Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
Schwimmwesten an und gingen gleichfalls in den See.
Pamela war überrascht, man fühlte das Wasser nicht auf der Haut, ein leichter gleichmäßiger
Druck, der aber vom Auftrieb glatt ausgeglichen wurde. Nils gab Anleitung, schob
jetzt einen Schwimmring, begann damit zu schwimmen. Sie tat alles genau nach seinen
Anweisungen. Es funktionierte, Cooper war total auf sie und den Ring konzentriert,
dann schob er ihn schwimmend vor sich her, immer mit ihr, bis zum Ufer zurück.
Mit einem
Mal fühlte sich Pamela von Nils beobachtet, also doch Anziehung oder was? Doch es
war mehr als beobachtet, sie kriegte es mit der Angst zu tun, wie weit war das Auto,
die Badeanstalt, wo waren hier die anderen Menschen? Sein Blick hatte etwas Tödliches.
Übertrieb sie jetzt? Sie hatte Angst.
Sie dachte
an Merlin. Die Katze würde vor einem Hund keine einzige schnelle Bewegung machen,
kein Beuteverhalten zeigen. Sie würde sich, sich zusätzlich dehnend, ganz gelassen
aus seiner Reichweite wegbewegen. Tun, als wenn nichts wäre. Also beschäftigte sie
sich ausschließlich mit dem tropfnassen Cooper. Hier an Land war wieder sie sein
alleiniger Chef. Sie übte Sitz mit ihm, Lauf und Wenden und Hier und Platz und Lauf
und Wart. Wohlweislich nahm sie Schwimmweste und Reif gleich mit. Die Distanz wurde
größer mit Lauf und Wart und Rennen bei Fuß, sie war jetzt schon in der richtigen
Richtung unterwegs.
Außer Atem
und erschöpft erreichte sie den Parkplatz, sah sich erst jetzt um. Nils war noch
weit weg. Zuerst klemmte der verflixte Reißverschluss, doch dann ging es. Pamela
war umgezogen, Cooper schon getrocknet und warm gerubbelt und wieder im Auto verstaut,
als Nils mit Darko auf dem Parkplatz eintraf. Jetzt telefonierte sie schon, Lucius
war dran, die Verbindung zur Welt war wieder da.
»Man könnte
meinen, du läufst davon!« Lag da Spott darin, Zynismus mit dem Inhalt: typisch Frau,
spielt mit dem Feuer und rennt davon? »Dein Cooper hat eine gute Nase, das haben
wir ja im Kurs gesehen. Er ist zwar ein Pudel und dazu noch hell, aber der könnte
ein guter Gebrauchshund sein. Leider bist du nicht bei der Polizei.«
Pamela saß
bei geöffneter Autotür seitwärts auf ihrem Führersitz. Sollte das jetzt ein Kompliment
sein? »Dein Darko ist gedrillt und offensichtlich so, wie du einen Polizeihund beschreibst,
und doch ist er keiner.«
»Doch, natürlich
ist er einer, letztes Jahr doppelter Mannschaftssieg und Auszeichnung als Drogenhund.
Aber er ist nicht mein Hund. Ich arbeite im Augenblick mit ihm, stabilisiere ihn.«
Schaute Nils jetzt absichtlich beiläufig oder lag eine Provokation darin?
Ganz deutlich
hatte Pamela seine Auskunft, er arbeite auf dem Verkehrsamt, im Ohr. Sie hatte ihn
als Beamten, nicht als Polizisten klassiert. Jetzt fiel der Groschen: »Dein Amt
ist die Polizei! Verkehrsamt sagtest du doch.«
»Sag nicht,
du hättest mich für einen Straßenplaner gehalten!«
Da war Triumph
darin oder etwas anderes? Ein Auftrumpfen, als hätte er ihr gezeigt, wer der Meister
ist.
Jetzt hatte sie Hunger. Offensichtlich
hatte sie ihn viel zu sehr als Mann zur Kenntnis genommen, das musste an irgendwelchen
hormonellen Schüben liegen, sie würde heute noch Robert anrufen. Wie sehr sie seine
heile Welt der Bibliothek, des Kaminfeuers, das gute, auf den Tisch gezauberte Essen
vermisste.
Hinter Nils
Auto fuhr sie zu einem nahen Landgasthof. Wie vom Blitz getroffen bemerkte sie im
Vorbeifahren die Abzweigung nach Hofwil, dem Musterbetrieb aus der Zeit der Aufklärung
und des 19. Jahrhunderts, das war die frühere Lehrerbildungsanstalt. Da war sie
nun erstmals so nah an Hofwil und ging mit einem undurchsichtigen Typen in eine
Wirtschaft, um Bratwurst mit Zwiebeln und Rösti zu essen, weil sie auf beides Lust
hatte. Nein, Nils hätte keine Ahnung von der kulturellen Bedeutung von Hofwil, so
etwas war aus dem Kollektivbewusstsein verschwunden. Da war es einmal um die Grundlagen
einer gerechten Gesellschaft gegangen, um die Erziehung des Volkes. Das war das
Bern, das Pamela meinte, Fellenberg und Pestalozzi, der Fürsten- und der Volkserzieher.
Das war das, was Alice geprägt, was diese an sie weitergegeben hatte. Es versank
in Vergessen, war ein Abendschimmern eines Traums, sein Erlöschen. Sie wollte nicht
vergessen, es Alice zu sagen, dass sie so nah bei Hofwil gewesen war.
Was wollte Nils von ihr? Er arbeite
bei der Drogenfahndung, Darko sei ein unbezahlbar guter Drogenhund. Der Kollege,
dem er gehöre, falle für
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