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Flying Moon (German Edition)

Flying Moon (German Edition)

Titel: Flying Moon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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erzählen sollte, entschied mich aber dagegen.
    Lasse lächelte. »Chaotisch?«
    »Hauptsächlich schön.«
    In der nächsten Einstellung sollten Karl und Lasse die Verkäuferin ablenken, während Krista und ich uns in der Umkleidekabine Kleider unter unsere eigenen Sachen anzogen, um dann wie pralle Würstchen aus dem Laden zu stürmen. Die ganze Szene wurde in etliche Einstellungen unterteilt und der Dreh zog sich hin. Uli wurde immer nervöser.
    »Weil wir hängen!«, flüsterte mir Krista zu. »Er hat den Laden aber nur bis achtzehn Uhr.«
    »Hängen?«
    »Er schafft sein Drehpensum nicht. Deshalb ist er nervös.«
    Der Dreh zog sich schließlich bis zwanzig Uhr hin. Gero musste mit der Ladenbesitzerin verhandeln, damit länger gedreht werden konnte. Das Warten und die vielen kleinen Einstellungen inmitten einer zuschauenden Menge waren ermüdend. Lasse war die meiste Zeit in seinem Wohnwagen, was ich verstehen konnte, da immer mehr Leute kamen und ein Autogramm von ihm forderten und er ständig fotografiert wurde. Er war viel bekannter, als ich gedacht hatte.
    Der Dreh dauerte sehr lange und am Ende war ich vollkommen erschöpft. Im Hotel ging ich sofort auf mein Zimmer, warf mich aufs Bett und sah mich in dem korrekt eingerichteten und vom Zimmerservice aufgeräumten Hotelzimmer um. In Leipzig war alles primitiver und einfacher gewesen, die Räume, der Komfort, aber irgendwie menschlicher. Ich vermisste den alten Gemeinschaftsraum, die Gespräche mit Krista und mit Lasse. Voller Heimweh rief ich meine Mutter an. Sie erkundigte sich nach dem Dreh und den Leuten und sie rief extra noch einmal zurück, damit wir länger reden konnten.
    Dann ließ ich mich zurück fallen und sah an die Decke. Auch hier vermisste ich Musik. Ich schaltete den Fernseher an und zappte ein wenig herum. Einfach alle Kanäle rauf und runter. Ich war genau wie mein Vater. Werbung, Serien, Musikclips, all das. Uninteressant. Ich schaltete weiter, doch plötzlich ließ ich vor Schreck fast die Fernbedienung fallen.
    Da war Lasse, dort im Fernsehen. Ich schob mich ganz nah vor den Bildschirm, es war absolut irreal. Der Film war eine Art Jugenddrama. Lasse war jünger und spielte mit einem älteren Jungen, der dunklere Haare hatte und kräftiger als Lasse war. Gerion. Die Handlung verstand ich nicht genau, aber das war vollkommen egal. Ich bewunderte wie Lasse schauspielerte, sich bewegte und sprach. Dabei kroch ich fast in den Fernseher und hatte nur den Wunsch, dass Lasse zu einem realen Menschen wurde, der hier im Hotelzimmer saß und mit mir, statt mit seinem Filmpartner redete. Seit ich in Saarbrücken war, hatte ich versucht, mir einzureden, dass es besser wäre, wenn ich Abstand von Lasse hielt. Aber es war alles noch da, alle Gefühle und je länger ich sie leugnete, desto stärker wurden sie.

20.
    Am nächsten Tag wurde wieder in der Fußgängerzone gedreht. In einer Drehpause saß Lasse auf einem Regiestuhl und unterhielt sich mit Karl, als ein Mädchen sich durch die Absperrung kämpfte und auf ihn zu rannte. Sie hielt Lasse ihr Schulheft und einen Stift hin und obwohl Karl neben Lasse saß und wie immer sehr gut aussah, war er einfach nur Luft für sie. Lasse unterschrieb und lächelte flüchtig. Das Mädchen strahlte vollkommen verzückt. Silvia begleitete es zurück hinter die Absperrung.
    Krista hatte Recht. Lasse konnte jedes Mädchen haben. Er brauchte nur mit dem Finger darauf zu zeigen. Warum sollte er sich also ausgerechnet für mich interessieren?
    Nach dem Drehtag wurde ich zusammen mit Krista und Karl ins Hotel gefahren. Lasse hatte noch zwei Einstellungen und blieb am Set. Wir saßen zu dritt bei Peer im Wagen und schwiegen nachdem Krista vergeblich versucht hatte, ein entspanntes Gespräch zu führen. Karl saß mit zwischen den Oberschenkeln eingeklemmten Händen da und starrte blind nach vorne. Er war noch nicht annähernd über die Sache mit Krista weg.
    Im Hotel holte ich mir Handtuch und Badeanzug und ging ins Schwimmbad. Das Becken war leer und auch in den Liegestühlen lag niemand. Ich setzte mich an den Beckenrand und betrachtete die blauen Mosaiksteine der Wände, sah auf die stille Wasseroberfläche und ließ mich schließlich hinein gleiten. Dann legte ich mich auf den Rücken ins Wasser. Im Liegen betrachte ich mit halbgeschlossenen Augen die hin und her tanzenden Lichtreflexe an der Holzdecke des Schwimmbades und hörte dem sanften Plätschern der Wellen über und unter der Wasseroberfläche zu. Ein

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