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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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joggte
nicht, sondern ging beschwingt, sie wollte sich diese Anlage im Detail ansehen.
Die Gebäude des alten Patriziersitzes und die Gärtnerei bildeten heute die Stadtgärtnerei.
Es war offensichtlich eine ideale Lösung, mit Fahr- und Parkverbot, doch das Ganze
war eine öffentlich zugängliche Parkanlage. Noch immer ging sie, fühlte sich glücklich,
genoss es, hier sein zu dürfen. Es musste in der Topografie liegen, der Fußweg führte
in einem Bogen durch eine naturbelassene Wiese den weiten, weichen Hang hinunter
an die bewaldete Aare, kein Motorengeräusch, keine Menschen, so stellte sie sich
die webende Stille der Romantiker vor. Jetzt ging Pamela ganz beschwingt, lautlos,
lauschend. Es war immerhin die Elfenau.
    Cooper lief
schwanzwedelnd vorwärts und retour, blieb brav auf dem Weg, schnüffelte hier und
dort.
    An der Aare
angekommen entschied sie sich, auf dem Dammweg Aare aufwärts zu gehen. Stadteinwärts
wäre der Tierpark, nichts für Cooper. Die Aare führte grünes, reißendes, schäumendes
Hochwasser, die Schneeschmelze hatte eingesetzt, das war normal in dieser Jahreszeit,
der Föhn beschleunigte sie.
    Jetzt joggte
sie, Cooper, der anfänglich zurückgeblieben war, lief voraus.
    Sie genoss
alles, die Luft, den durch feine Frühlingsblätter gefilterten Sonnenschein, die
Bäume, Büsche, das Wasser, die vielen Wasservögel, Enten, Blässhühner, das Geraschel
im Ufergehölz, den wunderbar weichen Laufweg. Das Wasser brauste, sie joggte vor
sich hin, links schien ein Dorf zu liegen, sie joggte. Nur zweimal kreuzte sie einen
Radfahrer, sonst war keine Menschenseele außer ihr unterwegs. Sie war so nah bei
der Stadt, das war doch Erholungsgebiet. Schien denn keiner den Weg zu mögen? Bald
hatte sie die Erklärung, der zunehmende Lärm ließ sich nicht mehr ausblenden, Autolärm.
Die Autobahn musste relativ nah sein. Da vorn waren irgendwelche Gebäude, Schuppen,
ein Haus. Sie setzte sich auf einen großen Stein, kurze Pause. Bei den Häusern sah
sie ein paar Autos, Menschen. Sie überlegte, hier waren Sümpfe, Naturreservat. Dort
vorn schien ein großer Weiher künstlich angelegt zu sein, da war auch ein rechteckiges
Betonbecken; es mochte eine Fischzucht sein. Sie sah auf die Uhr. Knapp eine Stunde
war sie gelaufen. Sie fühlte ihren raschen Puls. Auf dem Rückweg würde sie streckenweise
gehen. Auf jeden Fall hätte Cooper heute genügend Bewegung gehabt.
     
    Den Rückweg nahm sie gelassen. Bern
war nicht die Stadt, die sie erwartet hatte. War es möglich, dass sie nach den Turbulenzen
im so weltabgeschiedenen Schlösschen einfach die Absicht gehabt hatte, die Sonne
zu genießen, dass sie sich von dem im Vergleich zu Zürich gelassenen Treiben der
Menschen auf dem Markt und in den Lauben, der behäbigen Ruhe und den heimeligen
Lauten ihrer Sprache hatte gängeln lassen? Es gab Menschen hier, die erlebten die
Stadt so.
    Warum ausgerechnet
sie nicht?
    Diese Josy
konnte einem ja eine Gänsehaut den Rücken hinunter jagen.
    Sie war
von Robert weggegangen, nicht zuletzt, weil sie keine in der Gegend verstreut liegenden
Leichen brauchte, kein ermordetes Spiegelbild, keinen väterlichen Freund und keinen
Elfenbeinturm eines Schlösschens. Ohne all dies fühlte sie sich ganz genauso gut.
Sie brauchte auch jetzt keine Stadt mit untergründigen Vibrationen, keine aus dem
Gleise geratenen Jugendlichen, keine bedrohte, im Sterben liegende Exfreundin und
ganz sicher keine Geheimnisse mächtiger Leute. Das Ganze musste ein Irrtum sein,
von Anfang an. Sie war eine durchschnittliche Frau, die Probleme der Welt würden
nicht durch sie gelöst werden. Das Leben konnte nicht sie meinen. Es konnte nicht
sein, dass sie etwas ins Rollen gebracht hätte, nur weil sie ein Fußballspiel besuchte.
    Sie korrigierte
sich, Bern war nicht eine Stadt wie jede andere Stadt, wo hatte sie nur den Verstand
gelassen? Bern war nur ganz vordergründig das durch seine schönen Frauen berühmte
Postkarten-Bern. Hinter der Fassade, dem regen Handel und Wandel, steckte nicht
bloß das fleißige Gewerbe und keine florierende Industrie mit tüchtigen Mitarbeitern
– wo hatte sie denn ihre Augen? Die Büro- und Verwaltungsgebäude, das waren nicht
Attrappen, das waren die Behältnisse der Vorgänge. Die Vorgänge hießen Verwalten
und Regieren. Bern war nicht nur Reichtum, hier wurde entschieden, es war das Zentrum
der politischen Macht. Macht hieß, und das wusste sie auch wieder seit ihrem Aufenthalt
auf dem Schlösschen, verdeckter Kampf

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