Flug ins Feuer
Essen.
Lyndie.
Er ging wieder zurück über den Flur, aber im vorderen Raum war sie nicht, ebenso wenig im Hof oder sonstwo. Er überprüfte ihr Zimmer, in dem sich keine feuerhaarige Frau befand.
Und auch kein wildes Kätzchen.
Was hatte sie mit Lucifer angestellt? Und wieso hatte sie nach einem Tag wie heute noch die Energie, sich irgendwo anders aufzuhalten als in diesem Bett dort?
Er ging wieder hinaus, dieses Mal durch die Hintertür des Gasthauses, hörte ihre Stimme im Dunkeln und ging näher. Er fand sie am Bach, wo sie mit Lucifer auf dem Schoß, der ihr Kinn mit seiner Pfote attackierte, am Ufer saß.
»Ganz ruhig«, redete sie auf das Tier ein, das unbedingt an ihr hochklettern wollte. »Hast du wirklich geglaubt, ich komme nicht zu dir zurück?« Über dem Geräusch des rauschenden Wassers war ihr leises Lachen zu hören. »Wäre dir recht geschehen, du unausstehlicher, kleiner Flohball.«
»Miau.«
»Ja, ja.« Sie streichelte den kleinen Rücken, und Lucifer machte einen Buckel vor Entzücken. »Hör zu, ich lass dich
nicht im Stich oder so, aber ehrlich gesagt bin ich nicht gerade die beste Wahl.«
Überrascht blieb Griffin stehen. Sie hielt sich nicht für eine gute Wahl? Sie, mit der Stärke und dem Mut von zehn Männern? Wie konnte sie das nur glauben?
Ohne dass sie Griffin sah, ließ sie sich auf den Rücken fallen und hob das Kätzchen hoch. »Hör zu, Katerchen … ich bin nicht gut für dich. Ich bin anspruchsvoll und rücksichtslos und ehrlich gesagt nicht sehr nett. Ernsthaft«, flüsterte sie, »du müsstest eigentlich um dein Leben rennen.«
Der kleine Kater schien nicht sonderlich betroffen, und Lyndies leises Lachen, als sie Lucifer auf ihrer Brust absetzte, brach Griffin das Herz. »Warum rennst du nicht weg?«, fragte sie und rieb ihre Wange an Lucifers Köpfchen.
Griffin sehnte sich danach, zu ihr zu gehen und ihr zu beweisen, dass sie sich irrte in ihrer Meinung, eine schlechte Wahl zu sein.
Aber er selbst war auch keine besonders gute.
Also stählte er sich innerlich, was nicht leicht war, drehte sich um und ging weg.
19
Nach der Rückkehr vom Feuer duschte Tom schnell zu Hause, dann ging er auf seinem ganz privaten, gut ausgetretenen Pfad zum Gasthaus hinüber, das er durch die Hintertür betrat, und marschierte direkt in die Küche. Wie er gewusst hatte, war Rosa da und wies einige ortsansässige
Frauen an, wie sie alles zu arrangieren hatten. »Alles« waren in diesem Fall mehr Gerichte und Platten mit Essen, als Tom zählen konnte.
»Bist du so gut wie fertig mit allem?«, fragte er und lächelte, als sie herumfuhr und ungewöhnlich gestresst aussah.
»Hast du es allen gesagt?«, wollte sie wissen.
»Wie kommt es, dass du meine Fragen immer mit einer Gegenfrage beantwortest?« Er gab ihr einen kleinen Nasenstüber auf ihre besorgte Nase. »Alle werden hier sein, sobald sie sich gewaschen haben.« Er bückte sich, um Tallulah zu streicheln, die zu seinen Füßen schon ungeduldig um seine Aufmerksamkeit winselte. »Für eine spontane Fiesta kann man sie aus jeder Versenkung locken.«
»Und Nina …«
»Sie kommt auch. Ihre Obsession, in die Staaten zu gehen, ist zeitweilig abgelöst worden von ihrer Obsession für Griffins Bruder. Sie wird sich die Chance, mit ihm zu tanzen, nicht entgehen lassen.« Tom war nicht naiv; er wusste, dass seine Tochter einen sehr gesunden Appetit auf Männer hatte. Er dachte nur nicht gern darüber nach, besonders weil sie diese Woche Appetit auf den arbeitslosen, ziellosen Amerikaner hatte, verdammter Mist.
»Wo ist Lyndie?«, fragte Rosa.
»Das Mädel hat heute wie ein Berserker geschuftet und ist bestimmt total erschöpft. Sie kann nicht weit weg sein.«
Rosa machte ein besorgtes Gesicht.
»Reg dich nicht auf, du kennst doch unser Mädchen. Sobald es nach Essen riecht, wird sie auftauchen.«
Das entlockte der Frau, die wahrscheinlich den ganzen Tag gekocht hatte, ein Lächeln. »Sie verdient eine kleine Fiesta, si ?«
»Ob spontan oder nicht«, stimmte Tom zu. »Du weißt, dass sie sauer sein wird, wenn sie es herausfindet. Sie hasst es, im Mittelpunkt zu stehen.«
»Sie tut so viel für uns. Sie muss unbedingt etwas aus ihrem Leben machen, und da sie selbst es nicht tut, müssen wir ihr dabei helfen. Wenn sie so erschöpft ist, wie du sagst, wird sie sich über das Ganze nicht weiter aufregen.«
»Sie ist erschöpft, ja, aber auch verdammt smart …« Er brach ab, als Rosa sein Gesicht in ihre abgearbeiteten Hände nahm.
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