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Flußfahrt

Flußfahrt

Titel: Flußfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Dickey
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Jungen ununterbrochen nach Mitteln und Wegen suchen, Männer zu werden. Einige dieser Mittel und Wege sind leicht; man braucht sich nur damit zu begnügen, daß es geschieht.
    Lewis ging vor mir her und sprang über den Bach. Er kletterte die Böschung hinauf und stand dann einen Augenblick da, der größte Mann in den Wäldern; die Hände auf die Hüften gestemmt, blickte er zur anderen Seite hinab. Ich kletterte ebenfalls hinauf, ich wollte sehen, was er sah.
    Als ich oben war und zum erstenmal seit Jahren Schmutz auf meinen Händen spürte, rutschte Lewis auf der anderen Seite hinunter. Von oben sah man weiter nichts als Gebüsch und Wald und Lewis, der in seinem Tarnanzug und seinem australischen Buschhut zwischen den Bäumen entlangging. Mit zwei oder drei weichen, federnden Sprüngen, bei denen meine Tennisschuhe in den moderigen Waldboden einsanken, war ich unten am Fluß.
    Bäume mit schmalen Blättern, wie Weiden – vielleicht waren es wirklich Weiden –, standen hier dicht an dicht; das Wasser war undurchsichtig, aber es bewegte sich, stand nicht still. Und dann fiel mir das starke Rauschen auf, fast unmerklich waren wir da hineingeraten, und jetzt schien es uns von allen Seiten zu umgeben.
    Lewis hüpfte im Zickzack über das vom Wasser überspülte Geröll, und ich folgte ihm und hielt mich, wenn möglich, am Gezweig fest. Lewis blieb stehen, und ich holte ihn ein. Er schob einen Arm voll spitzer Blätter beiseite. Ich beugte mich nach vorn und warf einen Blick durch oder vielmehr in das gezackte, zitternde Blattfenster, das er geöffnet hatte.
    Vor uns breitete sich der Fluß aus. Er war graugrün, sehr klar und doch irgendwie milchig; man konnte sich vorstellen, wie er an felsigen Stellen weißer aufschäumen würde als anderes Wasser. Er war knapp vierzig Meter breit, flach und ungefähr siebzig Zentimeter bis einen Meter tief. Das Bett war voll von glatten braunen Kieselsteinen.
    Von dort aus, wo wir standen und auch wegen der Weiden konnten wir nicht sehr weit flußaufwärts oder -abwärts sehen; sondern nur den Teil beobachten, der sich zwischen den von Lewis auseinandergehaltenen Zweigen unseren Blicken darbot; kein Zweig, nicht einmal ein Blatt schwamm auf ihm; Lewis ließ die Zweige los; der grüne Vorhang schloß sich vor dem Fluß.
    »Da ist er«, sagte Lewis und sah immer noch nach vorn.
    »Hübsch«, sagte ich. »Wirklich hübsch.«
    Wir brauchten ziemlich lange, bis wir die Kanus über den Bach und über die Böschung hinuntergebracht hatten. Lew und Bobby zogen sie am Bug den Hang hoch, an den Bugtauen zerrend, und Drew und ich schoben von hinten. Schließlich rutschten wir mit ihnen zwischen den Weiden hindurch.
    Zuerst brachten wir das Holzboot aufs Wasser. Lewis stieg in den Fluß, stand bis zu den Knien im Ufermorast und überwachte das Verladen. Beide Kanus hatten Kielplanken, aber sie wurden nur durch ihre eigene Schwere und die Sitze gehalten. Zuerst verstauten wir die wasserempfindlichen Sachen und legten dann die wasserdichten Zeltplanen darüber, die wir an den Bodenleisten befestigten. Drew ließ sich ins Wasser gleiten, und ich tat es schließlich auch. Dann ging Lewis fort.
    »Was ist mit deiner Gitarre?« schrie Bobby von der Böschung herunter.
    »Bring sie her«, sagte Drew. Dann zu mir: »Es macht mir nichts aus, wenn ich das alte Ding auf dem Fluß verliere, aber ich will verdammt noch mal nicht, daß diese Typen damit abhauen.«
    »Hoffentlich geht sie nicht drauf, wenn wir mal mit unseren blöden Ärschen im Wasser landen«, sagte ich.
    »Du mit deinem vielleicht«, sagte Drew und versuchte den Tonfall der Einheimischen nachzuahmen. »Aber in dem Fluß hier, da will ich nicht ersaufen. Werd’s mit dir halten und nicht mit Mr. Lewis Medlock, dem da, wo über Straßen rast, von denen er nichts nicht weiß.«
    »Okay«, sagte ich. »In Ordnung. Aber vielleicht solltest du doch bedenken, daß er ziemlich gut mit einem Kanu umgehen kann, ich aber nicht. Außerdem ist er bärenstark und gut in Form. Ich aber nicht.«
    »Das riskiere ich eben«, sagte er. »Und meine Gitarre auch.«
    Lewis und Bobby bahnten sich einen Weg durch das Weidengeflecht und schleppten die Vorräte herbei, und Drew und ich stopften alles unter die festgezurrten Zeltplanen, soweit noch Platz war.
    Lewis wäre besser hier unten bei uns im Wasser geblieben, dachte ich. Er hätte die Boote sehr viel fachmännischer als wir beladen können. Wir glitschten im Schlick herum, die Füße tief im Schlamm.

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