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Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Follower - Die Geschichte einer Stalkerin

Titel: Follower - Die Geschichte einer Stalkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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einem metallischen Klicken sprang das Schloss auf und die Kette löste sich wie von selbst von seinem Arm. Dann öffnete sie auch die Fessel an seinem anderen Handgelenk. Sie lächelte ihn schüchtern an, während Kiran noch ungläubig auf seine Hände schaute. Dann schlang sie ihre Arme um ihn und drückte ihn an sich.
    „Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen, was ich gemacht habe. Das ging nicht gegen dich.“ Ihre Lippen suchten schon wieder seine und Kiran ließ auch diesen Kuss über sich ergehen. In wenigen Minuten war er hier heraus. Zwar war er stärker als sie, aber er hungerte seit Tagen, hatte zu wenig getrunken und war von den Drogen zusätzlich geschwächt. Wenn er kampflos das Haus verlassen konnte, war das die sicherste Variante. Er schob sie behutsam von sich und stand auf. Sie hob den Kopf und jetzt, wo sie direkt vor ihm stand, ging sie ihm nur bis zur Brust.
    „Hier“, sagte sie und lief zu dem Kleiderstapel, den sie für ihn organisiert hatte. „Zieh dir doch was an.“ Sie nahm ein T-Shirt und reichte es ihm.
    „Gute Idee“, sagte er. „Ganz schön frisch hier drin.“ Er nahm das Hemd und zog es über. Das Gefühl, sich frei zu bewegen, war noch ungewohnt. Als ob er viel länger als drei Tage hier gewesen wäre. Kiran verließ das Schlafzimmer und ging in den Flur. Es kam ihm vor wie eine andere Welt. Dieses dunkle Zimmer einfach verlassen zu können …  er konnte es kaum glauben. Er war frei.
    Die Hütte hatte zwei Türen nach draußen. Eine in der Küche und eine am Ende des Flurs. Er ging zu der Tür, aber natürlich war sie verschlossen.
    „Deine Schuhe“, sagte Daniela. Er drehte sich um. Sie stand im Gang vor ihm und hielt ihm die Schuhe hin.
    „Danke“, sagte er und nahm sie ihr ab. „Ich brauche den Haustürschlüssel.“
    „Ich hole ihn“, sagte Daniela.
    Ich hol dann mal meine Tasche und die Autoschlüssel … ruhig, du bist gleich draußen.
    Schnell streifte er die Schuhe über und sah dann wieder den Flur entlang. Wenn sie nicht gleich mit den Schlüsseln zurückkam, würde er es riskieren und es auf einen Kampf ankommen lassen. Er konnte ein Fenster öffnen oder einschlagen und entkommen. Seine Geduld und seine Nerven waren am Ende.
    Es dauerte eine Weile, aber dann kam ihm Daniela mit einem Schlüssel in der Hand entgegen.
    „Jetzt gehst du, nicht wahr?“ Sie reichte ihm den Schlüssel.
    „Ja, ich denke schon“, sagte er.
    War echt schön bei dir. Wir sehen uns dann!
    Er griff nach der Türklinke und schob den Schlüssel ins Schloss. Aber nur zur Hälfte, dann klemmte das blöde Ding. Kiran versuchte es noch mal und spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    Komm schon.
    „Ich glaube, der klemmt“, sagte er möglichst leichthin. Er warf ihr einen Blick zu. Daniela stand da und ihre Lippen bildeten einen schmalen Strich. Es gefiel ihr nicht, dass er fort wollte.
    „Tut mir leid“, sagte sie. Kiran spürte ein warnendes Kribbeln im Nacken. Er sah sie als Schatten herankommen und dann fuhr ein Schmerz in seinen Oberschenkel. Er schrie auf und warf sich herum. Die Spritze ragte aus seiner Trainingshose. Sie steckte in seinem Bein und der Kolben war bis zum Anschlag herunter gedrückt. Daniela beobachtete ihn mit großen Augen.
    „Du Miststück“, stöhnte er und brach in die Knie. Seine Sinne verwirrten sich. Daniela kniete sich neben ihn und fing ihn auf, als er auf den Boden sank. Sie hielt ihn im Arm, während Kiran versuchte, sie wegzustoßen, aber seine Arme gehorchten ihm kaum noch.
    „Ich konnte das nicht“, sagte sie. „Ich kann dich noch nicht hergeben. Tut mir so leid.“
     
    Daniela hielt Kiran im Arm. Er blinzelte zu ihr hoch. Gleich würde er bewusstlos sein und dann hatte sie zehn Minuten, um ihn wieder ins Schlafzimmer zu schaffen. Länger hielt die Narkose nicht an. Das hatte ihr der Junge erklärt, der ihr das ganze Zeug verkaufte. Das Gute daran war, dass es sehr schnell ging. Sie hatte sich die Spritzen für einen Notfall wie diesen hier besorgt. Direkt in die Ader injiziert, konnte man innerhalb von fünf Sekunden bewusstlos werden, aber das bekam sie nicht hin, weil er dazu stillhalten musste und sie war keine Krankenschwester. Im Muskel dauerte es um die zwei Minuten. Sie fühlte, wie Kirans Körper in ihren Armen schlaff wurde. Er tat ihr schrecklich leid, denn er hatte sich auf die Freiheit gefreut, aber sie brachte es einfach nicht über sich, ihn gehen zu lassen. Es war nur dieser Moment gewesen, direkt nach dem Kuss. Sie

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