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Folge dem weißen Kaninchen

Folge dem weißen Kaninchen

Titel: Folge dem weißen Kaninchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Hübl
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wäre, die jeweils einzelne Nervenzellen darstellten, würde sich an der Situation nichts ändern. Es entstünde nicht plötzlich ein kollektives Gesamtbewusstsein.
    Searle will nicht bestreiten, dass man einen Roboter bauen kann, der Bewusstsein hat, schließlich sind wir Menschen biologisch gesehen auch komplexe Maschinen, nur eben aus Kohlenstoffverbindungen. Doch die reine Symbolmanipulation in der Sprache von Nullen und Einsen, die Berechnung eines Computers, der nur über die formalen Eigenschaften definiert sei, bilde den falschen Ansatz. Nur Menschen, die schon Bewusstsein haben, könnten überhaupt etwas «berechnen». Unsere PCs seien nur im übertragenen Sinne Rechner, weil wir ihre Operationen als Berechnungen
interpretieren
. Das gilt übrigens auch für sogenannte parallel arbeitende
neuronale Netze
, also künstliche Hardwarestrukturen, die auf den ersten Blick dem menschlichen Hirn mehr ähneln als PCs: In unserem Kopf gibt es ja nichts, was einem Intelchip entspricht. Auch diese neuronalen Netze unterscheiden sich im Prinzip nicht von herkömmlichen Computern.
    Searle stellt also einfach fest, dass es bei Bewusstsein auf die richtige Grundlage ankommt, nämlich unser Gehirn. Was unser Gehirn so besonders macht, ist damit noch nicht gesagt. Damit sind wir wieder beim Ausgangspunkt angelangt. Bewusstsein ist also weiterhin ein Rätsel. Und selbst wenn es nie jemand löst, bleibt uns immerhin das Staunen, wie wunderlich das Universum und wie phänomenal unser eigener Geist doch ist.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 9 Berühren Die Entdeckung des Körpers
    Jetzt sind Sie dran. Halten Sie das Buch so, dass Sie beim Lesen mit der freien Hand Ihren Körper erkunden können. Machen Sie es sich bequem. Sie sollten dabei alleine sein. In der U-Bahn oder im Café könnten Ihnen die Leute sonst verwunderte Blicke zuwerfen. Hier ist die erste Übung: Versuchen Sie, sich selbst zu kitzeln. Wählen Sie eine empfindliche Stelle, zum Beispiel am Rippenbogen unter den Achseln. Finden Sie den Punkt? Keine Sorge, wenn es nicht klappt: Nur Schizophrene können sich selbst kitzeln, also Patienten, die vor allem an Wahnvorstellungen und akustischen Halluzinationen leiden.
    Das sagen jedenfalls die englischen Neurowissenschaftler Sarah-Jayne Blakemore, Daniel Wolpert und Chris Frith. Sie vermuten, dass die Unfähigkeit, sich selbst zu kitzeln, etwas über unser Körperbild und unsere Bewegungssteuerung verrät. Blakemore und Kollegen vertreten folgende Hypothese: Wenn gesunde Menschen zum Beispiel nach einem Glas greifen, sendet das Hirn einen Bewegungsbefehl über die Nerven an die Muskeln. Eine Kopie dieses Befehls landet in einem Zwischenspeicher. Passt die sensorische Rückmeldung der Bewegung nicht dazu, wird unsere Aufmerksamkeit darauf gelenkt: Wir merken, dass wir danebengelangt haben, wundern uns vielleicht und korrigieren dann den Handgriff. Den Forschern zufolge passiert das den ganzen Tag, ohne dass wir davon etwas mitbekommen. Je besser Bewegungsbefehl und Bewegung einander entsprechen, desto schwächer falle auch der sensorische Effekt aus. Umgekehrt sei es daher überraschender, aufregender und vor allem kitzeliger, von jemand anders berührt zu werden. Bei Schizophrenen fehle allerdings eine Zwischenspeicherung, sodass sie ihre eigenen Bewegungen als fremd wahrnehmen. Wenn Schizophrene sich anfassen, sei es also fast so, als würde ein Fremder sie berühren. Daher können sie sich selbst kitzeln.
    Auch gesunde Menschen kann ein Gefühl der Entfremdung packen. Die nächste Übung sollten Sie daher nicht spätabends ausführen und auch am besten nicht alleine: Gehen Sie mit dem Gesicht ganz nahe vor einen Spiegel, und schauen Sie sich in die Augen. Blicken Sie nun abwechselnd auf das rechte und linke Auge ihres Spiegelbilds. Variieren Sie die Geschwindigkeit. Sobald Sie den richtigen Rhythmus gefunden haben, wird es so scheinen, als blicke Ihr Spiegelbild reglos geradeaus, während Sie die Augen bewegen. Obwohl Sie wissen, dass es sich um Sie selbst handelt, wirkt es, als würde Sie jemand Fremdes aus dem Spiegel heraus anstarren. Dieser Versuch funktioniert nicht immer und nicht bei jedem. Aber wenn er klappt, bekommt man Herzklopfen und feuchte Hände. Ich habe diese Situation bisher nie länger als eine Minute ausgehalten, auch wenn ich mir immer wieder gesagt habe, dass ich es bin, der mich anschaut. Einige Bekannte konnten nach einem Selbstversuch sogar die ganze Nacht nicht schlafen.
    Die Situation

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