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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Liebesszenen seien total unspektakulär, wenn man in einer Beziehung steckt, wenn man von Beziehung bei uns überhaupt sprechen kann.« Justus atmete deutlich lauter. »Charlotte! Wieso bist du eigentlich so unsicher? Ich dachte, du vertraust mir! Und wegen Ulli versteh ich dich auch nicht. Die ist wirklich nicht so.«
    »Und warum ignoriert die mich dann den gesamten Dreh über? Als ob sie mich nicht kennen würde! Erst beim Rausgehen meinte sie: ›Hotels scheinen es dir ja angetan zu haben‹, und ging kichernd mit Annabelle davon.«
    »Charlotte! Das war sicher als Witz gemeint. Ulli ist gerne mal ironisch. Dabei darfst du dir nichts denken, ehrlich! Sie hat dich vor lauter Stress sicher nicht gesehen, und erst, als alles gut verlaufen war, hat sie die Umgebung wahrgenommen. Und auch Annabelle, glaube mir, hegt keine schlechten Gefühle gegen dich. Sie fragt mich sogar super oft nach dir und möchte alles über dich wissen.«
    Aaaah! Ich wusste nicht, was ich schlimmer finden sollte, dass Justus immer noch Ulli wie Annabelle als die Unschuld vom Lande sah oder dass Annabelle ihn über mich ausfragte! – Gut, die beiden bildeten momentan sein engstes Umfeld und waren bestimmt ganz bezaubernd zu ihm. Wie sollte er auch glauben, dass sie sich stutenbissig zu mir verhielten.
    »Justus, es ist wirklich nicht meine Art, aber mich verunsichert Annabelle mit ihren Kommentaren. Kannst du nicht mal öffentlich fallen lassen, dass es jemanden gibt in deinem Leben und es nicht Annabelle ist, einfach, damit sie nicht weiterhin so ’nen Müll erzählen kann?«
    Schweigen. War das zu viel verlangt?
    »Weißt du, Charlotte, wenn ich das mache, öffne ich Tür und Tor für alle Schnüffler und Boulevardjournalisten. Die werden dann mit dem Kopf darauf hingestoßen, und das möchte ich nicht.«
    Super! Wir waren wieder an dem Punkt »geheiligtes Privatleben« angelangt. Er verstand nicht, weshalb ein Statement mir mehr Sicherheit bringen würde, und ich verstand nicht, warum er so panische Angst hatte, dass man etwas über sein Privatleben schreiben würde. Wenn er es wirklich nicht wollte, warum blieb er dann nicht Theaterschauspieler und machte Improvisationstheater in Bitterfeld? Musste ich ihm jetzt im Ernst erklären, dass, wenn man sich in die Öffentlichkeit wagte, ein Interesse an der Person nicht ausblieb? Das war wie jemand, der Bäcker geworden war und sich nun beschwerte, dass man morgens früh aufstehen musste.
    Es war sinnlos, weiterzudiskutieren. Justus konnte oder wollte mich nicht verstehen, sah oder wollte nicht sehen, dass Annabelle und Ulli Becker alles taten, um uns auseinander zu bringen.
    »Justus, ich muss weiterarbeiten. Annabelles frohe Botschaft, dass du ein Knaller bei Liebesszenen bist, muss morgen auf Sendung. Liebe Grüße an Frau Becker, sie kann beruhigt schlafen. Die Promotion des Films läuft super, die ganze Welt glaubt, Annabelle und du seid ein Paar!«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich auf. Ich war so sauer und gleichzeitig enttäuscht. Da hatte alles so traumhaft begonnen, und jetzt ließ Justus zu, dass andere es zerstörten. Warum war er so zögerlich? Wenn ich daran dachte, wie er mich in Schutz genommen hatte, als ich ihn beim Dreh besucht hatte und alle auf mich losgegangen waren. Hatten ihn die Becker und Leiniger so eingelullt, dass er es nicht mehr merkte? Hatte er Angst, ohne die Promo würde der Film floppen? War gut möglich, wenn Annabelle mitspielte, denn eine Offenbarung an Talent war sie wirklich nicht. Und die Sache mit seinem Privatleben? Es gab einen deutlichen Unterschied zwischen Promis, die jede Woche eine Homestory machten und die Journaille auch noch über den letzten Zahnarztbesuch auf dem Laufenden hielten, und Promis, die einmal ihre Freundin oder Frau zeigten, damit die Neugierde befriedigt war, und sich dann nicht mehr äußerten. Ich meine, wie stellte er sich denn unser künftiges soziales Leben vor? Würden wir uns nur bei ihm zu Hause treffen? Konnten wir nicht mehr gemeinsam weggehen, weil er auffallen würde, immer mit derselben Begleitung, anstatt wie sonst mit wechselnden namenlosen Sternchen?
    Wovor, verdammt noch mal, hatte er eine solche Angst?
    Mein Handy klingelte ohne Unterlass, Justus versuchte, mich zu erreichen. Mir war klar, dass es unfair war, sich einer Diskussion zu entziehen, aber in meiner Gemütslage hätte ich mehr zerstört als gerettet, vor allem mit einer grinsenden Annabelle-du-wirst-den-Kürzeren-ziehen-Baby-Leiniger auf allen

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