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Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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dann
zu Gewalt, um ein bisschen nachzuhelfen?«
    »Das möchtest
du jetzt gern von mir hören, und wenn es so wäre, würde ich es nicht ausgerechnet
dem Leiter der Inneren Sicherheit auf die Nase binden!«
    Die Vertrauensbasis
war futsch. Sie brauchte keine Nachhilfe, um zu wissen, dass der Austausch so hochbrisanter
Daten wie terrorverdächtiger Gedanken keinerlei Datenschutz genoss, dass unter dem
Vorwand der Terrorbekämpfung längst weltweite Datenabgleiche stattfanden, gegen
die Orwells Vorstellungen die eines Säuglings waren. War es möglich, dass er ab
und zu Alices Mails an sie las?
    »Piano,
piano, reg dich nicht gleich auf. Erinnere dich genau: Auf Schloss Silms wäre es
darum gegangen, ein brisantes Naziarchiv mit möglicherweise heute noch wichtigen
Daten zu beschlagnahmen. Es wurde ein Raub der Flammen, und die Daten sind weg.
Ich habe mich sorgfältig bewegt, du warst ja, höflich ausgedrückt, auf Distanz,
voreingenommen, paralysiert. Aber ich habe dich nie, in keinem Moment, hintergangen!«
Er blickte sie beschwörend an. Jetzt fuchtelte der heute so viel auf Formen gebende
Tizian wieder einmal mit beiden Händen, wurde lauter.
    »Ich habe
auch jetzt, das schwöre ich dir beim Leben meiner Kinder, keinerlei andere Absicht,
als einen wahrscheinlichen Terroranschlag auf ein bestimmtes Stadion, oder wo zur
Hölle auch immer, mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Geht
das irgendwie in deinen Kopf?« Als Pamela sich weiterhin nicht rührte, redete er
fast resigniert weiter. »Wie willst du einfach ausschließen, dass ein junger Mann
– und dieser Francis mit seiner Trainingsdisziplin und gerade auch mit seinem Schweigen
scheint alles andere als ein Weichei zu sein, nur weil du im gleichen Haushalt wohnst,
den du seit knapp einem Monat kennst – nicht ein ausgekochter Terrorist sein kann?
Oder ein Verzweiflungstäter? Vielleicht hat ihn der Tod seines Vaters innerlich
orientierungslos gemacht. In einem desorientierten Zustand könnte er unter Hypnose
genommen, manipuliert werden. Vergiss den wirklichen Punkt nicht, der ihn verdächtig
macht, er streicht um das Stadion herum. Bitte, hör mir zu: Wenn du ein bisschen
objektiv bist, dann siehst du, dass es nicht ganz so abwegig ist.«
    Pamela war
aufmerksam, was nahm sie wahr? Wie weit ging Tizians Ehrlichkeit diesmal? Sie kam
zum Schluss: Heute war er ehrlich, er brauchte keine fiesen Tricks. Ihr Misstrauen
war nicht berechtigt.
    Tizian war
einer, der von der Gefahr des Terrorismus überzeugt war, der auf Fakten baute, dessen
Aufgabe es war, Menschenleben vor Gewalt zu schützen, Anschläge zu verhindern. Sie
kannte die weiterführende Argumentation: Andernfalls müsste es zu Notgesetzen kommen.
Sie nahm ihm das ab. Möglicherweise war er sich sogar der Gefahr bewusst, was Antiterrormaßnahmen
für eine freie Demokratie bedeuteten.
    Es war,
als dächte er parallel. »Bist du dir bewusst, was ein Anschlag in einem voll besetzten
Stadion bedeutet, wenn wir von einer Bombe ausgehen? Genau das müssen wir wegen
des Zündmechanismus, der irgendwohin in den Raum Bern gelangt ist. Wir können nicht
ausschließen, dass er für diesen Raum bestimmt ist. Wir wurden gewarnt, dass genau
jetzt eine virale Biomasse in Richtung Schweiz unterwegs sei. Wenn beides zusammengebracht
und in einem Stadion eingesetzt würde, müsste nicht mit Hunderten, sondern mit Tausenden
von Opfern gerechnet werden. So etwas tun Fanatiker. Bei ihnen und ihren Anhängern
wirkt so ein Massaker als Triumph. Da darf ich nichts ausschließen, auch die Möglichkeit
Francis nicht.«
    Pamela schüttelte
den Kopf: »Und wenn er dir und deinen Leuten genau als das präsentiert würde, auf
dem Servierteller, ist so etwas nicht auch denkbar?«
    Tizian schaute
überrascht und nachdenklich. »Dann müsste jemand sehr clever sein.« Er schüttelte
ungeduldig den Kopf. »Vielleicht liegen die Fakten wirklich zu glatt da, wie du
sagst, auf dem Servierteller. Als würde man mich kennen.«
     
    Sie ging nicht direkt nach Hause.
Sie ging die Straße hinunter, dann war es ein Katzensprung zur katholischen Kirche.
Sie ging die Treppe hinunter in die Krypta, zündete eine Kerze an, setzte sich in
eine Bank, dachte nach. War es möglich, er wüsste nicht, wie sehr das Wissen vom
menschlichen Bewusstsein heute alle Grenzen sprengte. Dass es nicht mehr nur die
Geheimdienste waren, die es für ihre Zwecke missbrauchten, nicht nur die Militärs,
die es ebenso und immer verrückter in ihre

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