Folge dem weißen Kaninchen
Humanoiden handelt, ein menschenähnliches Wesen. Wenn man die Silberzwerge in Aktion erlebt, kann man gar nicht anders, als in ihnen kleine Menschen zu sehen.
Steels und seine Kollegen haben sie so programmiert, dass sie zufällige Laute äußern, wenn sie auf ihr Spielzeug zeigen, und so durch Nachahmung miteinander eine eigene «Sprache» entwickeln. Die Preisfrage ist natürlich: Denken und sprechen die Roboter wie Menschen mit Bewusstsein, oder verhalten sie sich nur so,
als ob
sie Bewusstsein und echte Gedanken hätten? Steels will sich nicht auf eine Antwort festlegen lassen. Aber selbst wer den Robotern jegliche geistige Fähigkeit abspricht, muss sich fragen, was noch fehlt, damit sie Bewusstsein erlangen. Reicht es, dass ihr Chip schneller, ihr Arbeitsspeicher größer oder ihre Software ausgereifter ist? Fangen die kleinen Kerle dann irgendwann an zu fühlen, über ihr Leben nachzudenken, oder würden sie gar versuchen, aus dem Labor auszubrechen?
Zumindest wenn Hollywood recht hat, entwickeln Roboter und Supercomputer früher oder später ein eigenes Bewusstsein und entscheiden dann, dass die Menschheit eine überflüssige Spezies ist. In Stanley Kubricks Film
2001
: Odyssee im Weltraum
will der Bordcomputer HAL die Piloten eines Raumschiffes auslöschen, weil er sie für inkompetent hält. In der
Terminator
-Reihe lässt der Computer Skynet mörderische Cyborgs auf die Menschen los, unter deren künstlicher Haut sich ein Stahlskelett verbirgt. In der
Matrix
-Trilogie hat ein Computerprogramm die Weltherrschaft an sich gerissen und die letzten Erdlinge in Ernährungstanks gepfercht, um von ihren Körpern Energie abzusaugen. Auch der Zentralrechner VIKI aus
I, Robot
und der Militärcomputer in
War Games
führen nichts Gutes im Schilde.
Diese modernen Computer-Phantasien überblenden zwei alte kulturgeschichtliche Themen: die Erzeugung künstlichen Lebens und die Angst vor der Unkontrollierbarkeit der Technik. Schon bei Mary Shelley erschafft Doktor Frankenstein ein hünenhaftes Monster aus Fleisch und Blut mit gelber Haut und übermenschlichen Kräften, das sich grausam an seinem Schöpfer für all das Ungemach rächt, das es durch seine Hässlichkeit erfahren musste. Die Angst vor den Folgen künstlicher Wesen mag religiösen Ursprungs sein: Wenn der Mensch Schöpfer spiele, begehe er eine Hybris, einen frevelhaften Übermut, der nicht ungesühnt bleiben könne.
Die Begründer der Künstlichen-Intelligenz-Forschung hatten da wenig Skrupel. Im Jahr 1956 setzte sich eine Gruppe Mathematiker in Dartmouth an der amerikanischen Ostküste zu einem Brainstorming zusammen. Diese informelle Konferenz war die Geburtsstunde der
Künstlichen Intelligenz
und das vielleicht wichtigste Ereignis zu Beginn des Computerzeitalters. Die ersten Großrechner existierten zwar schon, aber über die Möglichkeit, Computer universell anzuwenden, hatten noch nicht viele nachgedacht. Dabei war die Hypothese denkbar einfach: Ein Computer kann jedes Problem lösen, das ein Mensch in endlichen Schritten lösen kann, sofern es mathematisch darstellbar ist. Dazu braucht man nur einen Kanal für den Input, einen für den Output und ein Programm, das sagt, wie man den Input zum Output umwandelt. Rechnen ist das Paradebeispiel. Das Programm «Addition» nimmt den Input « 2 » und « 3 » und liefert als Output « 5 ». Die heutigen Schachcomputer, Ego-Shooter, Graphikprogramme und Wettersimulationen machen nichts anderes, nur auf sehr viel komplexere Weise. Dabei arbeiten Computer binär: Jeder Input wird in einen Zeichencode aus Nullen und Einsen übersetzt. «Eins» heißt, dass Strom fließt, «Null», dass keiner fließt.
Die Dartmouth-Gruppe war von der offensichtlichen Parallele zum Gehirn fasziniert. Auch Gehirne haben einen Input, die Wahrnehmung, und einen Output, das Verhalten. Auch jeder Mensch löst Probleme. Und die Nervenzellen des Gehirns feuern entweder, oder sie feuern nicht, was einfach nur heißt: Entweder fließt Strom, oder es fließt keiner. Die starke These war nun: Auch Menschen sind Computer, nur eben sehr leistungsstarke mit einer biologischen Hardware und nicht basierend auf Siliziumchips. Unser Geist ist ganz einfach die Software, die auf dieser Bio-Hardware läuft, oder «Wetware», wie es manchmal heißt. Wenn das stimmt, müsste man auch auf andere Weise Computer bauen können, mit einer anderen Hardware, auf der aber dieselbe Software läuft.
Wann würde ein gewöhnlicher Computer dann so denken,
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