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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Paris?«
    »Alles in Ordnung. Sag, hast du Justus verraten, dass ich bei Caroline bin? Er kreuzte nämlich plötzlich heute Morgen in Paris auf!«
    Meine Mutter schnaubte empört.
    » Carlotta! Als ob ich nach dieser furchtbaren Demütigung mit ihm gesprochen hätte! Da müsstest du deine Mutter aber besser kennen! Wenn du fragen würdest, ob ich einen Killer für diese unsägliche Annabelle angeheuert habe, würde ich mich nicht so sehr ärgern wie über diese Frage! Ich lag die letzten Tage regungslos auf dem Canapé, so geschockt war ich. Marlene musste mich ständig ablenken. Sie war rührend! Einfach rührend. Hat alles für mich erledigt, ging sogar ans Telefon für mich und hat mich vor lästigen Nachfragen aus dem Bridgeclub bewahrt!«
    Marlene! Natürlich! Sie musste Justus gesagt haben, wo ich bin!
    »Mama, frag bitte Marlene, ob sie mit Justus gesprochen hat!«
    Eigentlich war ich mir auch so schon sicher!

dreißig »Lotte, hast du die Sitzordnung für die Preisverleihung gesehen?«
    Der Alltag hatte mich wieder. Wenn man denn von Alltag sprechen konnte. Liebeskummer war so schon schlimm genug. Allerdings hatte ich unterschätzt, wie schlimm Liebeskummer sein kann, wenn das Objekt des Schmerzes prominent ist und einem, wann immer man den Fernseher anmachte, an einer Litfasssäule vorbeifuhr oder eine Zeitung aufschlug, entgegenblickte. Da half nur noch auswandern! So gut es ging, versuchte ich alle möglichen Gefahrenquellen zu umgehen, was zur Folge hatte, dass ich nur noch Geo las, nachdem ich selbst im Spiegel ein Porträt über Justus gefunden hatte.
    Was Boulevardzeitschriften anging, hatte ich einen zugegebenermaßen nicht wirklich befriedigenden Ersatz gefunden. Royals hieß die Zeitschrift und beschäftigte sich ausschließlich, und dafür war ich ihnen unendlich dankbar, mit dem europäischen Hochadel. Da weder Justus noch Annabelle Leiniger adelig waren und bestimmt nicht in die Kreise einheiraten würden, war ich in der blaublütigen Ecke sicher vor ihnen. So kannte ich inzwischen jeden Stammbaum auswendig, wusste, wer sich im heiratsfähigen Alter befand, und war geradezu beängstigend gut über die Beziehungen der Königshäuser untereinander informiert. Kurzum: Ich hätte es locker mit Rolf Seelmann-Eggebrecht aufnehmen können und sah mich schon die künftigen Paraden von Queen Lizzy, wie wir Insider Queen Elizabeth nannten, mit dem Adelsexperten co-moderieren.
    Gut, mein Ruf hatte gelitten! Zumindest bei unserem Kioskmann, der erst Lena auf meine neuen Lesegewohnheiten angesprochen und dann mich unverblümt beiseite gezogen hatte, um mir zu sagen, dass diese Zeitschriften eine Zielgruppe ab zweiundfünfzig bedienten.
    Was tat man nicht alles, um Realitätsflucht zu begehen!
    Mir war klar, dass ich nur schwer zu ertragen war. Anfangs dachte ich, das gibt sich wieder, aber inzwischen waren sechs Wochen vergangen. Mein Interesse an der Außenwelt hielt sich in Grenzen, meine zynischen Kommentare dagegen nicht. Ich verbreitete so viel Lebenslust und Optimismus wie Nick Cave an schlechten Tagen.
    Justus’ Nachrichten hatte ich ungehört von der Mailbox gelöscht, niemand durfte ihn in meiner Gegenwart erwähnen. So langsam bekam ich Distanz, was hieß, seit langem wieder durchgeschlafen zu haben und nicht bei jedem Anruf zusammenzuzucken.
    Meine Tage sahen alle gleich aus. Morgens kam ich kaum aus dem Bett, im Sender war ich abgelenkt und arbeitete viel zu viel, sodass ich abends erst spät nach Hause kam. Dort begann mein abendliches Ich-lasse-mich-gehen-denn-seit-Justus-ist-alles-grau-Ritual, das darin bestand, mich in Joggingklamotten zu werfen, melancholische Musik zu hören und vor mich hin zu starren. Fernsehen gucken war wie gesagt schwierig, da man nie wusste, wo Justus unerwartet über die Mattscheibe flimmerte, sodass ich gern mal eine dvd einlegte.
    Die gewonnene Distanz war harte Arbeit gewesen, vor allem nach dem Sachen-Rückgabe-Vorfall.
    Natürlich hatte ich heimlich immer noch Hoffnung geschöpft, vor allem nach Justus’ Auftritt in Paris und seiner dringenden Bitte, mich zu sprechen.
    Dementsprechend hatte ich zugesagt, als Justus mich nach Paris zu sich nach Hause eingeladen hatte.
    »Soll ich ihm gleich verzeihen oder ihn noch etwas zappeln lassen?«
    Wie sicher war ich mir meiner Sache gewesen?
    Gestylt und voller Vorfreude hatte ich bei ihm geklingelt. Es rührte sich zuerst nichts. Als ich gerade wieder gehen wollte, surrte der Türöffner doch noch.
    Während ich die

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