Flug ins Feuer
Art, richtig?«
»Etwas in der Art. Mach dir mal keine Sorgen.«
»Klar. Danke. Ich mache mir keine Sorgen.«
Lyndie konzentrierte sich aufs Fliegen und darauf, den Kloß in ihrer Kehle herunterzuschlucken. Schon bald befand sie sich im Landeanflug durch die dunkle und rauchige Luft, und bei der geringen Sichtweite war das Fliegen so schwierig wie beim letzten Mal. Aber sie war darauf vorbereitet und kam prima klar damit, während sie sich über die Liebe zwischen den beiden Männern trotz allem, was sie hinter sich hatten, wunderte.
Ob sie einen Bruder oder eine Schwester gehabt hätte, wenn ihre Eltern noch lebten? Ob sie irgendetwas, irgendetwas getan hätte, wenn ihr Bruder oder ihre Schwester sie gebraucht hätte, vielleicht sogar ihr Leben eingesetzt, damit er oder sie weiterleben hätte können?
Da sie keine Blutsverwandten hatte, war die Frage töricht und dumm, und ganz bestimmt irrelevant, und sie verdrängte sie.
Aber sie konnte das, was sie über Griffin erfahren hatte, nicht ebenso leicht verdrängen, und hätte sehr gern seinen Schmerz gelindert, ihn davon befreit. Hätte ihn gern berührt. Gern an sich gedrückt und nie wieder losgelassen.
So erschreckend kompliziert und so erschreckend einfach war das.
17
Sie erreichten San Puebla spät am Abend. Sobald sie im Gasthaus waren, ging Griffin zu Bett, und Brody hatte einen ganzen Abend vor sich und nichts zu tun.
Es war ein Abend, wie er ihn liebte. Er war zunächst auf Fliegenfischtour im Copper Canyon gewesen, als er von San Puebla und dem Feuer gehört hatte, aber in der Stadt selber war er noch nie gewesen.
Er wusste bereits, dass er Mexiko liebte. Das Wetter war immer gut, und das Angeln sogar noch besser. Außerdem hatten die Menschen hier ihren eigenen Begriff von Zeit, was so viel hieß, als dass sie alles in dem Rhythmus erledigten, der ihnen am besten passte – das gefiel ihm an dem Land am meisten.
Im Moment war er bis oben hin abgefüllt mit Rosas Essen, er stand vor dem kleinen Gasthaus, in dem sie heute Nacht schlafen würden, und starrte auf einen fließenden Bach, der so voller Fische war im blassen, rauchgeschwängerten Mondlicht, dass er nur die Hand hätte ausstrecken müssen, um einen zu fangen.
Also das war mal ein Örtchen, wo ein Mann eine anständige Verschnaufpause machen konnte, ein Ort, wo jeglicher Stress von ihm abfallen und er einfach relaxen konnte. Ohne Entspannung war das Leben einfach nicht lebenswert.
Leider inhalierte er mit jedem Atemzug dicken Rauch,
aber das würde Griffin schon hinkriegen, da war er ganz zuversichtlich.
» Maldita sea.«
Brody, der ein wenig Spanisch konnte, wunderte sich über die laut fluchende, musikalische weibliche Stimme. Er drehte sich um und konnte kaum die Umrisse von jemandem erkennen, der an einen Baum gelehnt die Füße ins Wasser baumeln ließ. Er trat einen Schritt näher und erkannte Nina, Toms schöne Tochter. Er hatte sie schon während des Essens bewundert und sich an ihrer temperamentvollen Art ergötzt.
Das lange Haar fiel ihr über den Rücken, sie trug dasselbe hellrote Sommerkleid wie bei Tisch, und er ließ sich einen Moment Zeit mit der Bewunderung ihrer Kurven in einem so knappen Outfit. Nicht, dass er sich darüber beschwert hätte. Du liebe Güte, nein. Nichts gefiel ihm besser, als eine zauberhafte Frau während eines köstlichen Essens anzusehen.
Im Moment konzentrierte sie sich ganz auf ein geöffnetes Buch, ihre Lippen bewegten sich beim Lesen und auch bei ihrem ziemlich beeindruckenden Fluchen.
»Also, Schätzchen, wenn das Buch dich ärgert«, sagte er, »dann lies es doch einfach nicht.«
Ihr Kopf fuhr hoch. Ihre Lippen hörten auf, sich zu bewegen.
Er lehnte sich gegen einen Baum und genoss ihren Anblick. »Das Leben ist zu kurz, um eine Geschichte zu lesen, die einem nicht gefällt.«
Langsam legte sie das Buch beiseite und heftete ihre mandelförmigen, dunklen Augen auf ihn. »Was machst du hier draußen?«
Er stieß sich von dem Baum ab, trat näher und blickte in
den Bach, der rasch über Steine und Sand dahinfloss. »Ich liebe dieses Geräusch«, murmelte er. »Du nicht?«
»Ich …« Sie lachte leise, jetzt nicht mehr aggressiv. »Ich höre es gar nicht mehr.«
»Tja, das ist jammerschade, wenn du mich fragst. Was hast du gerade gelesen?«
»Nichts.«
»Fluchst du immer über nichts?«
Sie seufzte. » Tagebücher einer Prinzessin.«
» Tagebücher einer Prinzessin.«
»Es ist die original amerikanische Version. Ich …« Sie
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