Flurfunk (German Edition)
hatte.
»Ich finde sogar, Casper hat Recht, wenn er sagt, dass er seine Eltern nicht ändern kann. So langsam sind wir in dem Alter, in dem wir sie eben so nehmen müssen, wie sie sind, und wie du weißt, ist das in meinem Fall auch nicht immer leicht, aber die Hauptsache ist, dass du mit Casper klarkommst, und den kann ich mir nun wirklich nicht im Chinchilla vorstellen! Bestimmt bist du nur ausgefreakt, weil du sowieso nicht hinwolltest, dich dort nicht willkommen fühlst und dir wieder einmal klar wurde, dass ihr eine unterschiedliche Herkunft habt. Das hat dir Angst gemacht, weil du Casper magst und fürchtest, er könnte doch wie seine Eltern denken oder ihr würdet nicht zusammenpassen. Aber wo ich dir Recht gebe, ist, dass er dafür sorgen könnte, dass seine Eltern dich akzeptieren und ihr euch besser versteht.«
Da saßen wir in vertauschten Rollen, und ich gab vernünftige, kluge Ratschläge. Fühlte sich gar nicht schlecht an.
»Meinst du, ich soll ihn anrufen, Lotti?«
»Ja, aber erst morgen Früh, wenn sich die Gemüter beruhigt haben und ihr beide ’ne Nacht drüber geschlafen habt und seht, wie lächerlich es war, wegen seiner Eltern Schluss zu machen.«
»Na gut! Kann ich heute bei dir schlafen?« Lena fühlte sich klein und wollte nicht allein sein.
»Klar. Versprich mir nur, dich nicht zu oft zu drehen, ich muss morgen zur Abwechslung ausgeschlafen sein, die Schleimiger soll mich in Bestform erleben!«
fünfundzwanzig »Lotte! Mensch, wie schön, dich zu sehen! Du siehst ja fantastisch aus!« Eine gut gelaunte Imka stürmte mir im Vivaldi entgegen.
»Danke! Hab heute Morgen auch alles gegeben! Aber gegen dich wirke ich wohl eher blass … Du musst megaerholt sein!«
Imka sah tatsächlich wie das blühende Leben aus und strahlte wie nie zuvor. Was eine Auszeit doch bewirken konnte!
Sie nahm mich beiseite und flüsterte: »Du, mir geht’s auch super. Zuerst war ich auf Korsika auf ’ner Wellnessfarm und hab mich nur verwöhnen lassen, meditiert, Yoga gemacht und viel nachgedacht – und dann habe ich mich verliebt!«
»Nein! In wen?«
»In einen Orthopäden, der neben mir im Flugzeug saß. Hat nichts mit der Branche am Hut und tut mir so gut! Aber dich hat’s ja auch erwischt, hat Felix läuten lassen. Mensch, Lotte! Justus Staufen! Du Glückspilz!«
»Ja, das stimmt, wenn man von den Nebenerscheinungen wie einer Annabelle Leiniger und Ulli Becker mal absieht!«
»Ach, die dummen Kühe! Mit denen kannst du es doch locker aufnehmen.«
Ich war froh, dass es Imka so gut ging. »Danke, Imka, dass du gekommen bist!«
Sie machte eine abwehrende Handbewegung.
»Dafür nicht! Außerdem, falls du es nicht wusstest, mit Annabelle Leiniger habe ich selbst noch eine Rechnung offen, und die Becker konnte ich noch nie leiden, arrogante Zicke!«
Felix kam auf uns zu.
»So, die Damen. Haben wir uns auf den neuesten Stand gebracht? Dann wollen wir mal.«
Wir fuhren nach oben und traten in die Suite ein. Ausgeleuchtet und mit aufgestellten Kameras war alles bereit, nur weder von Annabelle noch Ulli Becker eine Spur.
»Alles Show!«, raunte Imka und sah genervt auf ihre Uhr. Wir warteten und warteten, erst zehn Minuten, dann zwanzig Minuten. Felix hatte genug.
»Okay Leute, wenn Frau Leiniger in spätestens fünf Minuten ihren Hintern nicht hierher schwingt, gehen wir. Auf unprofessionelle Möchtegern-Starletts hat die Welt gewartet!«
Sollte mir recht sein, ich war sowieso nicht scharf auf eine weitere Begegnung.
Genau in diesem Moment liefen die Grazien ein. War klar, warum sollten sie sich einmal so verhalten, wie ich es gern hätte!
»So, jetzt aber mal zackig, die Damen, wenn ich bitten darf. Wir warten schon geraume Zeit!« Felix hasste es, Opfer irgendwelcher Spielchen zu sein.
»Verzeihung. Annabelle geht es nicht besonders. Wir mussten zur Apotheke, damit sie das Interview machen kann!«
Was hatten sie denn in der Apotheke besorgt? Eine Portion Anstand? Hätten sie mir nicht wenigstens eine Runde Valium mitbringen können? Annabelle lächelte deutlich gesund in die Runde. Typisch Becker. Eine Ausrede, gegen die keiner von uns was sagen kann, bei der man sogar noch dankbar sein muss, dass sie sich herquält.
Sowohl Annabelle als auch die Becker ignorierten mich und taten so, als ob wir uns noch nie gesehen hätten, was sehr angenehm war.
Imka setzte sich Annabelle gegenüber, die ihre Beine im Sessel unters Kinn gezogen hatte, ihren Kopf schräg auf die Knie gelegt, und von unten
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