Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
ganz klein wenig um
die Wahrheit drückte. Jemand schien hinter Francis her zu sein. Francis kannte die
Tochter des Geschäftspartners seines Vaters. Es könnte gut sein, dass dieser etwas
damit zu tun hatte. Pamela war ja nicht aus Bern, Tizian aber hatte beim Namen Berry
sicher sofort gewusst, dass Francis’ Vater der Architekt des Stadions war.
Es war Small
Talk beim Kaffeetrinken. Tizian hatte bei ihren Bemerkungen gelächelt wie ein Kater,
dem man Sahne gibt, erfreut. Pamela sah ihn misstrauisch an. Oder war es der Ausdruck
eines Katers, der die hin und her rennende Maus belauerte?
Dann saßen sie ein Stockwerk tiefer
in einem kleinen, sehr technisierten Raum, Tische, Bildschirme, Schalttafeln. An
den Wänden Metallgestelle und Schränke. Wahrscheinlich gleichzeitig ein Archiv.
An der Decke Neonleuchten, die Tizian dimmen konnte. Zwei Frauen, die hier gearbeitet
hatten, verzogen sich auf Tizians charmante Bitte. Er hatte Pamela als »die Psychologin
Dr. Thoma, wir arbeiten am Projekt« eingeführt. Das hatte sie doch schon einmal
gehabt. Als sie weg waren, meinte er: »Ich wäre froh, du könntest da einen Blick
darauf werfen.«
Er zog eine
Projektionswand von der Decke, legte eine Diskette ins Laufwerk eines PCs, drückte
ein paar Knöpfe. Kennzahlen, Beschriftung flimmerten über die Leinwand. Es waren
die ausgewerteten Aufnahmen aus den Überwachungskameras des Stadions. Tizian hatte
sie sich beschafft. Er habe Pamela ja gesagt, dass er einen Sturm erwarte. Das,
was im Stadion geschehen sei, hätte aller Wahrscheinlichkeit nichts damit zu tun.
Er sei jedoch für die nationale Sicherheit verantwortlich und habe einen Terroranschlag
zu verhindern. Daher gefalle es ihm überhaupt nicht, dass diese Schlägerei genau
in diesem Zeitrahmen an diesem Ort losgegangen sei. Pamela müsse sich zunächst einmal
anschauen, worum es hier gehe.
Es war jenes
Spiel YB – St. Gallen. Pamela war unangenehm überrascht, wie scharf die Bilder waren,
ganz anders, als was sie aus dem Fernsehen kannte, und nichts von 3D-Verbrecherfotos.
Das war ein 3D-Film, alles wirkte klarer, realistischer als real, wirkte wie das
Näherrücken der Alpen bei Föhn. Sie sahen den Vorplatz des St. Galler Sektors. Da
kam Francis, ohne seine Mütze, er blickte sich wachsam um, suchte und fand die Kamera,
blickte direkt in die Linse. Sein Gesicht wirkte kantig, erwachsen. Nächste Kamera.
Francis bewegte sich inmitten der Fans, doch jetzt entstand eine seltsame Unruhe.
Zwei der Fans direkt vor ihm waren unkenntlich, sozusagen vermummt. Ihre Gesichter
waren von Haaren zum Teil verdeckt, ihre Brillen spiegelten. Sie trugen sehr lose
Schals und Mützen der St. Galler. In der sich jetzt vorwärts und zurück stoßenden
Menge bewegten sich alle drei jetzt seitwärts, an sich das richtige Verhalten bei
aufkommender Panik. Jetzt hatten sie die Wand erreicht, hier schien die Menge nicht
ganz so gedrängt zu sein, die zwei bewegten sich hintereinander rascher vorwärts
als ihre Umgebung. Mit etwas Abstand folgte Francis, doch jetzt vergrößerte sich
der Abstand zwischen ihnen. Jetzt erreichten sie die Kurve.
Nächste
Kamera, da war schon die Schlägerei. Was sich hier abspielte, kam völlig überraschend.
Die Menschen gehörten alle zur selben Fangruppe, doch sie schlugen wütend mit den
Fäusten und teilweise mit kurzen Stöcken aufeinander ein. Andere Kamera. Eine Gruppe
von nicht als Fans gekleideten Zuschauern wurde von diesen Schlägern angegriffen.
Panik. Die Menschen versuchten, in alle Richtungen zu entkommen, doch sie liefen
an ein verschlossenes Gatter, das nach endlos scheinender Zeit von Sicherheitsleuten
geöffnet wurde.
Wo war Francis?
Er war doch größer als viele.
Bei den
folgenden Szenen suchte Pamela nur noch nach Francis. Er war nicht bei jenen, die
versuchten, das Gitter zu überklettern, und nicht bei den Nachfolgeschlägereien
innerhalb des Stadions. Sie erinnerte sich nur zu gut. Sie war auf ihrem Platz gesessen
und hatte davon außer einer unerklärlichen Angst nichts mitgekriegt. Francis war
auch nicht bei jenen, die verstört das Stadion verließen. Die meisten von ihnen
drückten auf ihrem Handy herum, doch niemand telefonierte.
Doch, hier
war er. Ganz allein ging er durch einen Korridor, guckte mit angespanntem Gesicht
in die Kamera, verschwand. Nach dem Band, auf dem Francis den beiden Vermummten
gefolgt war, waren diese Typen auf keinem der weiteren Bänder wieder aufgetaucht.
Dann kam
eine Sequenz aus der
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