Flug ins Gestern
versteckte Beobachter befanden, aber die Wahrscheinlichkeit dafür war denkbar gering. Außerdem würden sie in der Dunkelheit nicht allzuviel erkennen können und später von einem großen Wal reden, der auf dem Wasser schwamm.
Das Boot schwebte über die Brandung. Grimes orientierte sich an einer großen Palme jenseits des Sandstreifens. Dann sah er Land unter sich. Das Fahrzeug kam zum Stillstand, knapp einen Meter über dem nassen Sand. Der Kommodore ließ seinen Sitz herumschwenken und sah, wie Sonja und Mayhew sich um den Eingeborenen kümmerten. Der Ärmste war tatsächlich mehr tot als lebendig. Die Augen glänzten irr. Es sah so aus, als hätte er resigniert und sich in sein Schicksal ergeben. Aber seine Qualen würden ja bald vorüber sein.
»Setzen wir ihn aus, John?« fragte Sonja.
»Das mußt du wissen – du bist die Spezialistin für die Heilige Schrift.«
»Es muß sein.«
Die Luke im Mittelschiff fuhr auf, und die kleine Rampe wurde ausgefahren. Sonja und Mayhew stützten den Eingeborenen, der immer noch seine zerlumpte Kleidung trug. Widerwillig ließ er sich ins Freie führen. Grimes bezweifelte, daß er in diesem Zustand vierzig Kilometer marschieren konnte.
Aber auch er – Jonas – mußte sich an die Schrift halten, ob er wollte oder nicht.
Die vertraute Umgebung schien Wunder zu wirken. Der Mann ließ sich in den Sand fallen und krampfte die Finger in die Erde. Dann drehte er sich um, richtete sich auf und betrachtete seine Hände, aus denen der Sand rieselte. Ein unwirkliches Lächeln trat auf sein dunkles, bärtiges Gesicht, ein Lächeln, das einfror, als er den Blick hob und sah, daß das Ungeheuer, das ihn ausgespien hatte, immer noch an Ort und Stelle vor ihm stand. Schnell sah er weg, landeinwärts. Er sog die kühle, salzige Luft in seine Lungen und schien auf das monotone Rauschen der an Land rollenden Wellen zu lauschen.
Zitternd setzte er einen Fuß vor den anderen. Sein Blick war in die Ferne gerichtet, wo sich hinter den Palmenwipfeln am Horizont undeutlich eine Bergkette abzeichnete. Jonas sah sich nicht mehr um, schleppte sich weiter, auf die ferne Stadt zu …
»Wieder ein zufriedener Kunde«, murmelte Grimes.
Sonja und Mayhew kehrten in das Beiboot zurück. Der Kommodore betätigte den Verschlußmechanismus für die Luke und übernahm wieder die Steuerung.
Das kleine Boot schoß in den Himmel hinauf, wo die Faraway Quest wartete.
13.
Wieder an Bord des Schiffes, ging Grimes sofort in seine Kajüte. Sonja und Mayhew begleiteten ihn. Der Kommodore ließ Williams und Clarisse kommen. Clarisse wußte natürlich, was in der Zwischenzeit geschehen war. Sie hatte dauernd mit ihrem Mann in telepathischem Kontakt gestanden. Williams ließ sich kurz berichten, wie Jonas abgesetzt worden war.
Dann sagte Grimes:
»Morgen früh, noch in der Dämmerung, werden wir mit der Faraway Quest landen.«
»Bist du sicher, daß wir keinen Fehler machen?« fragte Sonja nachdenklich. »Ich habe schon einmal gesagt, daß wir die Geschichte nicht verfälschen dürfen.«
»Haben wir das bisher getan?« wehrte Grimes ab. »Unser Erlebnis hat gezeigt, daß wir längst schon ein Teil der Geschichte sind. Warum sollten wir sie verändern? Wir wissen, woran wir sind, und wir werden entsprechend vorsichtig vorgehen.«
»Sie sollten sich weniger Gedanken über die Geschichte machen, Skipper«, meldete sich Williams zu Wort. »Überlassen sie die Geschichte sich selbst und sehen Sie zu, daß Sie mit sich und dem, was auf uns zukommt, zurechtkommen. Ganz im Ernst: Wenn nicht bald etwas geschieht, gibt’s eine Meuterei an Bord. Die Leute kommen ins Grübeln, wenn sie nichts zu tun haben und sich nutzlos vorkommen.«
»Soweit ist es schon, Billy?«
»Ja, leider. Vier Tage lang hängen wir jetzt über diesem verdammten Meer, nur die Wolken und die See unter uns. Das ist schlimmer als ein Orbit. Man ist so nah am Ziel seiner Wünsche und doch so fern.«
»Und die Wünsche?«
Williams zuckte die Schultern.
»Irgend etwas erleben, nur ’raus aus diesem stählernen Gefängnis.«
»Ken?«
»Er hat recht, John. Ich hätte es Ihnen vorher sagen sollen, aber ich dachte, Sie wüßten Bescheid. Man muß kein Telepath sein, um die gedrückte Atmosphäre an Bord zu spüren, und Sie brauchen nicht die Gedanken der Männer und Frauen zu lesen, wenn Sie überall Bemerkungen hören wie: ›Er und seine Lieblinge treiben sich unten auf der Erde herum, wann immer sie wollen. Weshalb nicht auch
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