Fool on the Hill
wenig in der letzten Zeit. Alpträume ... du glaubst, schlimmer können sie jetzt nicht mehr werden, und dann werden sie’s doch. Dein Flugzeug ist doch ein Zweisitzer, oder?«
»Mein Doppeldecker? Das weißt du doch. Ich hab Zephyr damit hergebracht.«
»Gut. Gut.« Hobart richtete sich auf; schien ein wenig von seiner einstigen Kraft zurückzugewinnen. »Ich möchte, daß du mich zum Turm zurückfliegst. Wir werden was trinken und ein langes Gespräch führen. Und dann werden wir ja sehen, ob einer von uns beiden noch schlafen kann.«
VIII
In der Uris-Bibliothek war der Buchstabe R nun endlich fertig und abgehakt. Rhetta Woolf war ins Magazin gegangen, um in allerletzter Minute noch etwas zu erledigen, und hatte es Jinsei überlassen, in der Ausleihe aufzuräumen. Das Mädchen arbeitete flink und gutgelaunt, pfiff vor sich hin und freute sich darauf, bald wieder bei Prediger zu sein.
Laute Geräusche sind in einer Bibliothek (für gewöhnlich eine Stätte des Flüsterns) immer ein wenig erschreckend, und als es jetzt krachte, blieb Jinsei für einen Augenblick das Herz stehen. Das Krachen verebbte in einem lauten Scherbenklirren, das Bilder titanischer Gewalttätigkeit wachrief: Superman, der vom dritten Stock eine Telefonzelle aus dem Fenster wirft, ein wütendes Rhinozeros, das Meinungsverschiedenheiten mit einem Kronleuchter austrägt. Die folgende Stille war nicht mehr ganz so still wie zuvor.
»Mrs. Woolf?« rief Jinsei, die bei dem Lärm zusammengefahren war und einen Stoß Leihscheine fallen gelassen hatte. Ihre Hand streckte sich automatisch nach einem griffbereit liegenden Telefon aus; die Nummer der Campuspolizei war deutlich sichtbar außen am Hörer angebracht. Dann aber gewann ihre Neugier die Oberhand, und sie schlich vorsichtig in die Eingangshalle hinaus, um nachzusehen, was passiert war.
Auf den ersten Blick gar nichts. Die Halle war in mehrere Ebenen unterteilt; von da, wo sich Jinsei befand, führte eine breite Treppe hinunter zu den Schaltern; die große Eingangstür rechts davon war geschlossen und unbeschädigt. Zu Jinseis Linker führte eine schmalere Treppe nach oben, wo von einem der Absätze die Andrew-D.-White-Präsenzbibliothek abzweigte.
Die Tür zur White-Bibliothek klapperte im Schloß, als ob ein Witzbold von innen an der Klinke rüttelte.
»Wer ist da?« rief Jinsei und kam sich ziemlich albern vor. Wie die Eingangstür unten war auch die Tür zur White-Bibliothek verglast, und sie konnte von ihrem Standort aus sehr wohl sehen, daß sich niemand von innen daran zu schaffen machte. Und trotzdem...
Magisch angezogen stieg sie die Treppe hinauf. Die Tür klapperte weiter; sie blieb davor stehen und spähte angestrengt hin ein; die Beleuchtung war ausgeschaltet, und man konnte nicht viel erkennen. Immerhin drang so viel Licht aus der Eingangshalle und durch die Fenster in den Raum, daß Jinsei eine verblüffende Entdeckung machen konnte: Es schneite da drin, da drin fiel richtiger Schnee! Und natürlich hätte ihr spätestens in diesem Moment völlig klar sein müssen, was geschehen war, aber sie stand ganz unter dem Bann dieser Täuschung. Es sah wirklich so aus, als ob es im Zimmer schneite, und dann begann die Turmuhr Mitternacht zu schlagen.
»Zauberei«, flüsterte Jinsei, fast ohne zu merken, daß sie das gesagt hatte. In dem Augenblick, da das neue Jahr Gegenwart wurde, legte sie die Hand auf die Klinke und drückte die Tür auf. Als sie eintrat, empfing sie ein Schwall kalter Luft.
IX
Als die Uhr den zwölften Glockenschlag erklingen ließ, brachte Puck den Doppeldecker zum Landeanflug in die Schräglage und bereitete sich darauf vor, mit Hilfe eines einzelnen, an einer Tragfläche angebrachten Scheinwerfers den Hangar anzusteuern. »Das Tor hast du doch offengelassen, oder?« fragte er, doch Hobart gab keine Antwort; er hatte den ganzen Flug über geschwiegen.
Als sie die Turmspitze anflogen und das Scheinwerferlicht auf das offene Hangartor fiel, sagte Hobart zwar: »Hier stimmt was nicht.« Doch es war nur ein leises Gemurmel, und Puck hörte es nicht.
Dann waren sie mit einem einzigen Aufprall gelandet, und Puck bremste ab. Das Scheinwerferlicht bohrte sich in die Dunkelheit und beleuchtete Hobarts demolierten Gleiter, der hinten im Hangar stand.
»Jesus, Troilus und Cressida«, murmelte Puck. »Was hast du denn damit angestellt, Hobart?«
Und wieder gab Hobart keine Antwort. Der Älteste war anderweitig beschäftigt. Er zog prüfend Luft
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