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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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in diesem Fall war er nahe daran gewesen. Außer den drei Männern befanden sich noch der Fahrer und ein weiterer Bewaffneter im Wagen. Wenn der zweite Landrover ebenso belegt war, dann waren Benedikts Freunde tatsächlich mit einer kleinen Armee angerückt.
    Rachel zog den Kopf ein, um sich nicht am Türholm zu stoßen, als irgendetwas mit einem hellen Laut gegen das Fenster neben ihr schlug und dann abprallte.
    »Wo ist Benedikt?«
    »Im anderen Wagen«, antwortete der Dunkelhaarige. Er hatte einen Fuß in die geöffnete Tür gesetzt, kam aber noch nicht herein, sondern sah sich erneut auf diese sonderbar erwartungsvoll-ängstliche Art um, die sie mehr beunruhigte, als sie sollte. Auch er war bis auf die Haut durchnässt. Seine Kleidung klebte ihm schwer und nass am Körper, und er musste erbärmlich frieren. Trotzdem hatte Rachel den sicheren Eindruck, dass er es gar nicht merkte.
    »Ich würde gerne zusammen mit ihm fahren«, sagte sie. Sie kam sich bei diesen Worten selbst lächerlich vor, aber der Dunkelhaarige antwortete trotzdem.
    »Ich habe Ihnen mein Wort gegeben, dass ihm nichts geschieht«, erinnerte er sie. »Die Männer werden ihm nichts tun – auch wenn ich es ihnen nicht einmal verübeln könnte. Immerhin sind sie seine Kameraden.« Er deutete auf den Verletzten. »Die beiden haben vor ein paar Tagen noch zusammen Schach gespielt. Benedikt hat verloren.«
    »Dann hätte er ihn vielleicht besser gewinnen lassen sollen«, sagte Rachel.
    »Halten Sie das für witzig?«, fragte der Dunkelhaarige ernst.
    »Nein.« Rachel senkte beschämt den Blick. »Entschuldigung.«
    Wieder schlug irgendetwas gegen das Fenster gleich neben ihrem Gesicht, dann ertönte ein zweites, gleichartiges Geräusch von der anderen Seite, und plötzlich änderte sich die akustische Untermalung durch den Regen: Aus dem seidigen Hintergrundgeräusch wurde ein Laut wie von Millionen winziger Nadeln, die gegen die Karosserie und die Scheiben des Wagens prasselten. In den Regen hatte sich Hagel gemischt.
    Der Dunkelhaarige fluchte, zog sich mit einem Ruck endgültig in den Wagen hinein und knallte die Tür hinter sich zu. Der Fahrer startete den Motor, wartete aber, bis der Dunkelhaarige sich gesetzt hatte, bevor er den Gang einlegte und losfuhr. Obwohl Rachel mit dem Rücken zu ihm saß, spürte sie, wie viel Mühe es ihm machte, den Wagen aus dem Morast herauszubekommen, in den der Landrover nahezu bis an die Achsen eingesunken war. Selbst Vierradantrieb und Geländereifen waren offensichtlich Grenzen gesetzt. Mühsam und mit grollendem Motor, dessen Geräusch man anhörte, wie schwer es ihm fiel, seinen Dienst zu tun, setzte der Wagen mehrmals vor und zurück, um praktisch auf der Stelle zu wenden, und steuerte dann das aus den Angeln gerissene Maschendrahttor an.
    Aus den vereinzelten klirrenden Treffern der Hagelkörner war mittlerweile ein anhaltendes und allmählich lauter werdendes Prasseln geworden; noch nicht heftig genug, um Rachel tatsächlich Angst zu machen, aber durchaus beunruhigend. Und den anderen im Wagen schien es nicht besser zu ergehen. Der Mann hinter dem Steuer saß verkrampft da und auch wenn Rachel keine Erfahrung im Offroadfahren hatte, so war ihr doch klar, dass er viel zu hektisch mit Gas und Kupplung hantierte. Der Dunkelhaarige blickte immer nervöser aus dem Fenster und auch die beiden, die sich um ihren verwundeten Kameraden bemühten, sahen immer wieder beunruhigt hoch. Rachel glaubte Angst auf ihren Gesichtern zu sehen.
    Als sie noch zwanzig Meter vom Tor entfernt waren, hämmerte ein Blitz in den Autostapel rechts von ihnen.
    Es geschah vollkommen warnungslos – kein Wetterleuchten, kein elektrisches Knistern in der Luft. Von einem Sekundenbruchteil auf den anderen senkte sich ein weiß glühender Strahl aus reiner, gleißender Helligkeit vom Himmel, schlug in die Mauer aus übereinander gestapelten Autowracks und explodierte in einem Schauer aus weißen und orangefarbenen Funken. Irgendwo in dem Jahrzehnte alten Stapel mussten sich wohl noch Reste von Benzin oder anderen brennbaren Flüssigkeiten befinden, denn er fing mit einem berstenden Schlag Feuer. Ein zweiter, gefährlicherer Hagelschauer aus zerborstenem Glas regnete auf den Wagen herab, Flammen und immer noch hochstiebende Funken leckten nach der Karosserie, und der Hagel nahm derartig zu, dass sich der Landrover urplötzlich im Zentrum eines himmlischen Maschinengewehrfeuers zu befinden schien: die Hagelkörner schlugen mit der Gewalt von

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