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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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Zwei Männer sitzen am Tresen, drei weitere an Holztischen. Der Barmann ist derselbe wie bei den letzten zwei, drei Malen, als er hier war, ein Typ mittleren Alters mit grauem Spitzbart und Koteletten, von der Sonne gegerbter Haut, im Fitnessstudio aufgepumptem Körper und Akzent aus dem Süden. Ein Mixer heult auf maximaler Umdrehung, irgendwo hinter dem Tresen läuft leise eine CD von Sublime und jemand raucht Haschisch. Niemand grüßt ihn, aber alle blicken kurz auf, es herrscht sofort feindliche Stimmung. Einer der Männer am Tresen dreht sich zur Straße hin und fängt an, gegen die hölzerne Verkleidung der Bar zu trommeln.
    Die Hündin bellt laut und ohne Pause, aber es dauert eine Weile, bis er sie hinter einer Pforte entdeckt, die zu einer Garage hinter der Bar führt. Sie ist mit einem roten Stück Tuch um den Hals an einem Wasserrohr festgebunden. Ihre Knochen stehen hervor, ihr Blick ist trüb, kein Wunder, dass sie sich nicht losreißen kann. Als sie ihn wittert und schließlich auch sieht, wird ihr Bellen immer spitzer und verwandelt sich in ein raues Winseln. Das Tuch schnürt ihr den Hals ab.
    Er springt über das Tor, kniet sich neben sie und macht sich sofort daran, den Knoten zu lösen. Beta hört auf zu bellen und versucht, sich auf die Hinterbeine zu stellen und sein Gesicht zu lecken. Das Tor öffnet sich mit einem Knarren.
    Lass den Hund los, Mann.
    Der Knoten ist hart wie Stein.
    Loslassen habe ich gesagt.
    Ein Tritt in die Rippen wirft ihn gegen die Wand zwischen der Garageneinfahrt und einer leerstehenden Ladenzeile. Die Hündin fängt wieder an, wie wild zu bellen. Er versucht aufzustehen und kassiert einen weiteren Tritt in den Bauch, direkt oberhalb der entzündeten Schnittwunde. Diesmal schreit er vor Schmerz auf.
    Was fällt dir ein, hier einfach so reinzulaufen und meinen Hund anzufassen, du Arschloch?
    Er macht erneut Anstalten hochzukommen und erwartet die nächste Attacke, doch diesmal belässt es der andere offenbar dabei, ihm beim Aufstehen zuzusehen. Er ist ein Einheimischer, unrasiert und mit animalisch stumpfem Blick. Seine blonden Surferhaare quellen unter der rot-weißen Baseballkappe hervor und fallen ihm über Nacken und Ohren. Er ist groß und füllt die weite Jacke und Hose gut aus. Kein einfacher Gegner.
    Kennen wir uns?
    Bist du total bescheuert?
    Im Ernst, ich kann mir Leute nicht merken.
    Die anderen Gäste der Bar sind aufgestanden und sehen ihnen aufmerksam zu. Einer von ihnen öffnet die Pforte und kommt näher. Der bärtige Kellner ist hinterm Tresen geblieben und bekommt nichts mit. Beta knurrt. Der blonde Surfer verpasst ihr einen Tritt und hält sie dann am Halsband fest.
    Und ob wir uns kennen, du Arschloch. Wenn du nicht sofort abhaust, wirst du mich nicht wieder vergessen, das verspreche ich dir.
    Das ist meine Hündin, das weißt du genau.
    Ich weiß überhaupt nichts. Ich hab sie alleine und ohne Halsband am Strand gefunden.
    Ach, du bist der Idiot, der auf Dália scharf war, oder?
    Der Einheimische grinst ungläubig, lässt die Hündin los und kommt auf ihn zu.
    Wie bitte?
    Du hast ein Hai-Tattoo oder so was am Bein, richtig? Ich hab dich an deiner schwulen Stimme erkannt.
    Alter, der Typ bettelt ja förmlich um Schläge.
    Er blickt in gewaltlüsterne Gesichter. Die Hündin sitzt zwischen ihm und dem Surfer, sie ist erschöpft und ausgehungert und versteht nicht, was los ist. Dieses Tier, das sein Vater mehr liebte als sonst irgendetwas auf der Welt. Links von ihm schimmert noch ein letzter Rest Tageslicht über dem Meer. Ungefähr hier, an diesem Abschnitt vom Strand ist sein Großvater nachts im Meer verschwunden, nachdem er vor den Augen einer ganzen Stadt aus einer Blutlache auferstanden war, durchlöchert von Messerstichen, ein lebender Toter auf dem Weg nach Hause. Dort, wo jetzt die Wellen mit ihrem breiten weißen Lächeln im Dunkeln brechen. Im eiskalten Wasser, in dem die Hündin wieder laufen gelernt hat, seine alte, weise Hündin. Vielleicht war es das, wovor seinVater Angst hatte. Keinen schnellen Tod zu sterben. Niemals zu sterben.
    Das ist meine Hündin, jeder hier weiß das. Ihr habt mich von Anfang an mit ihr zusammen gesehen. Ich nehm sie jetzt mit und geh mit ihr nach Hause.
    Er beugt sich vor, um den Knoten zu lösen und bekommt einen Faustschlag ins Gesicht. Etwas bricht, Stückchen eines Zahns verteilen sich auf seiner Zunge. Die Hündin bellt verzweifelt. Plötzlich liegt er auf der Straße, und schon bald schlagen alle Anwesenden

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