Fool: Roman (German Edition)
Morgen mit den Händlern hereingekommen. Und nun zurück auf deinen Posten!«
»Danke, Sire. Wärt Ihr nicht so grob gekleidet, hielte ich Euch für einen feinen Herrn.«
»Wäre ich nicht so grob gekleidet, wäre ich auch einer«, sagte Kent breit grinsend mit seinem frisch geschwärzten Bart.
»Meine Fresse! Möchtet ihr euch vielleicht gegenseitig am Pimmel nuckeln? Dann hätten wir es hinter uns«, sagte ich.
Die beiden Soldaten schreckten voreinander zurück, als stünde der andere in Flammen.
»Tut mit leid, war nur ein Spruch«, sagte ich, als ich an ihnen vorbei in die Burg scharwenzelte. »Ihr Schwuchteln seid aber auch empfindlich...«
»Ich bin keine Schwuchtel«, sagte Kent, als wir uns Gonerils Gemächern näherten.
Vormittag. In der Zwischenzeit hatten wir essen, etwas schreiben und feststellen können, dass wir tatsächlich über einen Monat weg gewesen waren, obwohl es uns nur wie eine Nacht vorkam. Ob das der Lohn der Hexen war? Einen Monat aus unserem Leben herauszulösen, im Tausch gegen Zauberei und Prophezeiungen – der Preis schien mir nicht überhöht, wenn auch scheißschwierig zu erklären.
Oswald saß an einem Sekretär vor der Tür zu den herzoglichen Gemächern. Ich lachte und schwenkte Jones vor seiner Nase.
»Immer noch Türsteher wie ein gewöhnlicher Lakai, Oswald? Ach, die Jahre waren gut zu dir!«
Oswald trug nur einen Dolch im Gürtel, kein Schwert, doch er griff sogleich danach und stand auf.
Kents Hand fuhr zu seinem Schwert, und er schüttelte den Kopf. Oswald sank auf seinen Stuhl.
»Ich darf Euch mitteilen, dass ich sowohl Verwalter und Kastellan als auch Vertrauter und Berater der Herzogin bin.«
»Da hat sie dir aber einen veritablen Köcher voller Titel umgehängt. Sag, hörst du auch noch auf ›Büttel‹ und ›Kriecher‹, oder sind das inzwischen nur noch Ehrentitel?«
»Alles besser als ›gemeiner Narr‹«, spie Oswald aus.
»Stimmt, ich bin ein Narr, und es stimmt wohl auch, dass ich gemein bin, doch bin ich kein gemeiner Narr, Büttel. Ich bin der Schwarze Narr, man hat nach mir gerufen, und man wird mich in die Gemächer deiner Herrin lassen, während du – Narr – vor der Tür sitzt. Melde mich an!«
Ich glaube, da knurrte Oswald. Ein neuer Trick, den er seit damals gelernt hatte. Von jeher hatte er mich mit meinem Titel kränken wollen und geschäumt, weil ich ihn stets als Ehrung sah. Würde er wohl je begreifen, dass Goneril ihm nicht wegen seiner Schleimerei gewogen war, sondern weil man ihn derart problemlos kränken konnte? Gut, vermutlich hatte er das Knurren geübt, hündisch wie er war.
Er schob sich durch die schwere Tür, dann kam er eine Minute später wieder heraus. Er würdigte mich keines Blickes. »Mylady wird Euch nun empfangen«, sagte er. »Aber nur Euch. Dieser Rüpel dort kann in der Küche warten.«
»Warte hier, Rüpel«, sagte ich zu Kent. »Aber tu mir einen Gefallen: Popp den armen Oswald nicht, sosehr er auch drum betteln mag!«
»Ich bin keine Schwuchtel«, sagte Kent.
»Zumindest nicht bei diesem Schurken hier«, sagte ich. »Sein Arsch gehört der Prinzessin.«
»Ich werde dafür sorgen, dass du hängst, Narr«, sagte Oswald.
»Die bloße Vorstellung erregt dich, was, Oswald? Egal, meinen Rüpel kriegst du nicht. Adieu .«
Damit spazierte ich durch die Tür in Gonerils Gemächer. Sie saß am Ende einer Halle. Ihre Räume nahmen einen ganzen Turm der Burg ein. Drei Etagen: diese für Sitzungen und Geschäftliches, im Stock darüber sicher Kammern für ihre Damen, ihre Garderobe, zum Baden und Bekleiden, und ganz oben befand sich zweifellos die Kemenate für Schlaf und Spaß, falls sie überhaupt noch Spaß hatte.
»Hast du denn noch Spaß, mein Bärchen?«, fragte ich. Ich tanzte einen kleinen Jig und verneigte mich.
Mit knapper Geste schickte Goneril ihre Damen hinaus.
»Pocket, ich lasse dich...!«
»Ja, ja, ich weiß: bei Sonnenaufgang hängen, meinen Kopf auf einen Spieß, die Eingeweide als Strumpfband, gevierteilt, gepfählt, geschlitzt, ausgepeitscht, zu Wurst und Püree verarbeitet – all Eure dunklen Lüste sollen mit grandioser Grausamkeit auf mich herniederkommen. Ganz nach Belieben, Mylady, pflichtschuldig notiert und für wahr befunden. Nun, womit kann Euch ein schlichter Narr dienlich sein, bevor sein letztes Stündlein schlägt?«
Sie verzog den Mund, als wollte sie murren, dann prustete sie los und sah sich eilig um, ob jemand sie gesehen hatte. »Das werde ich auch tun... du
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