Flurfunk (German Edition)
Interview zu gefährden, und immer wieder von den beiden angegangen worden war. Ich ließ nicht aus, dass ich selbst nicht immer eine glanzvolle Figur dabei abgegeben hatte und mich vor allem gestern nicht beherrschen konnte unter dem Druck und der Doppelbelastung durch Iris’ Ausfall.
»Was hast du denn genau gesagt, als Ulli Becker sagte, sie habe darum gebeten, dich nicht als Eskorte zu haben, und Annabelle sagte, du seist eine Klette, die einen verfolgt?«
Ich räusperte mich.
»Na ja, ich sagte so ungefähr: »Tut mir Leid, Ulli. Ich kann mir auch Schöneres vorstellen, aber wie es das Schicksal will, ist eure Eskorte in weiser Voraussicht umgekippt …«
Ralph sah mich an, und plötzlich fing er schallend an zu lachen.
»Schlagfertig bist du ja. Das können wir hier gebrauchen. Na ja, also ich habe natürlich schon mit Felix und Imka gesprochen. Vor allem Imka meinte, die beiden seien beim letzten Interview dir gegenüber so dreist gewesen, dass sie sich schon überlegt hatte, was zu sagen, du es aber nicht wolltest. Löblich finde ich auch, dass du das Interview an Imka abgegeben und mit Felix als Producer das Problem offensiv angesprochen hast. Das war professionell und gut für den Sender, und darum geht es letztlich ja. Was natürlich nicht geht, ist, dass du deinen Privatkrieg mit Ulli Becker und Annabelle Leiniger im Rahmen deiner Arbeit austrägst. Ich verlange nicht, dass du dich von den beiden schikanieren lässt, aber bitte sprich in so einem Fall mit Felix und tausche notfalls.«
»Hätte ich Iris nicht vertreten müssen, wäre ich den beiden auch gar nicht begegnet.«
»Habe ich auch schon gehört. Hut ab übrigens! Fürs erste Mal gleich ’ne doppelte Schicht mit Beziehungsdrama am Rande ist sicher nicht leicht. Haste gut gemacht. Übrigens, Ulli Becker rief mich nicht zum ersten Mal an. Es ist bekannt, dass ihr öfter mal jemand, vor allem weibliche Mitarbeiterinnen, nicht passen. Also mach dir keine Sorgen. Ich muss dem natürlich nachgehen, aber jetzt weiß ich ja, was da gelaufen ist.«
Erleichtert seufzte ich auf. Das hätte noch gefehlt! Dass Ulli Becker mir meine Zukunft bei TV -plus gefährdete, wo es mir hier so gut gefiel.
»Ach übrigens, bei Felix wird ja bald ein Volontariat frei, er und Imka würden dich sehr gerne behalten. Er wollte dich eigentlich selbst fragen, aber nachdem ich dir so einen Schrecken einjagen musste, ist es, glaube ich, legitim, wenn ich dich frage. Hast du Lust, bei Felix ein Volontariat zu absolvieren?«
»Und wie!«, juchzte ich glücklich.
Ralph lachte.
»Da freut sich aber jemand. So soll es sein.«
Überglücklich rannte ich hinaus und flog direkt Felix um den Hals.
»Du bist der tollste Chef überhaupt. Und Imka die beste Moderatorin!«
Felix knurrte. »Super, Ralph hat dir das mit dem Volontariat schon gesagt, dabei wollte ich das machen.«
»Dann sag’s mir noch mal! Ich höre es gerne ein zweites Mal.«
Die Welt war schön, das Leben gerecht. Das Universum tipptopp in Form und wusste genau, was zu tun war. Womit hatte ich so viel Glück verdient? Wohl alles richtig gemacht im letzten Leben, anders ließ sich dieser karmische Super- GAU nicht erklären.
In diesem Moment bog Tim, nicht minder gut gelaunt, pfeifend um die Ecke.
Was war denn in ihn gefahren?
»Hast du deinen Liebeskummer überwunden?«
»Tja Lotte, gestern war nicht nur ein guter Abend für dich. Auch mir scheint zur Abwechslung mal die Sonne aus dem Hintern!«
»Das klingt spannend! Was ist passiert?«
Tim machte eine abwehrende Bewegung.
»Wie hieß der Spruch noch? Ein Gentleman genießt und schweigt , oder so? Nur über meine Leiche! Das Ganze ist zu prekär.«
»Wieso, welcher Star hat dich beglückt?«
Aber aus Tim war nichts herauszubekommen.
Wir gingen an die Arbeit, denn auch am Tag danach war einiges zu tun. Nachberichterstattung, Making-ofs, die sämtliche Gewinner noch mal gesondert in einen Bericht packen etc.
Ich ging wie jeden Morgen diverse Zeitungen durch. Die TV -plus -Preisverleihung war großer Aufmacher, glanzvolle Fotos schmückten die Titelseiten. Durch und durch positive Kritiken waren zu lesen: »Unterhaltung pur«, »ein gelungener Event«, »großes Staraufgebot« – wir konnten wirklich zufrieden sein.
Zufrieden war auch meine Mutter. Sie hatte die Verleihung im Fernsehen gesehen und Justus’ Dankesrede miterlebt. Noch in der gleichen Minute hatte sie meine Mailbox mit Nachrichten malträtiert. Zum Glück hatte ich es erst am
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