Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
hatte sich ihm verbunden gefühlt und wollte ihn freigeben, aber in dem Augenblick, wo ihr klar wurde, dass er dann sofort gehen und nie wieder zurückkommen würde, fühlte es sich anders an. In der Küche hatte sie entschieden, ihm den Schlüssel zum Fahrradschuppen zu geben, um ihn abzulenken. Der Nachteil war, dass er sich jetzt über sie ärgerte und es würde bestimmt lange dauern, bis sie ihn wieder so weit hatte, dass er sie küssen wollte. Aber der Preis war nicht zu hoch. Sie konnte ihn zahlen.
Daniela beugte sich zu ihm herab und küsste ihn auf den Mund. Es war nicht ganz so schön wie vorher, als er noch wach war und auf sie reagierte. Aber er blieb bei ihr und sie hatte ihn. Sie hatte ihn.
13
Seit sechs Uhr morgens saß Patricia wieder an ihrem Schreibtisch. Obwohl Sonntag war hatte sie bei der Polizei angerufen. Es gab nichts Neues.
Nach dieser Ernüchterung fuhr sie mit ihren eigenen Recherchen fort. Sie kam mit den Listen nicht weiter. Irgendwas fehlte. Sie übersah etwas oder sie war auf dem ganz falschen Weg. Patricia schob die Papiere von sich und streckte sich. Sie brauchte eine Pause. Morgen ging der Dreh wieder los und was wäre, wenn Kiran morgen auf der Matte stünde?
Und was, wenn nicht …
Sie war keine Detektivin. Sie konnte nur die direkt greifbaren Leute aufspüren. Wenn Kiran die Frau weit ab des Sets kennengelernt hatte, dann gab es kaum Chancen, ihre Identität herauszufinden. Genau genommen, gab es keine Chance. Selbst wenn sie etwas herausfand … die Frau konnte überall sein. Und was tat sie mit Kiran, dass er sich nicht melden konnte?
Vielleicht gar nichts. Kein Handy-Empfang … nein. Sie musste aufhören. Die Polizei würde nach Kiran suchen. Das war ihre Aufgabe. Sie selbst wurde morgen am Set erwartet und konnte es sich nicht leisten, ganze Tage mit einer sinnlosen Suche zu vergeuden. Patricia stand auf und ging in die Küche, um sich ein frühes Mittagessen zuzubereiten. Sie machte sich einen kleinen Salat und ging dann zu ihrem Fernseher, um sich abzulenken.
Daniela befestigte das Schloss wieder an dem Kettenglied und überprüfte den Sitz. Es war jedes Mal ein schweres Stück Arbeit, Kiran aufs Bett zu schaffen, aber jetzt war es erledigt. Ein bisschen fürchtete sie sich vor seiner Reaktion, wenn er zu sich kam. Bestimmt war er wütend auf sie und hatte schlechte Laune, wenn er zu sich kam. Das konnte sie ihm nicht verdenken, aber sie würde es aushalten, wenn er ein wenig ausfallend wurde. Sie schaute auf die Uhr. Die zehn Minuten waren um. Trotzdem lag Kiran noch in der Narkose und regte sich nicht. Leider hatte sie den Namen der Droge vergessen, aber er hatte sie an Cornflakes denken lassen. Sie kam einfach nicht mehr auf die genaue Bezeichnung, sonst hätte sie im Internet recherchieren können, wie das Zeug wirkte.
Wichtig war, dass er atmete. Und das tat er. Er sah etwas blass aus und seine Wangen wirkten leicht eingefallen, weil er nichts aß. Wenn er wieder bei Bewusstsein war, musste sie ein ernstes Wort mit ihm reden. Diese ständige Verweigerung konnte sie auf Dauer nicht hinnehmen. Aber jetzt wartete sie erst mal, was als Nächstes passieren würde.
Fünf Minuten später regte Kiran sich kaum merklich und stöhnte leise. Daniela strich ihm über die Stirn und er öffnete die Augen ein wenig. Er sah sie teilnahmslos an, erkannte sie wohl nicht und dann lief ein Zittern durch seinen Körper. Er wimmerte und drehte den Kopf, dann lag er wieder still.
„Ist ja schon gut“, flüsterte Daniela. Wieder zitterte er und gab das wimmernde Geräusch von sich. Daniela hielt seine Hand und wartete, dass es besser wurde mit ihm. Aber es wurde nicht besser.
Kiran begann, sich hin und her zu drehen, dabei stöhnte er und manchmal hob er die Arme, wie, um jemanden abzuwehren. Langsam machte sich Daniela ernsthafte Sorgen. Er war so ganz anders als nach den K.O.-Tropfen. Sie überlegte, ob sie noch mal recherchieren sollte und dann fiel ihr eventuell der Name des Mittels wieder ein. Sie ließ Kiran auf dem Bett liegen und ging zur Tür. In dem Moment bäumte er sich auf und schrie. Sie fuhr erschrocken zusammen, aber dann sah sie, dass er schon wieder in die Kissen zurücksank.
Was war nur mit ihm los? Hoffentlich nichts Schlimmes. Einen Arzt konnte sie schließlich nicht holen.
Sie ging in die Küche und klappte ihr Notebook auf.
Er schwebte. Vor seinen Augen tanzten tausend Farben und Kiran fühlte keinen Grund unter sich. Wo war er? Er hatte
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