Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flug ins Feuer

Flug ins Feuer

Titel: Flug ins Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalvis Jill
Vom Netzwerk:
warf ihm einen langen Wehe-du-lachst-über-mich-Blick zu. »Ich bringe mir selber das Lesen bei.«
    Er starrte sie an. »Aber … das ist ja merkwürdig. Du sprichst so fließend unsere Sprache, dass ich angenommen habe, du kannst genauso gut lesen.«
    Sie machte einen Schmollmund. »Nein. Nicht genauso gut. Ich habe Englisch nur durch Zuhören gelernt, also nicht richtig.« Sie sah ihn unter gesenkten Wimpern an. »Kannst du lesen?«
    Natürlich konnte er das, allerdings hatte er das bisher für selbstverständlich gehalten. »Ja.«
    Nina reckte sich etwas, machte ein Hohlkreuz und präsentierte dem Mondlicht ihre hübschen Brüste, bevor sie ihm einen weiteren Seitenblick zuwarf, um sich zu vergewissern, dass er sie beobachtete.
    Was er definitiv tat.
    Sie klopfte auf den Platz neben sich.
    Und weil er ein Mann war – offenbar auch noch ein sehr schwaches Exemplar seiner Gattung -, setzte er sich.
    »Wenn ich laut lese«, gurrte sie, »könntest du mir all die Wörter sagen, die ich nicht kenne.«

    »Das könnte ich«, stimmte er zu und lächelte, als sie näher rückte. Sie legte das offene Buch halb über ihren und halb über seinen Schoß, beugte ihren dunklen Kopf über die Seiten und knipste die Taschenlampe wieder an.
    »Warum Tagebücher einer Prinzessin ?«
    »Lyndie hat es mir gekauft. Sie nennt mich gern Prinzessin, weil …« Mit einem leisen, sinnlichen Lachen rückte sie noch näher, und sein Körper begann die ihm zugedachte Aufmerksamkeit zu genießen – sehr. »Weil es nun mal eine Tatsache ist, dass ich eine Prinzessin bin. Sinnlos, die Wahrheit abzustreiten, no?«
    Brody lachte etwas heiser und genoss es außerordentlich, dass eine so schöne, interessante Frau ihn umschmeichelte. »Sinnlos.«
    »Bist du wie dein Bruder, Brody Moore?«
    »Wie meinst du das?«
    Ihr Zeigefinger stupste ihn sanft ins Herz. »Gibst du und gibst, bis nichts mehr übrig ist?« Sie lächelte traurig, als er sie überrascht ansah. »Ich kann Menschen spüren«, sagte sie. »Und in deinem Bruder spüre ich Leere.«
    »Die ist da, weil er anderen geholfen hat. Die ist da, weil er Verluste erlitten hat. Große Verluste.«
    »Sie nickte. »Ich habe auch Verlust erlitten. Aber das Leben ist zu kurz, um sich ständig mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Das Leben ist zu kurz, um etwas anderes zu tun als das, was man will.« Sie fuhr ihm mit den Fingern über die Kehle, um den Nacken, versenkte sie in seinem Haar und zog ihn ein klein wenig näher zu sich.
    Nur einen Atemzug entfernt, sah er hinunter auf ihren Mund. »Mein Bruder würde jedem, der es braucht, sein letztes Hemd geben«, sagte er leise. »Ich bin … sehr viel egoistischer.«

    Er dachte, dass sie zurückweichen würde bei dieser schonungslosen Offenheit. Stattdessen hob sie die andere Hand und umfasste sein Kinn. »Dann bist du wie ich. Du tust das, genau das, was dir gefällt.«
    »Ja …«
    Weiter kam er nicht, weil sie seinen Mund mit ihrem verschloss.
     
    Griffin schlief wie ein Toter und schreckte aus dem Schlaf hoch, ihm wurde etwas völlig Ungewöhnliches bewusst: Er hatte nicht geträumt.
    Er setzte sich aufrecht hin, rieb sich das Gesicht und zermarterte sich das Hirn nach den Überresten seiner permanenten Albträume, die er sicher wieder gehabt hatte. Er hatte sie immer.
    Nichts.
    Verblüfft ließ er die Hände sinken und nahm blinzelnd Lyndie wahr. Sie stand am Fuß seines Bettes und trug Jeans und ein Smiley-T-Shirt.
    »Trägst du das, damit du nicht lächeln musst?«, erkundigte er sich.
    »Wie gut du mich kennst.« Aber sie blieb einfach stehen und sah ihn an.
    »Ähm … guten Morgen?«
    »Hast du von ihnen geträumt?«
    »Von wem?«
    Ihre Stimme war so voll unerwarteten Mitgefühls, dass er ganz perplex war. »Von deiner Mannschaft, deinen Freunden. Von Greg.«
    Die Stimme noch rau vom Schlaf und den Gefühlen, die ihn beim Gedanken an Greg übermannten, sagte er: »Ich … normalerweise tue ich das.«

    »Du hast so viel verloren.«
    »Ja. Aber letzte Nacht…« Er schüttelte verdutzt den Kopf. »Gestern habe ich nicht von ihnen geträumt, von keinem.« Ich habe von dir geträumt , wurde ihm verblüfft klar. Er hatte von Lyndie geträumt, die am Fluss im Mondlicht in seinen Armen lag, ihr seidenweicher, starker und zugleich sinnlicher Körper an ihn geschmiegt.
    Ein direkter Schlag gegen seine üblichen düsteren Erinnerungen, und dennoch zuckte er nicht so zurück, wie er es vielleicht eine Woche zuvor getan hätte. Er hatte das gesamte

Weitere Kostenlose Bücher