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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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Hochsaison mit Schulden und einem leeren Kiosk an einer der teuersten Ecken von Garopaba da. Er traf sich mit einem Vertreter der Eismarke Kibon, der ihm wenige Tage später eine Kühltruhe vorbeibrachte. Kurz vor Silvester stellte er Surfbretter aus, die ein Freund von ihm gebaut hatte. In der zweiten Januarwoche hatte er außerdem einen Stand mit Schmuck und Accessoires von einem befreundeten Hippiepaar, das jeden Sommer in die Stadt kam, drei kleine Metalltische, einen Kühlschrank von Skol gefüllt mit Bier und eine Massageliege, auf der Lisandra, eine wollüstige junge Goianerin, die seit drei Jahren in Garopaba wohnte, zu jeder Tages- und Nachtzeit Massagen, Chiropraktik, Lymphdrainage und Reiki anbot. Abends gab es Livemusik, vor allem Samba und Reggae. Manchmal ging es bis in die frühen Morgenstunden heiß her, die Leute verteilten sich überall auf dem Grundstück bis auf die Straße, was dazu führte, dass hin und wieder die Polizei auftauchte und dem Ganzen ein Ende bereitete. Am 22. Januar veranstaltete Altair am Strand von Ferrugem die Luau-do-Quiosque-Party, um den ersten Vollmond des Jahres zu feiern. Es kamen Hunderte von Urlaubern, heiß auf Bier, Cocktails, Massagen und Drogen, die er ebenfalls besorgte. Sämtliche Surfbretter gingen zu Gringopreisen weg. Alles fand reißenden Absatz: Eis, Schmuck aus Draht, Armbänder aus Kokosnussschale, Bier, Kiwi-Sake-Caipirinhas, Lisandras großartige, fast erotische Do-In-Behandlungen. Von da an verkaufte Altair Tickets für die wichtigsten Partys der Stadt. Noch vor Ende des Monats hatte er genug Geld zusammen, um die Pacht für sein Grundstück zu bezahlen. Mitte Februar hatte er außerdem sein Darlehen abbezahlt. Wie viel Gewinn er gemacht hatte, wollte er nicht verraten, aber immerhin wohl so viel, dass er bis zum nächsten Sommer nicht arbeiten brauchte und sich ein neues, sehr viel besseres Motorrad kaufen konnte. Im April musste er das Grundstück im selben Zustand zurückgeben, wie er es gepachtet hatte. Der Besitzer wollte mit dem Kiosk nichts zu tun haben.
    Aber warum engagierst du nicht ein paar Leute, die den Kiosk für dich abreißen?
    Für so was geb ich doch kein Geld aus.
    Altair ist clever, Alter, meint Bonobo, stellt die Flasche mit dem Vanille-Wodka weg und schnappt sich den Vorschlaghammer. Und zwar richtig clever. Er tritt ein paar Schritte zurück, hebt den Hammer über die Schulter, holt mit einer Bewegung aus, die bis an die Grenzen der geringen Spannweite seiner Arme geht, und schmettert ihn mit aller Kraft gegen eine der noch intakten Wände. Kein einziges Stück Mauerbricht ab, es entsteht nicht einmal ein Riss, die verputzte Wand wackelt lediglich wie wild, Farbe splittert ab und kleine Zementbröckchen fliegen durch die Luft. Der dumpfe Schlag hallt in seinem Kopf wider und von dort durch die Kehle bis in den Magen. Bonobo schlägt noch ein paar Mal zu, bricht in debiles Gelächter aus und führt einen kurzen Tanz auf. Dann reicht er ihm den Hammer.
    Versuch mal, Alter. Bringt echt Bock.
    Er schlägt mit aller Kraft gegen die Wand. Die Wucht des Aufpralls fährt ihm durch die Arme bis in die Wirbelsäule. Er verspürt ein fast rauschhaftes Vergnügen, all seine Energie in diesen einen Schlag zu legen, und so allmählich scheint das Gerüst sogar etwas nachzugeben.
    Geil, oder? Schlag ruhig noch ein paar Mal zu.
    Als es dunkel wird, haben sie die dritte Wand geschafft und bearbeiten die vierte und letzte mit Hammerschlägen und Tritten. Als die Flasche Smirnoff Vanilla alle ist, holen sie abwechselnd in der nächsten Kneipe kaltes Dosenbier und stürzen es hinunter. Altair und Bonobo sind seit frühmorgens beziehungsweise mittags dabei und machen allmählich schlapp. Altair schläft zirka eine halbe Stunde lang im Sitzen, schnarcht laut und wacht dann urplötzlich auf, nimmt einen warmen Schluck aus der Dose, steht auf, bittet um den Hammer und macht sich wieder über die Wand her. Bonobo verfällt von Zeit zu Zeit in eine katatonische Starre, blickt stur nach vorn und legt ein oder zwei Minuten später wieder los. Der Himmel ist sternenklar, und die Luft lau. Die drei reden wenig und reichen den Hammer in regelmäßigen, exakt bemessenen Abständen weiter. Ein methodisch arbeitendes Team.
    Bonobo erzählt, dass er aus dem Süden von Porto Alegre stammt und schon vor Jahren an die Praia do Rosa gezogen ist, wo er eine Pension aufgemacht hat, die Pousada do Bonobo.
    Kurz vorm Canto do Mar, weißt du? Auf der linken Seite,nicht

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