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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Redefluss zu stoppen. »Super! Sehr hilfreich. Also ich finde die Idee auch sehr niedlich, aber letztlich ist das doch alles Kosmetik, was er da betreibt. Anstatt sich zu Lotte zu bekennen und nicht mit Klein-Annabelle zu poppen, macht er nichts außer geheimnisvollen Andeutungen und großen Gesten. Das könnte er sich alles sparen und stattdessen lieber mit offenen Karten spielen. Ich finde, er lebt seine Beziehung oder das, was er dafür hält, wie einen seiner Filme aus. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, er hat ein Drehbuch und testet es an Lotte aus. Ich meine, ihr habt die ganze Zeit nur so überdrehte Sachen unternommen. Auf eine einsame Insel fliegen, zu Premieren gehen, auf dem Filmset treffen, im Hotelzimmer … Da fehlt einfach die Normalität. Das mag alles unglaublich atemberaubend sein, gleichzeitig aber künstlich und aufgesetzt, oder was meinst du, Lotte?«
    Tja, was meinte ich eigentlich? Leider spürte ich den Schmerz sehr real. Auch die Sehnsucht, alles ungeschehen zu machen, fühlte sich nicht künstlich an, aber an sich war an Lenas Beobachtungen was dran.
    »Großes Kino« nannte man das wohl, was Justus veranstaltete. Auch jetzt wieder, nach Paris nachfliegen, einen Film machen. Da fragte man sich schon, litt er tatsächlich, oder gefiel er sich nur in der Rolle des jungen leidenden Werther?
    Ha, überhaupt Werther! Welch Zufall, dessen Angebetete hieß doch auch Lotte!
    Super, hieß das, dass er sich gerade in einer kleinen dunklen Seitenstraße illegal eine Knarre besorgte?
    »Lena, komm, wir müssen langsam packen«, bog ich eine weitere Diskussion ab.
    Meine Gefühle zu Justus würden sich durch Diskussionen auch nicht klären. Das Einzige, was half, waren Abstand und vor allem Ablenkung.
    Auf mein Drängen hin ließen wir uns viel früher als nötig zum Flughafen fahren. Wenn meine Flucht schon popelig begonnen hatte, dann sollte sie wenigstens einen glamourösen Ausgang haben. Es gab nichts, was einen besser zerstreute, als auf dem Flughafen in der Lounge abzuhängen, den Lautsprecheransagen in allen Sprachen zuzuhören und zu raten, wer wohl wohin flog.
    Naturgemäß konnte Lena meiner Begeisterung wenig abgewinnen. Sie warf sich eine Baldriantablette nach der anderen ein und murmelte etwas wie »Und das ist der Dank, dass ich helfen wollte«.
    So gut es ging, versuchte ich sie auf heitere Gedanken zu bringen und ihren Kommentar »Wir werden alle sterben« geflissentlich zu übergehen. »Juhu, gleich können wir dutyfreeshoppen gehen!«, rief ich, um die Stimmung zu heben.
    Lenas verächtlicher Blick machte mir schnell wieder klar, dass ich diejenige war, die den Kaufrausch liebte.
    Wir stellten uns an zum Check-in.
    »Wo möchten Sie sitzen?«
    Die gepflegte Dame in ihrer schicken Uniform lächelte zuvorkommend. So stellte ich mir Reisen vor!
    »Wenn möglich, weit vorne«, bat ich. Vorn schaukelte es weniger, was für Lena auf alle Fälle besser war.
    »Haben Sie Ihre Koffer selbst gepackt? Besteht die Möglichkeit, dass irgendjemand Ihr Gepäck manipuliert hat?«
    »Nein!« Ich lächelte die nette Dame an.
    »Lotte!« Lena zog mich zur Seite.
    »Was ist denn?« Hinter uns fing die entnervt wartende Schlange an, sich lautstark zu beschweren.
    »Vorher, als du auf dem Klo warst und ich mit dem Gepäck gewartet habe, bin ich kurz eingenickt.«
    »Ja und? Meinst du, in der Zwischenzeit hat dir jemand eine Bombe ins Gepäck gemogelt oder was?«
    Bei Bombe zuckte sie zusammen und nicht nur sie.
    Die freundliche Dame am Schalter rief uns.
    »Meine Damen! Gibt es Probleme, oder können wir weitermachen?«
    »Nein, meine Freundin fliegt nur sehr selten und ist mit dem Prozedere nicht vertraut«, erklärte ich und lächelte so Vertrauen erweckend es nur ging. Das fehlte noch, mit einer zugedröhnten Lena am Pariser Flughafen festgehalten zu werden.
    Wir gingen weiter zum Sicherheits-Check, das heißt, ich ging und schleifte Lena mit, die lauthals protestierte.
    »Ich hab immer noch das Zugticket. Warum fliegst du nicht alleine, dann nehme ich den Zug!«
    Sie hatte es getan: die heiligen Hallen des Terminals durch das Z-Wort entweiht!
    Bei der Sorte Vielflieger, die um uns herumstand, gab es kein verpönteres Wort. In Wirklichkeit leiteten diese Anzugträger, die immer superwichtig in der ersten Reihe sitzen wollten und mit einer Klage drohten, wenn die Financial Times nicht druckfrisch bereitlag, weder Konzerne noch irgendwelche Wirtschaftsministerien. Tatsächlich waren sie

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