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Flurfunk (German Edition)

Flurfunk (German Edition)

Titel: Flurfunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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was!«
    Will Taite war bereits seit einigen Tagen in Deutschland und beherrschte die Medien. Er gehörte zu den wenigen Ausnahmen, die von Mädels sexy gefunden, von Jungs respektiert und von Älteren geduldet wurden.
    Als sich im Sender herumsprach, dass er vorbeikommen würde, um ein Interview aufzuzeichnen, war die Hysterie nicht zu bremsen. Die komplette weibliche Belegschaft, die an Promis eigentlich gewöhnt war und Stars, die im Haus ein und aus gingen, normalerweise mit einem gesunden professionellen Desinteresse begegnete, tickte aus. Jeder rief Freunde an, um zu berichten, und überlegte ernsthaft, eine Kamera mitzubringen, um ein gemeinsames Foto mit dem Star machen zu können, was natürlich strikt verboten war, genauso wie nach Autogrammen zu fragen.
    Selbst Mimi musste mal wieder lachen, als sie gebeten wurde, als Leiterin des spontan und spaßeshalber gegründeten internen »Will-Taite-Fanclubs« zu fungieren, da sie immerhin schon einmal mit dem Guru auf Tour gewesen und somit Insider war, was sich dank Tim in Windeseile herumgesprochen hatte.
    »Ich weiß nicht, was die da von mir erwarten. Vielleicht dass ich aus dem Nähkästchen plaudere, ob er sich beim Pinkeln hinsetzt oder eine Erdnussallergie hat?«, scherzte sie, und für einen kurzen Moment war ihr ernster Gesichtsausdruck der letzten Tage verschwunden.
    Während ich meine Sorgen um Mimi, weil sie nicht besonders froh wirkte, allmählich wieder abschüttelte, wunderte ich mich immer mehr über Tim, der plötzlich die ganze Zeit verträumt vor sich hinlächelte. Doch aus ihm war ebenso wenig herauszubekommen wie aus Mimi.
    Unglaublich, wenn man bedachte, dass beide in einer der kommunikativsten Branchen arbeiteten und sonst nur allzu gern den Flurfunk bedienten. In privaten Angelegenheiten hielten sie dicht. Na gut! Ich würde niemanden zwingen, sich zu offenbaren, außerdem war ich mit Justus und mir genug beschäftigt. Er hatte heute Morgen schon um sechs Uhr zum Dreh gemusst, mich kurz geküsst, »ich ruf dich an« geflüstert und mich weiterschlafen lassen. Wann wir uns wiedersehen würden, hatte er nicht gesagt.
    Mich machte das kirre. Natürlich war ich gern spontan und für jeden Spaß zu haben, aber noch lieber war mir, im Voraus zu wissen, was mich erwartete. Diesen Zustand, in der Luft zu hängen, fand ich unerträglich. Trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, ihn selbst zu fragen, wann wir uns wiedersehen würden, denn erstens wollte ich nicht als Klette gelten, und zweitens hatten die jahrelangen Schulungen meiner Mutter wohl doch ihre Spuren hinterlassen, sprich, ich war einfach zu stolz – was fürchterlich dumm war, denn nun musste ich das ungewisse Warten aushalten. Das Beste war wohl, sich abzulenken, einfach schon mal einen Plan fürs Wochenende machen, ohne auf Justus zu bauen. Da ich an diesem Wochenende auf jeden Fall frei haben würde, könnte ich mal wieder aufs Land fahren, Golf spielen, auf dem Flügel klimpern oder einfach mit Freunden um die Häuser ziehen! Meine Wochenenden ohne Justus waren vorher auch schön gewesen, ich brauchte ihn dafür nicht, ich nicht!

achtzehn »Wie lange dauert es denn noch, Lotte?«, rief Lena ungeduldig durch die Badezimmertür.
    Es war Freitagabend, von Justus keine Spur, kein Anruf, keine sms, und Lena und ich hatten beschlossen, mal wieder allein auszugehen. Nur wir beide. Wir wollten ins Plüsch , ein Kino, das Filme im Original mit Untertiteln zeigte. Und wir würden Spaß haben! Unbeschreiblich viel Spaß, ohne Justus und Casper geradezu beängstigenden Spaß, denn sisters are doing it for themselves ! Der kürzeste Rock war gut genug, meine schwarzen Stiefel gerade hoch und eng genug, und was Lena als »Pretty Woman’s Schrei nach Aufmerksamkeit« betitelte, war meine Art zu sagen: Ich bin jung, hinreißend, nicht auf Justus Staufen fixiert und werde heute keinen Gedanken daran verschwenden, wo und mit wem er sich wohl amüsiert.
    Natürlich könnte ich ihn anrufen, aber wer hatte gesagt: »Ich ruf dich an!« – Eben! Eher lief ich in Versace herum, als ihn anzurufen!
    Sollte er sich doch von Annabelle anhimmeln lassen und auf Ulli Beckers Ratschläge hören! Das war mir so was von egal! Oder zumindest würde es mir nach dem dritten Mojito egal sein!
    Ich würde nicht wie dieses Soapsternchen zum obsessiven Freak mutieren! Nein, ich würde heute mit meiner besten Freundin Lena meine Unabhängigkeit zelebrieren! Und zwar mit einem gehörigen Spritzer Anna-Sui-Parfum!

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