Flugrausch
verkaufen.
Draußen auf dem Flur stieß sie auf Sergeant Destry, die sie voller Warmherzigkeit anlächelte und sagte: »Gute Arbeit heute«, und Pam, die ganz verzweifelt danach trachtete, zu beichten, hörte sich sagen: »Sergeant, kann ich Sie mal kurz sprechen?«
Jedes Mal, wenn sie Pam Murphy sah, fühlte sich Ellen Destry an ihr jüngeres Ich erinnert. Murphy war voller Enthusiasmus, ambitioniert, musste sich mit Wüstlingen und Neandertalern herumschlagen, neigte zu Schweigsamkeit und dazu, alles herunterzuschlucken.
Was sie nun über Geld zu hören bekam, damit hatte sie nicht gerechnet: die ständige Sorge darum, der Mangel daran, das Unvermögen, damit umzugehen. Ellen schüttelte den Kopf und musste unvermittelt an ihre Tochter denken: Immer wieder versagen wir dabei, unseren Kindern beizubringen, wie sie ihr Leben führen sollen.
Dann überkamen sie böse Erinnerungen. Eines Tages wird mich das Geld auch noch in Schwierigkeiten bringen, dachte sie, und sie errötete bei dem Gedanken an den Augenblick letztes Jahr, als sie fünfhundert Dollar eingesteckt hatte, die sie am Ort einer Brandstiftung gefunden hatte. Immer mal wieder, wenn auch in langen Abständen, tat sie das, kleine Summen, die irgendwelchen Kriminellen gehörten und nicht vermisst wurden. Falsch war es trotzdem, und sie gaukelte sich immer wieder vor, ihr Problem in den Griff bekommen zu haben. Letztes Jahr hatte sie die fünfhundert Dollar gespendet: Es wäre zu kompliziert gewesen, sie wieder an den Tatort zurückzubringen. Diese Gelegenheitsklauerei stammte noch aus Kindertagen, als sie nach der Schule im Laden an der Ecke Lollis und Comics mitgehen ließ.
Sie schüttelte die Erinnerung ab. »Ich dachte, Lister ist Buchhalter«, sagte sie und sah Pam Murphy, die auf dem harten Stuhl auf der anderen Seite ihres Schreibtischs saß, fest in die Augen.
»Ist er auch«, sagte Pam, die offensichtlich überrascht war, nicht den Kopf abgerissen zu bekommen. »Er verleiht aber auch Geld.«
»Und er hat Ihnen dreißigtausend Dollar geliehen.«
»Jawohl, Sergeant.«
»Eine Menge Geld.«
»Jawohl, Sergeant.«
»Sie würden nicht so in der Klemme sitzen, wenn Sie sich eine vernünftige Summe geliehen hätten, zehntausend vielleicht – für zehntausend kriegen Sie schon ein vernünftiges Auto.«
Ellen sah, wie Pam den Kopf sinken ließ. »Jawohl, Sergeant.«
»Aber Sie wollen sicher keinen Vortrag von mir hören. Wie werden Sie den Kredit zurückzahlen?«
Pam blickte auf und sagte mit einem schrägen Grinsen: »Ich werde den Wagen verkaufen.«
»Dabei werden Sie aber Geld verlieren.«
Pam schüttelte den Kopf. »Vielleicht nicht. Er war nicht mehr ganz neu, also war schon ein Wertverlust abzuziehen, als ich ihn gekauft habe. Die Nachfrage nach Subarus ist groß, und mit ein wenig Glück kriege ich mein Geld raus oder mache noch einen kleinen Gewinn. Und wenn es nicht reicht, leihe ich mir was von meiner Mutter. Wenn die Schulden erst mal zurückgezahlt sind, kommt Lister nicht mehr an mich ran.«
Du bist naiv, dachte Ellen und sah die jüngere Frau bedauernd an. Dann wurde sie gröber: »Sobald wir ihn verhaften oder ihn auch nur wegen irgendwas verhören, wird er sagen, dass er Sie in der Hand hat. Er wird sagen, dass Sie ihm für das Geld vertrauliche Informationen geliefert haben, und dann drohen Ihnen Disziplinarmaßnahmen, und Sie sind möglicherweise Ihren Job los.«
Noch während sie sprach, schweiften ihre Gedanken ab, und es rührte sie nicht sonderlich, als Pam ein zutiefst betroffenes Gesicht machte und in heiße Tränen ausbrach. Ellen dachte, dass Ian Munro sich von Lister Geld geliehen hatte, weil niemand sonst ihm etwas hatte geben wollen, dass er in Zahlungsschwierigkeiten geraten war und dann einwilligte, für Lister Marihuana anzubauen.
Aber steckte Skip auch mit in der Sache? Hatte Skip für seinen Vater spioniert, war er angestiftet worden, immer wieder bei den Destrys aufzukreuzen, um so viel wie möglich über die örtliche Polizei zu erfahren? Der Gedanke war einfach zu entsetzlich, um länger darüber nachzudenken. Larrayne wäre am Boden zerstört.
»Herrje«, murmelte sie und kehrte erst wieder in die Gegenwart zurück, als Pam Murphy fragte: »Sergeant?«
»Also, was stellen wir jetzt mit Ihnen an?«
»Ich weiß nicht, Sergeant.«
»Wie viel haben Sie Lister erzählt?«
»Nichts, was nicht schon öffentlich bekannt war«, sagte Pam leichthin.
»Hören Sie, Constable, Sie haben ihm Informationen für
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