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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Zigarette. Wie lange konnte es dauern, bis er weg wäre, bis sie versuchen konnte,
diesen Deckel hochzuwuchten? Sie meinte, im Hausinnern das Knacken eines Dielenbretts
zu hören. War er denn schon wieder hineingegangen? Jetzt ertönte von der Balkonseite
ein kurzes Poltern. Was tat er denn? Sie hörte nur gurgelndes Wasser. Jetzt gingen
oben Schritte. Da war ein Geräusch an der Falltür. Sie wurde hochgehoben, knallte
zurück, wurde geöffnet. Ganz langsam erhob sich Pamela, drehte sich zur Öffnung,
sie fürchtete sich. Was würde er tun? – Es war nicht Nils Rebmann, ungläubig sah
Pamela in Josys spitzes Gesicht. Josy kauerte dort oben und starrte sie nur an.
Da war kein Nils Rebmann. Mit wackeligen Knien stieg Pamela mühsam die Treppe hoch.
Josy setzte sich jetzt wortlos auf den Bretterboden. Pamela packte sie an der Schulter:
»Wo ist er?« Josy wurde steif, ein Zucken erfasste sie: »Er ist weg.« Pamela bückte
sich, schaute forschend in Josys starres Gesicht. Die Lippen waren blutleer, sie
stand unter Schock. Pamela setzte sich neben sie, umfasste sie mit dem Arm. »Josy,
nimm dich zusammen. Wo ist Rebmann? Das Wasser steigt, es steht schon hoch. Das
Haus wird gleich abgeschnitten sein, wir müssen hier fort. Wo ist er?« Sie versuchte,
Josy hochzuziehen. Diese klammerte sich jetzt an sie, stammelte: »Pamela, ich musste
ihm eins mit dem Paddel überziehen.« Jetzt weinte sie. »Er ist vornüber gegen das
Geländer gestürzt. Da habe ich ihn gestoßen. Er ist weg.« Pamela fühlte eine große
Erleichterung, die Angst war wie weggeblasen. Automatisch streichelte sie Josys
Rücken. »Komm schon, Kleine, komm schon.« Josy redete jetzt hektisch, sah Pamela
nicht an: »Ich habe mich unter der Plane in einem der Boote auf dem Regal versteckt.
Er hätte mich getötet, hätte er mich entdeckt. Ich musste unbedingt wissen, ob er
und mein Vater zusammengehören. Gestern wusste ich, er würde zu seinem Versteck
im Ryffligässchen gehen. Gleich nach ihm kam schon Polizei. Ich passte ihn auf der
andern Seite vor dem Schweizerhof ab. Er trug einen Rucksack, es war klar, dass
er flüchtete. Er war zu Fuß, dachte wohl an Straßensperren. Ich folgte ihm die ganze
Strecke über Nebenwege und Pfade von Bern hierher. Ich wusste ja nicht, wohin er
ging. Er durfte mich nicht bemerken.« Sie machte eine Pause, ihre Stimme war zum
Flüstern geworden, die Hände bewegte sie ruckend vor dem Gesicht: »Ich dachte, er
warte hier im Clubhaus auf einen Helfer und musste wissen, wer das war. Ich musste
mich verstecken. Viel später habe ich jemand kommen hören, jemand, der nichts Böses
dachte. Ich konnte nicht warnen. Dann warst du es, ich habe jedes Wort gehört. Wie
er nach draußen auf den Balkon ging, dachte ich, er überlege es sich anders und
erschieße dich doch. Da habe ich das Paddel genommen und mich angeschlichen, von
hinten. Das Paddel habe ich ihm nachgeworfen.« Josy starrte ins Leere.
     
    Pamela lauschte, das waren Stimmen
und Rufe. Wie ging gleich noch dieser Eskimo-Trick? Entschlossen schubste sie Josy
ans Brustbein, klopfte dreimal kräftig darauf, redete sie an: »Hör einmal, du hast
mir das Leben gerettet, danke. Du hättest auch weglaufen können, aber das hast du
nicht getan. Komm, irgendwo sind Leute. Jetzt kannst du wieder aufstehen, wir gehen
nach draußen.«
    Es war ein
klägliches Gehen. Wie sie über die Schwelle zum Bootsraum traten, schwappte hier
das Wasser zu Pamelas Schrecken schon auf der untersten der drei Stufen. Der ganze
Raum war überschwemmt, die Flut hatte den See erreicht. »Vorwärts, wir müssen uns
beeilen!« Sie platschten durch das knöcheltiefe Wasser nach draußen. Das Clubhaus
stand im Wasser, das jetzt zwischen dem Haus und dem etwas erhöhten Parkplatz zügig
floss. Dort standen Autos, ein Polizeiauto, Menschen. Diese bemerkten sie, winkten
und waren offensichtlich erfreut, sie zu sehen. Da war Cooper, der von Lucius festgehalten
wurde; er winselte aufgeregt und bellte.
    Pamela hielt
Josy fest, dass sie nichts Unüberlegtes täte, sah abschätzend und zögernd auf die
Strömung. Es war schwer zu beurteilen, wie stark diese war, wie hoch das Wasser
schon stand, wie fest der Untergrund war, auf den man träte. Einer der Männer gab
deutlich Zeichen, sie sollten bleiben, wo sie waren. Pamela schaute zweifelnd. Ja
natürlich könnten sie hier im sicheren Haus bleiben. Meinte er dies?
    Doch jetzt
kam Bewegung in die Gruppe. Da waren Seile. Zwei der Männer wurden angeseilt.

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