Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
jetzt neue Papiere, aber das Geld war ihr ausgegangen. Sie musste Arbeit finden und die hatte sie jetzt. Daniela fand, dass sie alles sehr gut gemeistert hatte.
Und ihre Mutter tat ihr auch nicht mehr leid. Sicher, die Schande war groß, aber das hatten diese Dorfpratzen nicht anders verdient. Wenigstens gab es jetzt einen Grund zum Lästern.
Daniela zog ihr Kopftuch fest. Kiran stand wohl auf diesen Look, was sie nicht hatte ahnen können.
Leider musste sie sich erst mal von ihm fern halten. Aber er spielte ja in der Serie weiter und heute würden sie die Folge senden, in der sie selbst am Set gewesen war. Die musste sie unbedingt sehen. Um Verena Gint machte sie sich keine allzu großen Sorgen mehr, weil sie rauchte wie ein Schlot und Kiran das nicht ausstehen konnte. Sie fühlte, wie eine Ahnung, dass noch nicht alles vorbei war. Zwischen ihnen bestand noch ein unsichtbares Band. Kiran dachte an sie, das war klar. Wie hätte er sie auch vergessen können? In ihren Tagträumen stellte Daniela sich jetzt andere Dinge vor als früher. Ihr Setauftritt war keine lohnende Phantasiereise mehr. Jetzt kamen andere Bilder in ihr hoch. Kiran, der sie vermisste. Kiran, der unruhig war und überlegte, wohin Daniela wohl verschwunden war. Und dann ihr plötzliches Auftauchen an seiner Wohnungstür. Er öffnete und sie stand da. Patricia zum Verwechseln ähnlich. Das Erschrecken in seinem Gesicht, die leichte Unsicherheit. Dann trat sie einfach vor und nahm ihn in den Arm. Erst zitterte er in ihrer Umarmung, aber Daniela sprach beruhigend auf ihn ein. Und dann gab er nach und ließ sich von ihr halten.
Ich hab dich vermisst, Kiran.
Ja … wenn ich ehrlich bin, ich dich auch. Etwas verbindet uns.
Ich weiß auch nicht, was es ist, aber ich fühle wie du …
Daniela seufzte wohlig. Seinen Kuss rief sie sich immer wieder in Erinnerung als schönste Erfahrung ihres Lebens. Sie war ziemlich sauer auf Patricia, denn es war ihre Schuld, dass es nie zu einem weiteren Kuss dieser Art gekommen war.
Daniela machte sich noch ein wenig frisch, zog sich um und dann ging sie hinunter ins Erdgeschoss, wo Martina schon den Tisch gedeckt hatte. Sie aßen zu Abend und Daniela sah zum ersten Mal die anderen zwei Praktikantinnen. Jean, die eher unauffällig wirkte und wenig sprach und die blonde Sunny, die sich auf ihren Spitznamen eine Menge einbildete. Das bemerkte Daniela sofort. Außerdem flirtete Sunny mit Robert während des Essens, in einer – in Danielas Augen – schon schamlosen Manier. Robert sah gut aus mit seinem sonnengebleichten, blonden Haar und den braunen Augen. Er hatte ein hübsches Gesicht mit feinen Zügen und seine ganze Haltung strahlte souveräne Gelassenheit aus. Als er Daniela den Brotkorb reichte, sah sie seine gebräunten Unterarme. Sein weißes Hemd hatte er bis zum Ellbogen hochgekrempelt. Sunny lächelte, als er ihr ebenfalls den Brotkorb entgegenhielt und streifte seine Haut, als sie sich eine Scheibe helles Brot nahm. Robert ignorierte diese Grenzüberschreitung und fragte Daniela stattdessen, woher sie käme und wie sie auf den Hof aufmerksam geworden war.
Daniela erzählte eine vorher gut durchdachte, erfundene Geschichte und Sunny lächelte säuerlich dazu.
Später, in ihrem Zimmer, klappte Daniela aufgeregt ihr Notebook auf und ging online. Sie hatte sich innerlich gewappnet für die heutige Folge von „Berlin im Herzen“. Es würde nicht einfach werden, das durchzustehen. Aber sie wusste auch, wie sie damit umgehen musste. Alex küsste Krissi und vielleicht wurden sie später ein Paar, aber erstens würde es nicht für ewig sein, und zweitens wollte Kiran nichts mit Verena privat zu tun haben. Daniela wurde wieder rot, während sie sich daran ergötzte, dass sie selbst womöglich die Einzige war, die Kiran in den letzten zwei Jahren geküsst hatte. Sie. Daniela. Es war unglaublich. Niemals hätte sie das vorher vermutet, dass sie für Kiran in irgendeiner Kategorie die Einzige sein könnte. Sie wusste, wie sich seine Lippen anfühlten und wie es war, über seine Haut zu streichen. Wer konnte das schon von sich behaupten? Ihre Hände hatten ihn beruhigt, seine Angst vertrieben und ihn entspannt einschlafen lassen. Sie vermisste das ganz schrecklich. Abgesehen von den Zwischenfällen, war es eine schöne Zeit mit ihm gewesen.
Der Vorspann lief und Daniela setzte sich kerzengerade hin, die Augen fest auf den Bildschirm gerichtet. Sie wollte keine Sekunde versäumen. Die ersten Szenen kannte sie
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