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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Duschvorhangvertreter, die genau dreimal im Jahr flogen, große Welt spielten, aber ständig von »mein Flieger« sprachen und sich über Verspätungen aufregten, als ob ihnen damit der Deal des Jahrhunderts durch die Lappen ging, in Wahrheit aber nur das Abendessen daheim kalt wurde.
    Kaum waren wir durch den Sicherheits-Check, wurde Lena wieder hysterisch. »Hast du gesehen, wie die kontrolliert haben? Da können sie auch gleich jedem ein Messer zum Handgepäck reichen! Der Typ, der den Monitor kontrollieren sollte, hat die ganze Zeit mit seiner Kollegin geflirtet, und abgetastet wird niemand! Ein Terroristenparadies ist das hier!«
    Das konnte ja heiter werden. Plötzlich erschien mir die Zugfahrt in einem rosigeren Licht als je zuvor.
    Ich beruhigte Lena und erfand irgendeinen Blödsinn, dass die Beamten am Check-in sowieso nur Attrappenfunktion und hinter verspiegelten Wänden Spezialeinheiten alles im Griff hätten.
    Ich schleppte die beruhigte Lena zum nächsten Stehcafé, bestellte Rotwein und begann sie abzufüllen – der Besuch im Dutyfreeshop würde heute ausfallen.
    Nach zwei Gläsern war Lena deutlich ruhiger. Ich versuchte ihr außerdem einzureden, dass man sich seiner Angst stellen müsse und sie sich stolz und gut fühlen würde, wenn sie es schaffte.
    Endlich wurde unser Gate aufgerufen. Na endlich! Wer wusste schon, wie lange der Alkohol-Baldrian-Pegel stabil blieb. Artig tappte Lena mit mir mit und setzte sich auf einen der Plastikstühle.
    Plötzlich wurde sie kreidebleich. Sie hatte durch die Glasfenster unsere Maschine entdeckt, ein zugegebenermaßen kleiner Cityliner.
    Lena schüttelte den Kopf. »Da steig ich nicht ein! Das kannste vergessen!«
    »Lena, das ist halb so wild. Die kleinen sind viel sicherer.«
    »Gib mir mal dein Handy, bitte, ich will Casper anrufen!«
    Auweia, wenn sie freiwillig, trotz der Strahlung ein Handy benutzte, musste es wirklich schlimm sein. Lena hatte nichts mehr zu verlieren!
    »Warum willst du denn Casper anrufen?«
    »Mich verabschieden!«
    Wortlos nahm sie das Telefon, ging hinter einen Pfeiler und kam kurze Zeit später wieder.
    »Und was sagt Casper?«
    »Dass er uns vom Flughafen abholt. Er hat mich überhaupt nicht ernst genommen und stattdessen was von sicherstem Verkehrsmittel gleich nach der Rolltreppe gefaselt!«
    Casper war Klasse! Er hatte es geschafft, Lena abzulenken. Jetzt konnte sie sich wenigstens über seine Reaktion aufregen – dachte ich zumindest. Aber hey, wer kann sich schon in die adrenalinverseuchte Psyche eines ansonsten durch und durch realistisch denkenden Menschen hineinversetzen? Ich nicht! Das stand fest! Sonst hätte mir auffallen müssen, wie beinahe schon unverschämt Lena einen dunkelhäutigen Passagier mit dunkel gewelltem Haar und schwarzem Bart musterte.
    Sie stieß mich in die Seite.
    »Lotte, sieh doch mal, der Typ da! Findest du nicht, dass der sich sehr merkwürdig verhält? Und wie seine Finger zittern! Wenn das mal kein Terrorist ist, der sich auf seinen Tod vorbereitet!«
    »Terroristen haben keine Angst vorm Sterben. Auf die wartet das Paradies.«
    Lena ließ sich nicht beirren.
    »Von wegen! Sieh nur, er geht schon wieder aufs Klo! Zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten! Schaut bestimmt nach, ob der Sprengstoffgürtel noch richtig sitzt! Mir reicht’s! Du kannst ja rumsitzen, aber ich seh mir noch mal das Plakat mit den Fahndungsfotos an, das da hinten hing. Würde mich nicht wundern, wenn unser Freund abgebildet ist.«
    Okay. Es war offiziell: Lena war durchgedreht! Gleich würde sie sich nackt ausziehen, durch die Halle rennen und »Ich bin die Eidechsenkönigin« rufen.
    Ausgerechnet sie, Ikone der Toleranz, aktives Mitglied bei amnesty international und Gegnerin jeder Vorverurteilung, drehte anhand eines dunkelhäutigen Mannes mit Bart durch! Wenn das ihre Mitdemonstranten wüssten! Pfui! Da würde eine Menschenkette zur Wiedergutmachung aber nicht für ausreichen! Wenn meine Eltern und ihre Haben-Sie-auch-ein-Nummernkonto-in-Luxemburg-Freunde so etwas äußerten, wen wunderte das schon? Aber Lena?
    Agentin Lena kam wieder, um mir von ihrem Fahndungserfolg zu berichten. Hatte sie bereits Interpol verständigt?
    »Und? War er auf dem Plakat?«
    »Schwer zu sagen! Sehen alle gleich aus!«
    Sie nahm einen Schluck Wasser und schluckte noch eine Baldriantablette.
    »Lena, die wievielte ist das denn?«
    »Die achte! Aber das Zeug kommt die ganze Zeit wieder raus. Ich muss ständig nachdosieren!«
    Kein Wunder!

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