Sensoren und Waffensysteme werden neu gestartet, ich wiederhole, Sensoren und Waffensysteme werden neu gestartet.«
»Brücke verstanden«, lautete die Antwort.
»Lenkwaffentreffer an beiden Antennenmasten.«
Der Wachhabende schluckte. Beide Antennenmasten getroffen – das bedeutete, daß das HQ-91-Radar ganz ausgefallen war. Zur Not ließ sich das weiterhin funktionierende Luftraumüberwachungsradar Sea Eagle als Feuerleitradar verwenden, aber es arbeitete viel zu ungenau.
Sie konnten zwar noch die Luftabwehr der Vorpostenboote koordinieren, aber ihr Zerstörer war in Sekundenbruchteilen buchstäblich wertlos geworden.
Aber nicht ganz wehrlos. Als die Stromversorgung im nächsten Augenblick wieder anlief, zeigte sich, daß die Zentrale weitgehend funktionsfähig geblieben war. »Irgendwo dort draußen ist ein zweiter Bomber, den wir runterholen müssen!« erklärte er seinen Männern. »Laßt euch vom Deck melden, welche Waffen einsatzbereit sind – die vordere Hunderter und die HQ-91 achtern müßten klar sein. Sorgt dafür, daß der Luftraum mit Nachtsichtgeräten und Restlichtverstärkern abgesucht und das Überwachungsradar mit dem Geschütz und den Lenkwaffen gekoppelt wird …
Brücke, Zentrale, die HQ-91 achtern scheint einsatzbereit zu sein. Bitte um Feuererlaubnis auf den zweiten Stealth-Bomber!«
»Charlie-Band-Radar ausgefallen … nur noch Suchradar«, berichtete McLanahan. »Anscheinend hab’ ich das Feuerleitradar erwischt. Verdammt, ich wollte, ich könnte mich bei den Jungs drüben in der anderen B-2 bedanken. Die haben uns mit ihren SLAM-Starts aus der Patsche geholfen.«
Er starrte gespannt auf sein SMFD und wartete, ob das Heckradar sie vor weiteren HQ-91 warnen würde. Erst nach zwei Minuten ohne Warnsignal holte McLanahan tief Luft, als habe er die ganze Zeit über den Atem angehalten, und Cobb rutschte kurz auf seinem Sitz hin und her – was in seinem Fall einem wilden Schrei der Erleichterung gleichkam.
»Noch immer zwei Feuerleitradargeräte bei zwei Uhr«,sagte McLanahan. »Dreißig Grad links, damit wir ihnen nicht zu nahe kommen.« Er öffnete die Klappen der linken Bombenkammer und machte zwei Lenkwaffen HARM zum Einsatz gegen diese Vorpostenboote einsatzbereit. »Suchradar bei sechs Uhr … das Überwachungsradar des Zerstörers arbeitet offenbar noch … « McLanahan überlegte, ob sie zurückfliegen sollten, damit er dieses Radar mit einer weiteren HARM bekämpfen konnte, aber das Feuerleitradar der Vorpostenboote stellte im Augenblick die größte Bedrohung dar. Da der Zerstörer seine gefährlichsten Waffen, die Fla-Lenkwaffen HQ-91, nicht mehr einsetzen konnte, würde er eine leichte Beute der nachfolgenden Bomber B-52 werden …
»Luftziel erfaßt, Peilung drei-vier-zwo, Entfernung elf Meilen, weiter zunehmend, Höhe unter achtzig Meter … « Der Radargast kontrollierte rasch den bisherigen Kurs dieses Ziels – und fand keinen. Es war buchstäblich aus dem Nichts mitten in der chinesischen Flotte aufgetaucht und schien jetzt wieder verschwinden zu wollen …
So sieht ein Stealth-Bomber also im Radar aus!
»HQ-91 achtem startbereit machen«, befahl der Wachhabende in der Zentrale der Jinan.
»Fehleranzeige bei den HQ-91, Genosse Korvettenkapitän – Defekt im Führungssystem.«
»Diese Anzeige löschen! Lenkwaffen mit Überwachungsradar Sea Eagle koppeln.«
»Verstanden … Fehlanzeige gelöscht, HQ-91 mit Überwachungsradar Sea Eagle gekoppelt, keine Zielsuche, nur Richtungssteuerung … Deck meldet Feuerbereitschaft.«
»Vierersalve … Feuer!«
Ein Treffer war bei dieser Methode – ein schwaches Radarecho, das vermutlich von einem Stealth-Bomber stammte, kein richtig erfaßtes Ziel, starke Beeinträchtigung durch Störsender, kein Zielsuchradar für die HQ-91, keine Annäherungszünder in den Gefechtsköpfen – eher unwahrscheinlich: Die Lenkwaffen würden ihr Ziel entweder verfehlen oder es mittschiffs treffen.
Die zweite B-2 hatte das Pech, eine leichte Kursänderung vorzunehmen, um ein chinesisches Vorpostenboot anzugreifen, dessen Zielsuchradar sie erfaßt hatte. Die erste HQ-91 raste links an dem Bomber vorbei, aber die zweite der vier Lenkwaffen traf den Flügel der Black Knight, detonierte und hüllte die ganze linke
Weitere Kostenlose Bücher