Flug ins Feuer
hungriger Haufen, der sich hier trennte, und jeder nahm seinen eigenen Weg nach Hause.
Brody blieb einen Moment in der stockfinsteren Nacht stehen, genauso müde wie jeder andere, aber er konnte immer noch nicht fassen, was sie heute geschafft hatten. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl gehabt oder so hart gearbeitet hatte.
Vielleicht hatte er noch nie in seinem Leben so hart gearbeitet.
Kein leichtes Eingeständnis, nicht einmal für ihn, umgeben von Menschen, die die ganze Zeit über genauso hart
gearbeitet hatten, einschließlich einer Frau, die er erst einen Tag kannte und von der er nicht genug bekommen konnte.
Er sah sie jetzt an. Nina erwiderte seinen Blick mit ihren sanften, sinnlichen Augen. Süße Augen. Sie wartete, bis ihr Vater ins Haus gegangen war. Obgleich sie den ganzen Tag draußen beim Feuer geschuftet hatte, schaffte sie es, hübsch und kühl auszusehen. Sie legte Brody eine Hand auf die Brust und beugte sich vor. »Heute Nacht?«, flüsterte sie.
Er drehte den Kopf und sah, dass Toms Eingangstür sich schloss. Es erschien ihm wie der Klang seines eigenen Sargdeckels, und dennoch zog ihn nichts mehr an als das Versprechen, das in ihrer Stimme lag.
»Wir können uns in den Hof setzen«, sagte sie. »Und lesen, genau wie gestern Nacht …«
Obgleich beide wussten, dass es nicht alles gewesen war, was sie in der vergangenen Nacht getan hatten.
»Ich weiß, dass ich einen guten Job in den Staaten bekommen kann, wenn du mir noch ein klein wenig mehr beibringst«, fügte sie leise hinzu.
»Du unterschätzt dich, du liest bereits gut.« »Hast du Angst, dass ich dich zu lange vom Schlafen abhalte? Dir zu viel zumute?« Ihm blieb die Luft weg bei ihrem Blick. »Keine Angst, großer Junge. Ich stecke dich ins Bett, wenn es das ist, was du willst.«
»Ich will«, sagte er und war schockiert, als er die Wahrheit erkannte, »bei dir sein.«
Ein Lächeln breitete sich langsam in ihrem Gesicht aus, und sie umarmte ihn fest, drängte sich an ihn und seufzte, als er die Arme um sie legte. »Du bist so ein guter Mann, Brody Moore. Und auch ein guter Lehrer.«
Er schloss die Augen und hielt sie fest. Ein guter Mann? Ein guter Lehrer? Verdammt, er hatte zwar studiert und
besaß auch seinen Abschluss und hätte tatsächlich als Lehrer arbeiten können, aber er hatte sich nie ernsthaft bemüht. Zu viel Arbeit, kostete viel zu viel Zeit …
Und wenn er der Wahrheit ins Gesicht sehen wollte in dieser Beziehung, dann musste er zugeben, dass er ein ziemlicher Müßiggänger und ziemlich zufrieden damit gewesen war. »Ich bin nicht der Mann, für den du mich hältst.«
»Nein?« Ihr Lächeln kam von Herzen. »Du bist nicht siebenhundertfünfzig Kilometer gereist, um nach Griffin zu sehen, während er dieses Feuer für uns bekämpft? Du hast nicht selbst mit Hand angelegt, wo du doch genauso gut hättest in der Stadt bleiben und es den anderen überlassen können? Du hast nicht deine wertvolle Schlafenszeit mit mir verbracht und mir Lesen beigebracht?« Sie kam noch näher und flüsterte ihm ins Ohr. »Du hast nicht unter dem nächtlichen Himmel mit mir geschlafen und mir einen Himmel gezeigt, den ich gar nicht kannte?«
»Nina …« Er umfasste ihr Gesicht, sah ihr tief in die Augen und stöhnte hilflos, als er die Gefühle darin sah. »Ich bin zu Hause ganz anders. Ich arbeite nicht gerade hart, wirklich nicht. Ich lasse mich einfach treiben, und … und man lässt mich auch gewähren.«
»Das liegt nur an deinem sexy Lächeln.« »Ich meine es ernst. Bis vor kurzem war ich ein beschissener Bruder, und ich hätte dich nicht wiedersehen wollen, nachdem wir …«
»Schhh.« Sie hielt ihm den Mund zu. »Ich kenne den Mann nicht, den du beschreibst. Ich kenne den Mann, vor dem ich stehe, der Mann, der mir hilft, besser lesen zu lernen, und der mich den Rest der Nacht um den Verstand bringen kann, weil wir gut zusammenpassen. Jetzt.« Sie atmete durch und lächelte. »Irgendwelche Fragen?«
Er befreite seinen Mund von ihrer Hand und erwiderte ihr Lächeln, und er fühlte sich befreit, erregt und noch alles Mögliche andere, Dinge die ihn nicht länger ängstigten. »Keine Fragen.«
Ihr Lächeln raubte ihm den Atem, das Herz. »Gut.«
Zu aufgekratzt, um schon schlafen zu können, ließ Griffin Brody draußen bei Nina und ging ins Gasthaus. Auf halbem Weg zur Küche wurde ihm klar, dass es etwas gab, was er noch lieber hätte als
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