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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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Emily, die sie vor zwei Jahren in einer Berner Klinik besucht hatte,
als sie krebskrank zwischen Tod und Leben hing. Sie hatte Emily verloren gegeben
und doch um sie gekämpft. Emilys Konzentration auf eine Ausbildung zur Heilerin
gehörte noch immer zu ihrem Kampf.
    Und sie,
Pamela. Sie wusste, sie sollte Weichen stellen. Sie konnte nicht ihr Leben dahindümpeln
lassen, weder Beziehung ja noch Beziehung nein, weder Werberin noch Historikerin,
weder Fisch noch Vogel. War es richtig, zu warten, zu meinen, schließlich habe sie
ein Schicksal. Sie müsse sich nur nicht zu hektisch bewegen, dann könne sie gleich
zufassen, wenn es sich zeigte.
    Und wenn
es ein glitzerig glänzender Fisch wäre, der ihr beim Zupacken entglitte? Oder wenn
sie gerade schliefe? Oder es wäre nicht der richtige, er hätte spitze scharfe Zähnchen.
Denn sie hätte nicht nach dem Fisch greifen, sie hätte mit dem Vogel fliegen sollen.
     
    War sie wirklich noch nie in einer
Privatklinik gewesen? Sie wurde an einer chromblitzenden Empfangstheke erwartet
und von einem smarten jungen Mann durch einen mit Marmor gefliesten Korridor mit
diskreter moderner Kunst an den Wänden gleich ins Büro der Frau Professor begleitet.
    Frau Prof.
Iris Schwitter Gais saß auf einem Ledersessel hinter einem Designertisch. Sie erhob
sich mit Schwung und eilte um den Tisch, kam Pamela bis auf den letzten Schritt
mit ausgestreckter Hand entgegen, also nichts von professoraler Arroganz, sondern
offenkundige weibliche Verständigung. Wenn diese Haltung denn nicht aufgesetzt war.
Da war viel Vorausschmus darin. Es konnte Berechnung sein.
    »Frau Thoma!
Sie haben vor einer Stunde angerufen, da sind Sie ja schon. Ich ließ in Manchester
nachfragen. Sie sind mit der Patin des Francis Berry befreundet und halten ein Auge
auf ihm. Sie sind Psychologin und haben auch Kunstgeschichte studiert, sehr erfreut.«
War das jetzt üblich, dass man so enge Besuchervorschriften hatte und gleich Erkundigungen
einholte? Pamela war vorsichtig, Francis’ Worte im Ohr. Schon die etwas geschwollene
Aussprache dieser Frau irritierte sie, so wohlklingend, als müsste sie ein Auditorium
damit betören. Gleichzeitig schuf sie damit eine gewisse Distanz. Das war doch bloße
Scheinfreundlichkeit.
    Dann war
es, wie sie vermutet hatte. Die Frau ließ sie nicht an sich heran, geschweige denn
ließ sie sich in ihre Karten blicken. Pamela staunte, wie sie auf dieses Bild kam.
Waren sie denn beim Pokern? Spielte die Frau Professor ein Spiel, sah in ihr eine
Gegenspielerin, die sie austrickste, bevor sie überhaupt das Spiel begriffen hätte?
    Doch sie
rief sich zur Raison. Die Frau hatte ihr nichts getan, war sehr freundlich – nein,
sie korrigierte sich, die Frau Professor trickste nach allen Regeln der Kunst, hallo!
Sie war doch selbst Psychologin, war in der Werbebranche tätig gewesen. Das waren
doch alle die Kniffe, die Vertrauen erweckten, dieses mit Handflächen nach oben
auf den anderen Zugehen, was Offenheit vorgab, des geraden, lächelnden Blicks in
die Augen, nicht zu lang, nicht zu kurz, Ehrlichkeit signalisierend. Da war die
Gesprächseröffnung, das Fragen nach der Anfahrt, dem Transportmittel, dem vorherigen
Aufenthalt, das lockere, unverbindliche Austauschen von Worten, Mimik, Gesten. In
diesen ersten Sekunden entscheidet sich, ob man jemandem traut oder nicht. Der weitere
Gesprächsverlauf, das Geschäftsergebnis stände jeweils unter diesem Vorzeichen.
    Nun denn,
sie, Pamela, misstraute dieser Frau. Pamela war sehr aufmerksam. Frau Prof. Iris
Schwitter Gais wollte etwas von ihr. Sie log aus einem bestimmten Grund, sie täuschte
sie. Wieder rief sie sich zur Vernunft, waren das jetzt Vorurteile gegen eine erfolgreiche
Frau oder was?
     
    Der junge smarte Mann begleitete
sie in den Lift und zu Maudes Zimmer zwei Stockwerke höher. Es war eine geschlossene
Abteilung, die Tür musste mit einer Karte geöffnet werden. Der Korridor wurde von
einer Glaskabine aus von einer Pflegerin überwacht. Ein kleiner Korridor, sechs
Türen. Sie befanden sich im obersten Stock im Westflügel der dreistöckigen kleinen
Klinik.
    Er übergab
sie dem Abteilungsleiter, der sie telefonisch abgewimmelt hatte. Mit leicht vorstehenden
Augen und wulstigen Lippen glich er wirklich einem Fisch.
    Maude saß
mutterseelenallein, angeschnallt in einen Rollstuhl an einem kleinen Tisch in einem
hellen Zimmer mit Blick auf eine Rosskastanie. Infusionsflasche und Katheter hingen
am Fahrgestell. Maudes Kopf war zwischen

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