Flying Moon (German Edition)
...«
Dann sah er zu mir. »Du spielst Ida, nicht?«
»Ja.«
»Schön, ich habe bei der Rolle die ganze Zeit an dich gedacht. Und, sag mal, wer spielt den Jack?«
Ich schob meine Eisschale in die Tischmitte.
»Karl«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Wir wurden beide an der Schule gecastet.«
19.
Auf der Fahrt im Zug nach Saarbrücken war ich nachdenklich. Ich hatte Sehnsucht nach zuhause, und wäre am liebsten sofort wieder umgekehrt. Eine Woche war einfach zu kurz gewesen, um alles mit meinem Vater zu klären. Auf der anderen Seite hatte ich nun auch meinen Vater angelogen. Vermutlich zum ersten Mal in meinem Leben. Erst meine Mutter, dann meinen Vater. War das so, wenn man älter wurde und ein eigenes Leben führen wollte? Hätte ich ihm die Wahrheit sagen können? Ich wusste es nicht. Vielleicht war es wie mit meiner Mutter, es wäre kein Problem gewesen, aber nach allem, was mir Lasse erzählt hatte, glaubte ich das nicht. Außerdem wollte ich nicht, dass er sich ein zweites Mal auf diese Weise in mein Leben einmischte. Und dann freute ich mich auch auf Saarbrücken und auf Lasse. Was vielleicht unvernünftig war, das war mir schon klar. Sophia hatte ganze Arbeit geleistet. Ihrer Ansicht nach hatte Lasse starke Minderwertigkeitskomplexe und einen ausgeprägten Geltungsdrang. Was vermutlich auf die meisten Schauspieler zutraf. Er konnte sich nicht lieben und mich daher auch nicht, das andere waren einfach nur Abenteuer und der Wunsch nach Bestätigung und Anerkennung. Es klang sehr überzeugend. Für sie war klar, dass ich auf jeden Fall die Finger von ihm lassen musste. Theoretisch mochte das richtig sein. Allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass ich all das vergessen würde, sobald ich Lasse wieder sah.
Peer holte mich am Bahnhof ab, checkte im Hotel für mich ein und überreichte mir die Zimmerschlüssel und die Dispo für den morgigen Drehtag. Acht Uhr Abholung, zusammen mit Karl und Denis. Lasse und Krista wurden schon um sieben Uhr dreißig abgeholt.
»Es gibt ein Schwimmbad und eine Sauna im Anbau. Eure Zimmer sind alle im gleichen Gang im zweiten Stock. Kommst du klar?«, fragte Peer.
»Ja, danke.«
Ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben, suchte mein Zimmer und schloss auf. David hatte Recht gehabt, es war ein großer Unterschied zu Leipzig. Ein eigenes Hotelzimmer. Ich warf mich auf das große Doppelbett und breitete die Arme aus. Das alles für mich! Ich öffnete die Minibar, sah mir die kleinen Fläschchen mit Cola, Wein und Whiskey an, nahm mir einen Schokoriegel und untersuchte das Bad. Ich hatte Lust, mich in die Wanne zu legen. Oder noch besser: in ein großes Wasserbecken. Das Schwimmbad.
Ich suchte meinen alten Badeanzug heraus und fuhr mit dem Fahrstuhl zurück in die Haupthalle. Dort brauchte ich nur dem Geruch von Chlor, Holz und Tannennadeln zu folgen. Vor der Schwimmhalle zog ich meine Turnschuhe aus und ging barfuß weiter. Das Becken war größer als ich erwartet hatte. Etwa zwanzig mal zehn Meter groß. Nur eine dicke Frau dümpelte darin herum. Es gab Umkleidekabinen auf der einen Seite und auf der gegenüber liegenden Seite eine Reihe von Liegestühlen. Die meisten waren frei, vermutlich saßen viele Gäste beim Essen. Doch von einer Liege winkte mir Krista zu. Sie trug einen Hotelbademantel, lag mit elegant übereinander geschlagenen Beinen auf der Seite und las ein Buch. Ich ging zu ihr hinüber.
»Hallo, Filmdiva!«
Sie streckte mir die Zunge raus, sprang dann auf, lachte und umarmte mich.
»Wann bist du angekommen?«
»Gerade eben!«
Sie grinste. »Na, Moon, werden wir das aushalten, nicht mehr zusammen in einem Zimmer?!«
»Wir können uns zum Fernsehen und Minibar-plündern treffen.«
»Einverstanden.«
Sie sah auf ihre Uhr. »Und jetzt gehen wir zusammen essen. Die Spesen verprassen!«
Ich sah Richtung Becken. »Ich dachte, ich schwimm noch ne Runde.«
Krista verzog das Gesicht. »Moon, sei bitte nicht auch noch sportlich.«
»Wieso auch ?«
Sie grinste frech. »Neben deinem überragenden schauspielerischen Talent.«
»Hier ist ein Becken mit Wasser, Krista, ich würde lieber den Mund halten.«
Wir zogen uns um und gingen durch die Hotelhalle, wo wir Silvia und Gero, den Regieassistenten, trafen.
»Denkt dran, wir fangen morgen früh an«, rief er uns nach, als wir das Hotel verließen.
Krista drehte sich zu ihm um und lächelte charmant. »Trinken, Drogen, Sex. Wir bereiten uns nur gut auf unsere Rolle als wilde Heimkinder vor. Method Acting,
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