Flug ins Feuer
noch lange nicht, dass ich nie aus der Ruhe zu bringen wäre. Ich bin aus der Ruhe zu bringen. Passiert mir sogar häufig.«
»Tja, sag mir Bescheid, wenn das der Fall ist, weil ich es gern mal sehen würde.« Er schaltete wieder in den ersten Gang und fuhr weiter, langsamer jetzt.
»Griffin …«
»Jetzt nicht«, sagte er und überflog die Straße, ob sich dort noch mehr Tiere blicken ließen, als sie über den ersten Hügel hinweg mitten hinein in die brennende Landschaft fuhren. Er wusste, was sie wollte, nämlich mit ihm über das Feuer in Idaho sprechen, von dem er begonnen hatte, ihr zu erzählen. »Offenbar kann ich nicht mehrere Dinge gleichzeitig. Ich kann nicht zugleich fahren und über meine Ängste reden.« Und er fuhr weiter. Direkt in das Zentrum des Feuers hinein, zu dem einzigen Ort auf der Welt, an dem er nicht sein wollte.
12
Den Rest der Fahrt unter dem Rauch und der herabregnenden Asche legten sie schweigend zurück. Die Flammen flackerten jetzt links und rechts von ihnen. Die Luft war heiß; Lyndies Stimmung düster. Sie war sich sicher, dass Griffin sich genauso düster fühlte.
Trotz des Zwischenfalls mit den Coyoten ruhte seine Hand ruhig und sicher auf dem Lenkrad, die andere hielt die Gangschaltung, und er fuhr sicher und gekonnt, was sie nur bewundern konnte.
Wenn man bedachte, wie sehr er am Tag zuvor von der Rolle gewesen war, schien er sich heute recht gut zu halten auf der Fahrt zum Feuer. Zumindest wenn man übersah, wie sein Kiefer mahlte oder wie er zunehmend blasser wurde, je näher sie kamen. Aber sie wusste schließlich, wie taff er war, einfach nicht kleinzukriegen.
Sie konnte sich gut vorstellen, dass sein Training sehr viel damit zu tun hatte, genau wie sein Charakter. Er war ein Weltrettertyp – was bedeutete, dass die schrecklichen Verluste, von denen er ihr gerade hatte erzählen wollen, ihn doppelt hart getroffen hatten.
Ihr war klar gewesen, dass ihn etwas aus seiner Vergangenheit quälte, etwas Schreckliches, aber sie hatte keine Ahnung gehabt, wie schrecklich es war, dass Menschen gestorben waren, seine Freunde. Der Schmerz, den sie in seinen Augen flüchtig wahrgenommen hatte, als er das sagte, hätte sie bestimmt umgehauen, wenn sie nicht gesessen hätte.
War es das, was ihn so ernst machte? So intensiv? War es das, was ihn dazu brachte, sich gegen die gegenseitige
Anziehung zu wehren, sie jedes Mal wegzustoßen? In dem Fall glaubte sie ihn verstehen zu können. Sie hatte in ihrem Leben auch Menschen verloren.
Sie hatten ihr Ziel fast erreicht, umgeben von Feuer, als das Handy in ihrer Tasche vibrierte. Sam. » Ja«, meldete sie sich. »Ich arbeite immer noch. Für dich .«
»Du bist also geblieben, um zu übersetzen.« Man hörte förmlich das Lächeln in Sam Logans Stimme. Es lag immer ein Lächeln in Sams Stimme.
»Nina hatte keinen Bock.« Sie blinzelte in den Rauch. »Wenn ich nicht geblieben wäre, wäre dein Mann hier ziemlich aufgeschmissen.«
»Und deswegen bist du eingesprungen. Du willst mir immer noch erzählen, dass das einfach nur ein Job für dich ist, Lyndie, und soll ich dir mal was sagen? Ich kauf es dir nicht ab.«
»Es ist aber so. Und vergiss nicht, du bezahlst mich pro Stunde, während ich hier von einem vergnüglichen Flug nach Catalina träume, und ich bin nicht so billig wie Nina.«
Er lachte. »Schreib mir’ne Rechnung.«
»Das mache ich, Sam, wie immer.«
»Ja, komm einfach gesund wieder zurück.«
Sie wusste, dass Sam Logans ganzes Engagement Hope International galt. Er bezahlte seine Piloten, aber die freiwilligen Experten, die sie flogen, arbeiteten unentgeltlich. Sam fand, dass sie genug verdienten, und meistens hatte er Recht.
Womit er jedoch nicht ganz richtig lag, war, dass zwar sein Herz groß genug war für die ganze Welt, aber nicht jeder genauso tickte wie er.
Weil es für einige, wie für Lyndie, einfach nur ein Job war.
Ja, sie half damit Menschen, und das gab ihr ein gutes Gefühl, aber sie musste auch fliegen, um leben zu können, und deshalb war sie sehr wählerisch, wann und wohin sie flog.
Nicht viele hatten diese Freiheit, und sie war dankbar dafür, aber im Moment ärgerte sie sich auch ein bisschen, dass sie bleiben musste, wo sie doch so gern allein gewesen wäre, es sogar gebraucht hätte. Verärgert über die aufkommenden Gefühle, wenn sie an die Möglichkeit dachte, San Puebla zu verlieren, oder die Gefühle, die Griffin in ihr auslöste.
»Pass auch gut auf diesen Firefighter auf«, meinte
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