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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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bei der Tür gestanden sein. Wie weit wäre es von einem Fenster, durch
das er sie gesehen hätte, bis zu dieser Tür? Der Stein konnte nicht ihr gegolten
haben, Verfolgungswahn her oder hin. Nie könnte ein Stein zeitlich so genau aus
einer Mauer gelöst werden und unten in dem Moment niederkrachen, in dem sie dort
wäre. Ganz abgesehen davon, dass man eher gut rechnen müsste. Und sie wäre einfach
ein wenig schneller gewesen, als jemand gedacht hätte. Oder war der Stein schon
vorher so präpariert gewesen, dass er bloß einen kleinen Anwurf brauchte, eine Handvoll
Steine zum Beispiel? Das konnte sie sich vorstellen. Und konnte es nicht sein, dass
jemand sie absichtlich hetzte, genau berechnend, dass sie diesen letzten Haken zur
Stiege schlug. Gab es da nicht irgendwelche Möglichkeiten, mit Tönen im Ultrabereich.
Damit konnten doch Straßen regelrecht gesperrt werden. Warum war sie vor der Gasse
ausgebrochen wie ein scheuendes Pferd? Das war nun echt verrückt, so zu denken.
    Nein, Pamela
verzog das Gesicht. So etwas konnte man sich ausdenken, doch in der fest gefügten
Berner Realität war kein Platz für derartige Fantasiegebilde.
    Sie schlürfte
ihren Grog und war froh, dass Alice unterwegs war. Alices Welt hatte ihre eigene
Logik. Alice würde sie nur belasten mit Bemerkungen wie, sie habe den Brocken vielleicht
oder möglicherweise ganz sicher angezogen. Nein, Pamela hatte keine Feinde und tat
nichts, das andere ärgern könnte. Sie besuchte die Stadtbibliothek und die Bibliothek
des Botanischen Instituts, las sich im Internet in ihr Thema ein. Die vergangenen
zwei Jahre ihres Lebens wiesen zwar Turbulenzen auf, doch sie hatte ihres Wissens
keine Altlasten, die solche mörderischen Konsequenzen heraufbeschwören konnten.
    Lieber dachte
sie an Robert als an diesen Stein. Die Liebe war großartig gewesen, doch jetzt,
da sie weg war, sah sie klarer, zu hoch gehängt, zu theoretisch, zu clean. Die Rolle
der Schlossherrin war nicht ihre Traumrolle. Robert war nicht nur kulturell geschliffen,
er bewegte sich mühelos und mit Leichtigkeit in einer Welt der Macht, die ein Spiel
zu sein schien. Dies war mehr als irritierend gewesen. Sie wollte nicht, dass die
Welt so war, und wenn sie so wäre, zog sie einen gewissen Abstand vor. Jetzt kippte
sie ein Gläschen Rum pur hinunter. Robert hatte gemeint, sie hätte ein Problem mit
Macht und Verantwortung.
    Im Augenblick
war Robert für ein Wohltätigkeitsprojekt in Indien unterwegs, das Wichtigste seien
die guten persönlichen Kontakte, da müsse man hin und sich Zeit nehmen. Pamela wiegte
den Kopf hin und her, wie konnte sie nur bei einem derartigen Mann gelandet sein.
Zumindest hielten sie beide nicht allzu viel von täglichen Telefonaten, E-Mails,
SMS; das war eine Ersatzrealität, entweder man war in Gedanken verbunden oder man
ließ es bleiben. Es löcherte auch die Aufmerksamkeit für die Aufgaben in der realen
Umgebung. Sie schenkte sich ein weiteres Gläschen ein.
    Was war
das eben für eine wundersame Rettung gewesen? Wenn es denn so war, dass nicht dieser
Gary die Hände im Spiel hatte, eben um sie retten zu können. Etwas benommen schüttelte
sie den Kopf, sah Sternchen. Er hatte ehrlich gewirkt. Sein Outfit war etwas ungewohnt
für sie, und erst dieses große Tattoo. Bei anderen war dies Normalität. Sie hatte
bisher bloß noch nie mit einem Rocker auch nur das Geringste zu tun gehabt, geschweige
denn mit einem geredet. Nein, sie hatte nicht geträumt, dass er sagte, er hätte
gesehen, wie dieser Stein in die richtige Position gebracht wurde, erst als er stürzte,
habe er die Absicht realisiert.
    Morgen noch
nicht, aber übermorgen würde sie ihn besuchen.
     
    *
     
    Pamela rief Emily an. Emilys erste
Frage galt Cooper, wie hielt er sich? Dann, wie kamen sie und Francis miteinander
klar? Pamela zögerte. Francis war bemerkenswert klug, wahrscheinlich mathematisch
und logisch begabt, also konnte er seine Ausnahmesituation rational zumindest als
solche sehen, das würde ihr Zusammenleben vereinfachen. Wäre nicht der Eindruck,
er habe sich von seinen Freunden völlig abgekapselt, wäre er ein Traumjunge. Er
war auch nicht mehr ganz so abweisend, schon weniger ein störrischer Esel oder ein
verstörter Hund. Jetzt profitierte sie richtig davon, dass Alice zu dieser erziehungswütigen,
weltverbessernden 68er-Generation gehört hatte. Geblieben war: Jedes Wesen ist von
Natur aus gut, es braucht bloß Liebe und gutes Futter. Dann wächst und gedeiht es
und nimmt

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