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Flug ins Feuer

Flug ins Feuer

Titel: Flug ins Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalvis Jill
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ihn an die Seite des ersten Löschfahrzeugs, aus der Sicht der anderen. »Hör zu, ich weiß, dass es sich nur um falsch verstandene Verantwortung handelt. Du befürchtest, dass ich mich verletzen könnte.«
    »Zum Teufel, ja, ich befürchte, dass du dich verletzen könntest.« Er berührte sanft die Prellung an ihrem Kinn, die sie ihrem Sturz vom Vortag verdankte. »Ich befürchte, dass du sterben könntest. Kannst du nicht einfach auf mich hören und hier verschwinden?«
    Sie war nicht viel mehr als eine Fremde für ihn, und dennoch machte er sich aufrichtig Sorgen. Nicht viele Menschen sorgten sich um eine Person, die sie kaum kannten, aber er tat es. Wieder ein Punkt zu seinen Gunsten, wenn sie mitgezählt hätte. Was sie aber nicht getan hatte.
    Sie hatte nur seine Nachteile mitgezählt, und das würde sie auch weiterhin tun. Erstens, er war stur. Zweitens, er war bis zu einem Grad unbeirrbar, der sie rasend machte, und drittens – der größte Nachteil von allen – hatte er offenbar etwas gegen unbekümmerten Sex. Zum Teufel mit ihm.
    Dann widerlegte er quasi alle ihre Einwände, indem er eine Hand auf ihre Hüfte legte, mit der anderen ihr Gesicht umfasste und es mit dem Daumen streichelte, wobei er sie
gequält und fasziniert zugleich ansah. »Bitte, Lyndie. Geh zurück.«
    Sie bedeckte die Hand auf ihrem Gesicht mit der eigenen. Sie verstand, dass er sie hier weghaben wollte, aber sie konnte nicht. »Es tut mir Leid.«
    Er starrte sie an, dann ließ er von ihr ab. »Du willst einfach nicht auf mich hören.«
    »Nein. Aber hoffentlich hörst du mir jetzt zu, weil ich es nur einmal sagen werde. Ich gehe nicht zurück. Ich gehe nirgendwo anders hin als da rauf auf den Berg mit einer Schaufel in der Hand.«
    »Du bist nicht ausgebildet und trainiert dafür.« »Ebenso wenig wie die Hälfte der Männer, die darauf warten, dass du ihnen hilfst, das Feuer zu bekämpfen. Du weißt das von gestern, ich bin hier, ich bleibe hier. Also...« Sie lächelte ihn aufmunternd an. »Nach dir, Boss. Packen wir’s an.«
    Er wendete den Kopf und musterte den Pfad, den sie einschlagen wollten, die Männer, die darauf warteten, dass er sie anführte, und schloss sekundenlang die Augen. Dann öffnete er sie, küsste sie einmal fest und nickte grimmig. »Pass auf dich auf.«
    »Das habe ich vor.«
    »Okay. Packen wir’s an.«
    Unnötig darauf hinzuweisen, dass er eher wirkte, als träte er einem Exekutionskommando gegenüber, und als er sich nicht von der Stelle rührte, schubste sie ihn sanft an, dem Tag ins Auge zu blicken.
     
    Brody saß im Wohnzimmer in Süd-Carolina, wo er früher von Couch zu Couch gehüpft war wie ein ausgelassener junger Hund, wo er sein erstes Mädchen geküsst hatte im
Alter von dreizehn und von seinem grinsenden Bruder erwischt worden war, wo er seinen Eltern ein Jahr zuvor erzählt hatte, dass Griffin verschwunden sei und keiner wusste, wohin.
    Er atmete vorsichtig aus und lächelte, weil er heute gute Nachrichten hatte. »Ich habe ihn gefunden.«
    Ein Keuchen entfuhr seiner Mutter, und sie griff blind nach der Hand ihres Mannes, umklammerte sie. »Du hast ihn gefunden...«, ihre Stimme brach. »Meinen Griffin?«
    »Den Unvergleichlichen.« Seine Eltern, Phyllis und Ray Moore, saßen nebeneinander. Sein Vater in seiner »Rent ner«-Uniform, steifen Jeans und einer Wolljacke, auf die bestimmt seine Mutter bestanden hatte, und seine Mutter in ihren schicken Caprihosen und sorgfältig gebügelter Bluse.
    Er kannte sie nur glücklich, und sie hatten ihr Leben immer total im Griff. So sehr, dass er allein schon den Versuch, ihnen nachzueifern, für sinnlos erachtet hatte.
    Also hatte er es auch unterlassen. Es nicht einmal versucht. Auf Nachfrage hätte er geantwortet, dass er seine Berufung noch nicht gefunden hätte, aber daran arbeitete – auf der Couch mit geschlossenen Augen.
    Aber das war, bevor das Leben seines Bruders sich aufgelöst hatte und dieser selbst zum ersten Mal überfordert gewesen, nicht mehr klargekommen war.
    Von Brody hatte jeder angenommen, dass ihn Griffins Probleme nicht weiter kümmerten. Ganz einfach.
    Und ganz falsch.
    Offenbar hatte er doch so etwas wie ein Gewissen. Verdammt.
    »Sohn, nun erzähl schon.« Sein Vater streichelte die Hand seiner Frau, die seine so fest umklammert hielt, dass seine Haut ganz weiß geworden war.

    »Wie geht es ihm? Wo ist er?« Tränen schwammen in den Augen seiner Mutter. »Wann kommt er nach Hause?«
    Er musste das hier richtig machen –

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