Flug ins Feuer
»Und es wird nicht funktionieren. Griffin und ich sind erwachsen. Wir haben es nicht nötig, dass du dich in unser Privatleben einmischst.«
»Ja, nun ja, wenn du ein Privatleben hättest, wäre ich nicht gezwungen, mich einzumischen.«
Lyndie lachte hilflos, dann blickte sie sich um zu den feiernden Leuten, die so glücklich und voller Leben waren. »Ich brauche frische Luft.«
»Frischer als diese?«, wunderte Griffin sich. »Die wirst du erst bekommen, wenn das Feuer ganz aus ist.«
»Dann brauche ich Platz.« Sie drängelte sich durch den vollen Hof und aus der Tür, bevor sie bemerkte, dass er ihr folgte.
»Vielleicht brauchte ich auch Platz.« Er lehnte sich an einen Baum, nahm einen tiefen Schluck Bier und betrachtete sie über die Flasche hinweg. Er leckte sich einen Tropfen von der Oberlippe ab, wahrscheinlich ohne die geringste Ahnung zu haben, dass sie dies gern getan hätte.
»Also«, sagte er. »Ist es hier etwas frischer als im Hof?«
»Rosa will uns verkuppeln.«
»Verkuppeln? Dich... und mich?«
Lyndie musste über seine Verblüffung lachen. »So naiv kannst du doch nicht sein.« Sie lachte erneut über seine verdutzte Miene. »Doch, ich schätze, das bist du. Das ist
lächerlich, nicht wahr? Ich meine, wir beide...« Sie verschluckte den Rest bei der Hitze in seinen Augen. »Wir...« Sie holte tief Luft. »Wir haben absolut keine Chance. Nicht die geringste.«
Er sah sie einfach nur an.
»Ist es nicht so?«, flüsterte sie mit erschreckendem Verlangen in der Stimme.
»Lyndie …«
»Hör zu, ich will auch gar keine Chance«, versicherte sie ihm, wobei ihr Herz flatterte bei dieser ersten Lüge in ihrem Leben, wie sie glaubte. »Ich will nichts weiter, als mich anständig ausschlafen, bevor wir morgen wieder an die Arbeit müssen. Nacht.« Sie wirbelte herum, ging in die Küche und schaffte es, ohne aufgehalten zu werden, in ihr Zimmer zu gelangen.
Irgendwie war Lucifer ihr gefolgt. Vielleicht hielt er sich für einen Hund, sie wusste es auch nicht, aber er kletterte auf ihr Bett. Seine Augen glühten wie die eines wirklichen Teufels, als er darauf wartete, gestreichelt zu werden.
»Sorry«, sagte sie und tat ihm den Gefallen nicht. »Du hättest dir jemanden aussuchen sollen, der dich mag.«
Lucifer schloss die Augen zu einem schmalen Spalt, und obgleich sie sich wie ein Blödmann vorkam, näherte sie sich ihm. »Na gut, ich mag dich. Verdammt. Aber nur ein bisschen.«
Die Fenster klirrten von dem Gelächter und der Musik von unten, aber sie glaubte, hinreichend erschöpft zu sein, um trotzdem schlafen zu können. Sie ließ sich auf die Matratze fallen und streichelte das Kätzchen.
Während sie das tat, wurde die Tür ihres Schlafzimmers geöffnet und wieder zugeschlagen.
Griffin stand da in dunklen Jeans und dunklem T-Shirt
und dazu passender Miene. »Es ist nicht so, dass ich keine Chance will«, sagte er grimmig. »Es ist nur so, dass ich nicht weiß, wie... ich weiß nicht …« Er fuhr sich durchs Haar und sah ungewohnt nervös und frustriert aus. »Ach, verdammt.«
Sie setzte sich auf. »Griffin...«
»Nein, lass mich ausreden.«
Aber stattdessen stolzierte er zum Fenster, lehnte sich an die Fensterbank und legte die Stirn gegen die Scheibe, als er hinaus in die Nacht blickte. Es war nicht viel zu sehen bei dem Halbmond, der so gut wie bedeckt war von Rauchschwaden.
Aber was auch immer er sah, auf seinen Schultern schien das Gewicht der ganzen Welt zu lasten. »Ich habe viel verloren in dem letzten Feuer.«
»Ich weiß. Griffin, ich weiß.« Es brach ihr schier das Herz. Wieso hatte sie nur dieses Bedürfnis, ihn unbedingt zu trösten?
Er schloss die Augen, dann drehte er sich um und sah sie an. »Ich habe überhaupt keinen Mumm mehr.«
Sie erhob sich. »Vielleicht vorübergehend. Das würde jedem so gehen.«
»Und dennoch habe ich es heute ganz gut geschafft.«
»Weil du dich langsam daran gewöhnst.«
»Ich fand es schrecklich. Ich habe mich so geschämt, vergessen zu können, dass ich mich gezwungen habe, an Idaho zu denken, nur um mich selbst zu quälen. Die ganze Fahrt zurück hierher fühlte ich mich so wertlos und am Boden zerstört, dass ich nur noch weit weg wollte. Egal wohin.«
Hilflos gegenüber der Welle von Emotionen, die über ihm zusammenschlug, trugen ihre Füße sie automatisch zu ihm hin.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich das je wieder tun könnte«, sagte er leise. »Ein Feuer zu bekämpfen, oder...«
»Oder?«
»Eine Frau anzusehen.«
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