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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Kanuanzug, zwei Helme, Gummifüßlinge,
fingerlose gepolsterte Handschuhe, Unterwäsche, Freizeithose, Badehose, Bootsgurte,
ein Seil, eine handliche Klappschaufel, ein Allzweck-Taschenwerkzeug. Und dann war
da ein Lederriemen – das Hundehalsband. Pamela erkannte es sofort und stutzte. Das
schöne, breite Lederhalsband mit den genieteten Messingkühen drauf war eines von
Coopers Halsbändern, sie hatte es in Emilys Hundeschrank gesehen. Sie fuhr mit den
Fingern darüber, fühlte sofort: Unter einem festen Klebeband war etwas in die Innenseite
geklebt. Sie tastete, schaute, es waren die Umrisse eines Sticks. Das mussten die
Daten von Francis’ Vater sein. Francis hatte den Stick hier versteckt und dann doch
zurückgelassen. War das wirklich erst vorgestern gewesen? Gerade als sie das Hundehalsband
zu allem anderen in die Tasche rutschen lassen wollte, ließ sie es vor Schreck fallen.
»Hände hoch und ganz ruhig, nicht bewegen.« Sie hob die Hände hoch und wusste im
selben Augenblick, die Stimme kannte sie, das war Nils Rebmann. Er war nicht verhaftet,
er stand hinter ihr.
    »Umdrehen.«
Sie starrten einander an. Er schien überrascht zu sein, sie zu sehen. Sie hatte
nur Angst. Die Angst verriet sie, sie wusste, wer er tatsächlich war, das sah sie
in seinen eisgrauen Augen. Jetzt war sein Blick total ausdruckslos. Nils Rebmann
höhnte: »Pamela Thoma! Dein Pech, dass ich noch nicht weg bin.« Pamela biss sich
auf die Lippen, fühlte, wie sehr sie bebte. Die kleinste Bewegung konnte ihn dazu
reizen, abzudrücken. Zu verlieren hatte er sowieso nichts mehr. Wie war das mit
dem Kaninchen und dem Jaguar? Keinesfalls zeigen, wie sehr man sich fürchtet. Sie
dachte an Lucius, versuchte, überhaupt zu atmen, sah ihm fest ins Gesicht. Das Zittern
verging im Moment. Er war unrasiert, das gab seinem Gesicht dieses hohle Aussehen.
Er mochte seit gestern nichts gegessen haben. Sie zumindest hatte noch fürstlich
gefrühstückt. Sie sagte nichts, weil es nichts Sinnvolles zu sagen gab. Also schaute
sie weiter in seine seltsamen, ausdruckslos hellen Augen. Unvermittelt sagte er:
»Es war jeweils gar nicht so übel, mit dir zu reden.« Sie dachte an die Rösti, die
sie gegessen hatten. Er fuhr fort: »Auch jetzt bist du tough, du hast zumindest
Haltung, jede andere würde betteln.« Er trat einen Schritt zurück: »Du hebst auf,
was du fallen gelassen hast und wirfst es mir exakt vor die Füße. Mach keine falsche
Bewegung.« Sie tat es. Er bückte sich nach dem Halsband, immer die Pistole auf sie
gerichtet. Er hielt es so in der Hand, dass er den Stick sofort erfühlen musste.
Das schwache Blitzen in seinen Augen konnte ein Erkennen anzeigen. Er steckte das
Halsband in die Tasche seines Jacketts, des Jacketts von gestern. Pamela erinnerte
sich nur zu gut an die Bilder auf dem Großbildschirm. Wieder zitterte ihr Kiefer.
Nils Rebmann trat einen Schritt neben die offene Tür, machte mit der Pistole eine
auffordernde Bewegung. »Wirf deine Autoschlüssel auf den Boden, jetzt die Tasche.
Du gehst voraus.« Er dirigierte Pamela die sehr schmale Treppe hinunter in einen
Keller, doch anstelle eines Bodens war hier drinnen ein See, die Treppe führte nach
etwa acht Stufen direkt ins Wasser. Der Raum war von einer nackten Glühbirne erhellt,
er mochte schon halbhoch unter Wasser stehen. Auf dem Wasser trieben drei Boote
und ein paar Paddel. Nils Rebmann befahl ihr, die Stufen hinunterzugehen, sich auf
die Treppe zu setzen. »Du bleibst hier, ich nehme dein Auto, dich nehme ich nicht
mit. Sei froh, dass ich dich nicht abknalle, so lebst du etwas länger. Laufenlassen
kann ich dich nicht, du würdest mir zu schnell die Meute auf die Fersen hetzen.«
Ein knallendes Krachen zeigte an, dass es zu dieser Treppe einen dieser schweren
Bretterdeckel gab, den er fallen gelassen hatte. Sie war eingesperrt und konnte
zusehen, wie das Wasser ungehindert durch die Lattenwand hereinfloss. Sie hörte
es der Wand entlang fließen, realisierte entsetzt, dass der See zum Fluss geworden
war. Sie hatten die Schleusen geöffnet.
    Vielleicht
war es eine Logik aus ihrer gestrigen Todesbereitschaft, dass sie jetzt hier bald
sehr im Nassen säße. Hatte sie nicht gestern mit ihrem Leben so gut wie abgeschlossen
gehabt, als sie Tizian zugesagt hatte, mit ihm ins Stadion zu kommen?
    Oben ging
knarrend eine Tür. Er war noch da. Sie erinnerte sich, das war die Tür zum gedeckten
Balkon. Er mochte sich den steigenden See anschauen, vielleicht rauchte er noch
eine

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