Flug in Die Nacht
dreißig Raketen, einem 10-cm-Geschütz Creusot-Loire zur Bekämpfung von Luft- und Schiffszielen und acht 3,7-cm-Flakgeschützen in Einzel- und Doppellafetten. Dazu kam noch eine Maschinenkanone des amerikanischen Typs Phalanx: eine radargeführte sechsläufige Gatling-Revolverkanone, die anfliegende Lenkflugkörper auf Entfernungen unter zwei Kilometern abschießen konnte. Darüber hinaus hatte die Hong Lung auch Sonar (jedoch keine Torpedos oder Wasserbomben) und modernstes Feuerleitradar für ihr gesamtes Arsenal an Bord.
Die Hong Lung war speziell dafür ausgelegt, zu China gehörende Inseln wie die Spratly und Paracel Islands zu überwachen und gegen Kriegsschiffe anderer Staaten, die eben falls Ansprüche auf diese Inseln erhoben, zu verteidigen – deshalb hatte sie im Gegensatz zu den älteren Zerstörern des Typs EF4 der Nordflotte keine Waffen zur U-Boot-Bekämpfung an Bord. Die Hong Lung war jedem anderen Überwasserschiff im Südchinesischen Meer überlegen und konnte sich gegen fast jeden Luftangriff verteidigen. Und ihre Begleitschiffe- die Minensucher und U-Boot-Jäger – konnten es mit jeder Bedrohung aufnehmen, gegen die der Zerstörer nicht eigens ausgerüstet war.
»Position, Navigator?« rief Admiral Yin.
»Genosse Admiral!« antwortete der Navigationsoffizier von seinem Platz halb rechts hinter Yin aus. Er beugte sich über den Kartentisch, um die Anzeige des LORAN-Empfängers abzulesen. »Unsere Position: zehn Seemeilen nordwestlich des West Reefs, dreiundzwanzig Seemeilen nördlich des Luftwaffenstützpunkts Spratly Island.«
»Wassertiefe?«
»Zwanzig Meter unter dem Kiel, Genosse Admiral«, meldete Kapitän Lubu. »Auf dem jetzigen Kurs besteht keine Gefahr einer Grundberührung.«
Yin nickte wortlos. Das war genau der Punkt, der ihm Sorgen machte. Während seine Begleitschiffe kaum befürchten mußten, in den seichten Gewässern zwischen den Spratly-Inseln auf Grund zu laufen, war die Hong Lung ein Hochseeschiff mit vier Meter Tiefgang. Bei Niedrigwasser konnte der große Zerstörer jederzeit irgendwo zwischen den Inseln Grundberührung bekommen oder sogar auf Grund laufen.
Obwohl die Spratlys auf neutralem Gebiet lagen, kontrollierte China faktisch die wertvollen Inseln – nicht auf Grund internationaler Abkommen oder Verträge, sondern durch nackte Übermacht.
Auf ihrer gewohnten Route folgte Yins Flottille im Bereich der Inselkette etwa der Südgrenze der »neutralen Zone«, suchte das Gebiet nach philippinischen Kriegsschiffen ab und war allgemein wachsam. Obwohl die philippinische Marine zwischen den Spratlys patrouillierte und dort viel Feuerkraft aufbieten konnte, hätten Admiral Yins kleinere, schnellere Begleitschiffe sich schlagartig verteidigen können. Und da keines der philippinischen Kriegsschiffe Lenkwaffen oder Fla-Raketen an Bord hatte, war die Hong Lung mit Abstand das kampfstärkste Kriegsschiff in zweitausend Seemeilen Umkreis.
Im Augenblick befanden sie sich ziemlich weit nördlich des neunten Breitengrads auf Ostkurs – und aus Yins Sicht bedeutete die »neutrale Zone«, daß er möglicherweise erwägen würde, Eindringlinge zu warnen, bevor er das Feuer auf sie eröffnete. Auch die Untiefen lagen südlich ihrer Position bei Pearson Reef, und er wollte diese gefährlichen Gewässer unbedingt meiden.
»Nachrichtenraum an Brücke«, krächzte eine Stimme aus der Sprechanlage. »Wenshan meldet Radarkontakt, Peilung drei-vier-null, Entfernung achtzehn Seemeilen. Stationäres Ziel.«
»Verstanden«, bestätigte Kapitän Lubu knapp, bevor er sich über den Radarschirm auf der Brücke beugte. Die Wenshan gehörte zu den im Norden und Osten der Hong Lung patrouillierenden Vorpostenbooten der Hainan-Klasse; sie hatte ein weit besseres Suchradar als die dem Ziel nähere Xingyi aus der kleineren Huangfen-Klasse. Obwohl die Xingyi mit Lenkwaffen Fei Lung-7 zur Bekämpfung von Schiffszielen ausgerüstet war, blieb sie oft darauf angewiesen, daß andere Schiffe Ziele für sie fanden.
Lubu wandte sich an Yin. »Genosse Admiral, dieses Überwasserziel befindet sich in der Nahe von Phu Qui Island – in der neutralen Zone ungefähr zwanzig Seemeilen nördlich von Pearson Reef. Uns liegen keine Meldungen über Schiffe oder Bauten in diesem Gebiet vor. Wenshan und Xingyi halten sich für weitere Nachforschungen bereit.«
Admiral Yin nickte. Er kannte Phu Qui Island als ehemalige chinesische Ölförderstätte auf den Spratly-Inseln; allerdings war das Bohrloch schon vor
Weitere Kostenlose Bücher