Flurfunk (German Edition)
trennen soll. Bin eben tausend Tode gestorben, als du nicht aufgetaucht bist, Lotte!«
»Und ich bin eben vor Scham in den Boden gesunken, als du über Funk alle über mich und Justus aufgeklärt hast.«
Felix’ Ader auf der Stirn schwoll merklich an.
»Lotte, in dieser Situation nehme ich keine Rücksicht auf Eitelkeiten. Deine Romanze ist so was von sekundär im Moment. Wir haben eine verdammte Liveshow auf die Bühne zu bringen, also führe die beiden zurück, und dann mach mit Iris’ Plan weiter. Ihr geht’s immer noch nicht gut.« Felix hielt mir einen Zettel hin.
Ich nahm das Blatt und kurz darauf Justus und Annabelle erneut in Empfang.
Gerade noch waren sie zuckersüß zueinander auf der Bühne gewesen, jetzt stiegen sie getrennt die Treppen hinunter und würdigten sich keines Blickes. Irgendwie hatte ich ein Talent, mich in total gemütliche, spannungsfreie Situationen hineinzukatapultieren …
Justus nahm völlig unerwartet meine Hand, was bei mir ungewollt Gänsehaut auslöste. »Charlotte, hier können wir nicht sprechen. Es gibt so vieles, was wir klären müssen, und ich fliege nach der Show gleich weiter. Würdest du dich Samstag mit mir treffen? Kommst du bei mir vorbei?«
Die Vorstellung, ihn zu einem klärenden Gespräch in seiner Wohnung zu treffen, in der er sich mit Annabelle vergnügt hatte, war nicht gerade einladend.
»Können wir uns nicht auf neutralem Boden treffen?«
»Wie du willst. Schlag was vor.«
»Kennst du den Dorotheenstädtischen Friedhof? Da kann man gut spazieren, und da sind nur selten Leute.«
»Ja, kenne ich. Hoffentlich ist das kein Zeichen, dass du dich auf ’nem Friedhof treffen willst?«
Ich musste lachen. »Wer weiß? Also sagen wir Samstag um vier.«
Justus nickte, und mir war, als ob mein Herz gleich platzte! Ohne es zu bemerken, strahlte ich über das ganze Gesicht. Als ich die Garderobentür öffnete und Annabelle hineinging, sah sie mich an, nicht ohne »Pass auf, dass dir vor lauter Grinsen die Kronen nicht gleich rausfallen!« herauszupressen.
Zum ersten Mal sah ich Annabelle nicht mehr als die Filmstarversuchung schlechthin, sondern als das, was sie war, ein unzufriedenes, unsicheres Mädchen, das unbedingt Anerkennung wollte und nicht wusste, wer es eigentlich war.
Unglaublich – ich stand wahrhaftig über den Dingen und antwortete nicht einmal!
Schnell schaute ich auf meinen Plan. Es galt, einen Sportler sicher zur Bühne zu geleiten.
Gerade als ich auf dem Weg war, rief mich Felix über Funk.
»Felix an Lotte. Pass auf, Justus bekommt den Nachwuchsschauspieler-Preis verliehen. Das ist ja immer ein Überraschungspreis, wo es keine Nominierungen zu gibt. Er muss aber dazu im Publikum sitzen, denn die Kamera kreist den Schauspieler ein, während der Laudator immer mehr Details preisgibt. Sobald du den Sportsmann zur Bühne gebracht hast, holst du Justus samt Managerin und bringst sie zum Zuschauerraum. Im mittleren Block, fünfte Reihe sind zwei Plätze für ihn reserviert. Da sitzen zwei Platzhalter drauf. Den Sportler musst du nicht mehr abholen, das wird zu knapp. Das übernimmt Louis. Du übernimmst dann wieder ab Gustav von Sengeland.«
»Okay Felix. Du, Justus hat übrigens einen Manager seit neuestem. Ein sehr vernünftiger Mann, wie mir scheint.«
»Schön, dann bring eben den Manager mit. Von mir aus kann auch seine Oma dasitzen, Hauptsache, die beiden Plätze werden belegt. Um 55 gehen wir in die Werbung, dann gehst du mit den beiden los und bringst sie zu den Plätzen.«
Wie Felix trotz des ganzen Chaos den Überblick behielt, war mir ein Rätsel. Auf der anderen Seite machte er die Show bereits seit Jahren, da war man sicher routinierter.
Ich raste schnell wieder zu Justus’ Garderobe.
»Justus. Ich muss dich und deinen Manager in den Zuschauerraum bringen. Jetzt gleich!«
Die beiden sahen sich überrascht, aber erfreut an. Jeder wusste, was das bedeutete.
»Deshalb sollten wir warten. Von wegen, sie brauchen ein Pressefoto!« Kurt Saner war hocherfreut.
Annabelle dagegen lief rot an.
»War ja wieder klar, dass er den Preis bekommt. Männer werden ja immer bevorzugt! Da kann man als Frau so gut sein, wie man will!«
Mein früheres Ich hätte gesagt: »Vielleicht solltest du mal damit anfangen, Frau zu sein und die Kleinmädchen-Masche sein zu lassen«, aber mein neues Ich lächelte nur, es war zwecklos zu erwidern, dass, auch wenn sie Erspare dir die Liebe gut gespielt hatte, sie leider Welten von Justus
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