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Fool: Roman (German Edition)

Fool: Roman (German Edition)

Titel: Fool: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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mein König, das ist Wahnsinn!« Wieder dieser Kent, und jetzt lief er um den Tisch zur Mitte hin.
    »Vorsicht, Kent!«, sagte Lear. »Der Bogen meines Zorns ist schon gespannt. Lasst mich den Pfeil nicht abschießen!«
    »Schießt, wenn Ihr müsst! Ihr würdet mich töten, weil ich so kühn bin, Euch zu sagen, dass Ihr den Verstand verloren habt? Die größte Treue ist, dass ein Getreuer den Mut hat, offen auszusprechen, dass sein Führer der Torheit anheimfällt. Überdenkt Euren Entschluss, Sire. Eure jüngste Tochter liebt Euch nicht weniger, weil sie schweigt, und jene, die am lautesten sprechen, sind nicht die Ehrlichsten.«
    Erzürnt sprangen die älteren Schwestern und ihre Männer auf. Kent warf ihnen finstere Blicke zu.
    »Schweigt, Kent!«, warnte der König. »Bei Eurem Leben, kein Wort mehr!«
    »Was war mein Leben jemals anderes als etwas, das ich im Dienst für Euch riskierte? Um Euch zu schützen. Bedroht mein Leben, wenn Ihr wollt, es wird mich nicht daran hindern, Euch zu sagen, dass Ihr einen Fehler begeht, Sire!«
    Da wollte Lear sein Schwert zücken, und ich wusste, er hatte endgültig alle Urteilsfähigkeit eingebüßt, wenn das nicht bereits klar gewesen war, als er sich gegen seine liebste Tochter und den engsten Freund und Berater gewandt hatte. Falls Kent sich verteidigte, würde sein Schwert den alten Mann zerschneiden wie eine Sense einen Weizenhalm. Es ging alles viel zu schnell, als dass ein Narr des Königs Klinge noch mit einem Scherz aufhalten konnte. Mir blieb nur zuzusehen. Doch Albany lief eilig am Tisch entlang und hielt des Königs Hand zurück, schob sein Schwert in die Scheide.
    Da grinste Kent, der alte Bär, und ich sah, dass er seine Klinge gar nicht gegen den Alten erhoben hätte. Er wäre sogar in den Tod gegangen, um dem König seinen Standpunkt zu vermitteln. Und es schien, als wüsste das auch Lear, doch sprach keine Gnade aus seinem Blick. Sein Wahnsinn war bitterkalt. Er riss sich von Albany los, und der Herzog wich zurück.
    Als Lear dann wieder sprach, tat er es mit leiser, beherrschter Stimme, wie gelähmt vor Hass: »Hör mir zu, verräterisches Frettchen! Niemand zweifelt meine Autorität an, meine Entscheidung, meinen Eid – solches auf britischem Boden zu tun, bedeutet den Tod, und im Rest der uns bekannten Welt bedeutet es Krieg. Das lasse ich nicht zu. Angesichts Eurer Jahre in meinen Diensten schenke ich Euch das Leben, doch nur Euer Leben, und das nie mehr unter meinen Augen. Ihr habt fünf Tage, Kent, Euch auszurüsten. Am sechsten Tag kehrt Ihr unserem Königreich für immer den Rücken. Sind zwölf Tage vergangen und Ihr seid immer noch im Land, habt Ihr Euer Leben verwirkt. Nun geht! So lautet mein Erlass, und er wird niemals widerrufen.«
    Kent war erschüttert. Das war nicht der Dolchstoß, den er erwartet hatte. Er verneigte sich. »Lebt wohl, mein König. Ich gehe, weil ich es gewagt habe, Eure Macht in Frage zu stellen, die Ihr für eine schmeichlerische Zunge verschenkt.« Dann wandte er sich an Cordelia. »Sei guten Mutes, Mädchen, du hast die Wahrheit gesagt und nichts falsch gemacht! Mögen die Götter dich beschützen!« Er machte auf dem Absatz kehrt, wandte dem König den Rücken zu, was man von ihm noch nie gesehen hatte, und marschierte hinaus, hielt nur kurz inne, um Regan und Goneril anzusehen. »Gut gelogen, intrigantes Weibsvolk!«
    Am liebsten hätte ich dem alten Recken applaudiert, ihm ein Gedicht geschrieben, doch es herrschte Schweigen in der Halle, und die große Eichentür, die hinter Kent ins Schloss fiel, hallte wie der erste Donner eines Sturmes, der die Welt zerbrechen sollte.
    »Nun...«, sagte ich und tänzelte in die Mitte des Tisches. »Ich denke, das lief in etwa so gut, wie zu erwarten war.«

5
     
    Erbarmen mit dem Narren
     
    Kent verbannt, Cordelia enterbt, der König dabei, Macht und Immobilien zu verschenken (vor allem meine Bleibe, den White Tower), die beiden älteren Schwestern durch Kent brüskiert, die Herzöge bereit, mir die Kehle durchzuschneiden, nun – es war eine echte Herausforderung, irgendjemandem ein Lächeln abzupressen. Die königliche Erbfolge schien mir kein passendes Thema, und nach Lears dramatischem Auftritt fand ich auch Slapstick und Pantomime eher unangemessen, sodass Drool nur mehr ein Mühlstein am Hals dieser Komödie war. Ich jonglierte mit Äpfeln und sang ein kleines Lied über Äffchen, während ich über das Problem nachdachte.
    In jüngster Zeit neigte der König deutlich dem

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