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Flugrausch

Flugrausch

Titel: Flugrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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werden.«
    In Venns Augen schien ein Licht aufzublitzen, und er verengte sie zu Schlitzen. »Moment, Pike hat mich angegriffen und versucht, mich umzubringen. Ich musste mich verteidigen.«
    Challis fuhr ihn hart und unerbittlich über den wackligen Tisch an. »Die Beweise sagen da was anderes. Man hat ihm einen Kricketschläger oder etwas Ähnliches über den Kopf geschlagen und …«
    »Kricket?«
    Scobie, der Venn in diesem Augenblick beobachtete, dachte, das ist ein Mann, der sich mit Jim Beam umgibt, mit einer Harley-Davidson, mit Indianerpostern und Indianerkrempel – was weiß der denn schon von Kricket, einem Spiel für Engländer? »Oder einem Baseballschläger«, sagte er. »Wir haben einen zerbrochenen Baseballschläger in der Gasse hinter dem Haus gefunden.«
    »Man sollte die Blödheit der Gauner in der Gegend hier nicht unterschätzen«, knurrte Challis.
    Was ist denn in Challis gefahren?, dachte Sutton. Brummig wie ein Bär mit Zahnschmerzen. »Okay, Dwayne, Pike hat Sie angegriffen. Und dann?«
    »Dann hab ich mich verteidigt.«
    »Wie?«
    »Mit den Fäusten. Ich hab ’nen guten Treffer gelandet, und er ist umgefallen und hat sich den Kopf angestoßen irgendwo. Vielleicht an einer Flasche, das erklärt den Abdruck am Kopf.«
    »Na, so was von selbstbewusst. Ein Mann, der für alles eine Erklärung parat hat«, sagte Challis.
    »Ach, Scheiße. Ich komme in gutem Glauben hierher, und …«
    »Die Rechtsmedizinerin sagt, Pike ist erstickt worden«, sagte Sutton. »Nach der Art zu urteilen, wie das Blut an Pikes Gesicht klebt, wurde dazu eine Plastiktüte verwendet, nimmt sie an. Wir haben die Tüte noch nicht gefunden, aber das kommt schon noch, genauso wie wir Spuren der Tüte an Pike finden werden.« Sutton warf Challis einen scharfen Blick aus dem Augenwinkel zu, so als wollte er sagen: Ich kann auch den starken Mann markieren, also gib Ruhe, okay?
    Venn meinte trotzig: »Ich sag kein Wort mehr.«
    Na, wenigstens hat er noch nicht um einen Anwalt gebeten, dachte Scobie. »Und was geschah dann?«
    Venn schaute ihn mürrisch an. Nach ein paar Sekunden ließ er sich zu einer Antwort herab. »Bevor Brad ohnmächtig wurde, hat er uns noch gesagt, was er mit Lisas Kind gemacht hat.«
    »Und Sie haben ihm geglaubt?«
    »Na klar. Das war doch ein Geständnis auf dem Totenbett«, sagte Venn, wobei er sehr sorgfältig sprach und offenbar recht zufrieden mit seiner Ausdrucksweise war.
    So ein Blödmann, dachte Scobie und begann mit seinem Vortrag. »Dwayne Venn, ich verhafte Sie wegen des Verdachts, Bradley Pike am fünfzehnten des Monats ermordet …«
    Venn klappte der Mund auf. »Das können Sie doch nicht einfach so. Wir kommen in gutem Glauben hierher, und …«
     
    »Ich kriegs einfach nicht aus dem Kopf«, sagte John Tankard.
    »Ich weiß«, erwiderte Pam.
    Sie saß am Steuer und fuhr ihn nach Hause. Ihre Anwesenheit bot ihm Trost. Immer wieder sagte sie: »Ich weiß«, und lächelte sanftmütig. Wie konnte er sich der Kraft ihrer Freundlichkeit, ihres müden Mitgefühls entziehen? Sie verurteilte ihn nicht, stürzte sich nicht hart und unvermittelt auf ihn wie Kellock vor ein paar Minuten auf dem Revier; Kellock war einerseits froh, dass Munro tot war, aber vor allem machte er sich Sorgen darüber, dass die Presse schreiben könnte, die Polizei sei wieder mal in eine tödliche Schießerei verwickelt gewesen.
    »Ich hab einfach geschossen. Instinkt. Reiner Instinkt, Pam. Peng, einfach so.«
    Komisch, wie seine Gefühle Achterbahn fuhren. In dem einen Augenblick wollte er sich am liebsten verkriechen oder sterben oder den ganzen Tag flennen, im nächsten durchfuhr ihn wieder ein Hochgefühl.
    »Ich meine, herrje …«
    »Du hast uns wahrscheinlich beiden das Leben gerettet«, sagte Pam.
    Jetzt schlugen seine Emotionen wieder in die andere Richtung um. Alle klopften ihm auf die Schulter, als sei er so ein Schnellschussheld mit mörderischer Reaktion, wo er doch nur mehr oder weniger wieder in Panik geraten war und einen Glückstreffer gelandet hatte. Die Waffe in seiner Hand hatte sich nicht gut angefühlt. Ein Glücksschuss aus reiner Panik.
    Er hatte einen Mann erschossen.
    »O Gott«, sagte er und legte sich die Hände vors Gesicht.
    Gott sei Dank waren sie verpflichtet, seine Waffe als Beweismittel zu beschlagnahmen. Er wollte keine Waffe mehr sehen, solange er lebte.
    Sie kamen bei seiner Wohnung an; als Pam am Straßenrand bremste, sagte er. »Hör mal, ich muss allein sein, nicht dass du mich

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