Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
verführen ließ, wehrlos gegen ihre heimtückischen Machenschaften. Er durchschaute ihre teuflischen weiblichen Tricks einfach nicht. Genau wie Alex bei Emilia. Daniela hatte lange gebraucht, bis sie selbst daran glaubte, dass Patricia gelogen hatte.
Auf ihrer Flucht hatte sie das Forum ein wenig vernachlässigt, aber ab und zu schaute sie in einem Internetcafe noch hinein. Anfangs gab es natürlich endlose Debatten und Beschimpfungen auf Daniela Kranz. Jeder kannte jetzt ihren Namen. Und sie bedauerten Kiran, wünschten ihm alles Gute und den ganzen blödsinnigen Kram. Zuerst hatte sich Daniela darüber aufgeregt, aber bald machte sich ein Gefühl der Befriedigung in ihr breit, als sie zwischen den Zeilen zu lesen begann. Die User beneideten sie, denn sie wussten, dass Daniela Kiran bei sich gehabt hatte. Sie hatte ihn gehabt.
Und das konnte ihr niemand nehmen. Da konnten sie schimpfen, so viel sie wollten. Ja, sie waren neidisch, auf eine perverse Art waren sie es. Diese Heuchler. Keiner von denen war in Wirklichkeit einen Deut besser als sie selbst. Sobald sie die Gelegenheit hatte, würde sie online die BIH-Folgen nachschauen, die sie verpasst hatte. Sie war aufgeregt, denn sie würde Kiran dann wiedersehen. Bestimmt war er jetzt schon wieder am Set und drehte. Und das war gut so.
Sie hätte sich und ihn töten können, aber so war es besser. Daniela war froh, dass sie es nicht hatte tun müssen. So konnte Alexander Garbach weiterleben und sie konnte ihn sehen. Wie sie weiter verfahren wollte, wusste sie noch nicht. Wenn sie Kontakt mit ihm aufnahm, verriet sie womöglich ihren Aufenthaltsort. Sie war sich sicher, dass Kiran sie nicht angezeigt hatte. Das hatte er versprochen. Es war nur die Polizei, die sie trotzdem suchte.
Der Zug fuhr in den Bahnhof ein und Daniela ging mit vornehmen Trippelschritten in ihren eleganten Pumps den Bahnsteig entlang. Jetzt konnte sie endlich ihre schauspielerischen Fähigkeiten sinnvoll einsetzen. Sie konnte sich bewegen wie eine Dame, wenn sie wollte. Eine platinblonde Diva, nach der man sich umdrehte. Auffallen, um nicht aufzufallen. Das war ihre Strategie.
Kiran saß in seinem Set-Wohnwagen am Fenster und starrte hinaus.
„Darf ich?“, fragte Patricia. Sie stand an der Tür und schaute zu ihm hinein. Er nickte, lächelte ihr aber nicht zu wie sonst.
„Wie geht’s dir?“, fragte sie. Er warf ihr einen kurzen Blick zu.
„Ich kriege das hin“, sagte er.
Sie setzte sich neben ihn. „Ein paar Stunden noch, dann hast du’s geschafft. Es ist heftig, wie ähnlich sie ihr sieht. War das Absicht?“
„Ein bisschen vielleicht. Jürgen steckt dahinter. Er ist halt auch ziemlich skrupellos. Wenn schon, dann richtig. Aber ist jetzt auch egal. Der Vertrag ist mir sicher. Soll er halt machen, was er will“, sagte Kiran.
„Ich glaube, die machen ne Abschiedsparty für dich heute Abend“, sagte Patricia.
„Da werd ich dann wohl hingehen müssen“, sagte er.
„Pause ist um! Alle wieder rein ans Set“, kreischte Pia vor dem Wohnwagen. Jetzt lächelte Kiran ein wenig.
„Ich werd euch alle ganz schön vermissen. Selbst das Gekeife von der Aufnahmeleitung. Und unsere Set-Wetten und deine Gesichtsmassagen.“
„Vielleicht gibt’s bei dir am Set dann auch Set-Wetten“, sagte Patricia und dachte gleichzeitig, dass dies kein Trost war. Man konnte eben nicht alles ersetzen. Allein der Gedanke war schon blöd.
„Ich glaube, wir müssen wieder rein. Wann geht denn dein Flieger?“, fragte sie.
„Übermorgen. Sieben Uhr fünfzig. Morgens.“ Er sah sie dabei an und sie versuchte, seinen Ausdruck zu deuten.
Sag mir doch, was du denkst.
„Alle ans Set!“, brüllte Pia.
„Okay, dann los“, sagte Kiran und stand auf. „Ich wette, Pia hat jedes Tier im Umkreis von einem Kilometer verschreckt.“
„Dann ist wenigstens Ruhe für den Ton“, sagte Patricia. Kiran lachte kurz und sein Lachen löste eine Gänsehaut an ihren Armen aus. Er legte kurz den Arm um sie und drückte sie an sich.
„Dich werde ich am meisten vermissen.“ Dann ließ er sie los, sprang aus dem Wohnwagen auf den weichen Waldboden und ging zu der kleinen Ferienhütte, vor der ein Heer von Scheinwerfern und Kisten aufgestellt war.
Patricia sah ihm nach.
„Ich dich auch“, flüsterte sie.
19
Der nächste Tag verlief schleppend. Zum ersten Mal drehten sie ohne Kiran und die Stimmung war entsprechend. Attila verzichtete auf das Einsammeln von Wett-Tipps und allein das war
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