Fool: Roman (German Edition)
Möpse klingt gut.«
»Aye, grausam pestilente Perfidie, Sire«, sagte ich.
»Aye, perfekt wippende Perfidie 29 «, sagte Kent.
Und dann – wie aus einer Trance erwachend – richtete sich Lear in seinem Sattel auf. »Ihr, Caius, lasst Euch von Curan ein schnelles Pferd satteln. Ihr müsst nach Gloucester und meinem Freund, dem Grafen sagen, dass wir kommen!«
»Aye, Mylord«, sagte Kent.
»Und, Caius, sorgt dafür, dass Drool, mein Lehrling, keinen Schaden nimmt!«, sagte ich.
Kent nickte und marschierte über die Zugbrücke. Der greise König sah auf mich herab.
»Oh, du mein rabenschwarzer Narr, wo habe ich meine väterliche Pflicht versäumt, dass solch Undank wie ein Geschwür in Goneril heranwuchs?«
»Ich bin nur ein Narr, Mylord, doch wenn ich eine Vermutung anstellen sollte, würde ich sagen, Mylady hätte in ihrer zarten Jugend mehr Disziplin gebraucht, um ihren Charakter zu formen.«
»Sprich offen, Pocket, ich will es dir nicht verdenken!«
»Ihr hättet dem Biest ordentlich den Hintern versohlen sollen, als sie noch klein war, Mylord. Stattdessen händigt Ihr Euren Töchtern jetzt den Rohrstock aus und lasst höchstselbst die Hosen runter.«
»Ich werde dich peitschen lassen, Narr!«
»Sein Wort ist wie Tau«, sagte Jones, die Puppe. »Es gilt nur, bis man es bei Tageslicht betrachtet.«
Ich lachte, schlichter Narr, der ich war, und bedachte dabei nicht, dass Lear wetterwendisch wie der Hahn auf einem Kirchturm war. »Ich muss mit Curan sprechen und ein Pferd für die Reise finden, Sire«, sagte ich. »Ich bringe Euch Euren Umhang.«
Da sank Lear auf dem Sattel in sich zusammen, erschöpft von seinem Zetern. »Geh nur, guter Pocket! Sorge dafür, dass meine Ritter sich bereit machen!«
»Soll sein«, sagte ich. »Soll sein.« Ich ließ den alten Mann allein dort draußen vor der Burg.
12
Der Königsweg
Nachdem ich den Verlauf der Ereignisse in Gang gesetzt hatte, stellt sich mir heute doch die Frage, ob ich mit meiner Ausbildung zur Nonne und meinem ausgeprägten Talent zum Singen und Scherzen eigentlich dafür qualifiziert war, einen Krieg vom Zaun zu brechen. So oft schon war ich das Werkzeug anderer, kaum eine Schachfigur am Hofe, nur ein Utensil des Königs und seiner Töchter. Ein amüsantes Ornament. Eine kleine Erinnerung an Gewissen und Menschlichkeit, von gerade genug Humor umflort, dass man alles abtun, verlachen, ignorieren kann. Vielleicht hat es seinen Grund, dass es auf dem Schachbrett keinen Narren gibt. Wie soll ein Narr denn vorgehen? Welche Strategie verfolgt ein Narr? Was nützt einem ein Narr? Ah, jedoch in einem Kartenspiel, da lebt ein Narr, ein Joker, manchmal sogar zwei. Natürlich ohne Wert. Ohne rechten Sinn. Sieht aus wie ein Trumpf, ist jedoch ohne Einfluss. Nur ein Requisit des Glücks. Nur der Geber kann dem Joker Wert verleihen. Ihn zum Freibrief machen, zum Trumpf. Doch wer teilt aus? Das Schicksal? Gott? Der König? Ein Geist? Hexen?
Die Eremitin sprach mir vom Tarot, verboten und heidnisch, wie es war. Wir hatten keine Karten zur Verfügung, doch sie beschrieb sie mir, und ich zeichnete die Bilder mit Kohle auf die Steine im Vestibül. »Des Narren Ziffer ist die Null«, sagte sie, »aber nur weil er für unendliche Möglichkeiten steht. Aus ihm kann alles werden. Sieh nur: Er trägt seine ganze Habe in einem Bündel auf dem Rücken. Er ist zu allem bereit – wohin es ihn auch führen mag, was aus ihm auch werden mag. Unterschätze nie den Narren, Pocket, nur weil seine Ziffer die Null ist!«
Wusste sie, was vor mir lag, oder bekommen ihre Worte erst jetzt Bedeutung, da ich – die Null, das Nichts – Königreiche bewege. Krieg? Ich sah nicht, was daran so toll sein sollte.
Trunken und trübe grübelte Lear eines Abends über den Krieg nach, als ich andeutete, wenn er seine Düsternis abstreifen wolle, bräuchte er nur ein derbes Frauenzimmer. »Ach, Pocket, ich bin zu alt, und die Freude an einem Fick welkt dahin wie meine Lenden. Nur ein anständiges Gemetzel kann noch die Glut in meinem Blut entfachen. Und einer wird da nicht genügen. Tötet mir hundert, tausend, zehntausend auf mein Kommando – Bäche von Blut durchrinnen die Felder -, das pumpt Feuer in die Lanze eines Mannes!«
»Oh«, sagte ich. »Ich wollte Euch gerade Shanker Mary aus der Waschküche holen, aber mit zehntausend Toten und Bächen von Blut könnte sie vielleicht etwas überfordert sein, Majestät.«
»Nein danke, guter Pocket. Ich werde einfach hier sitzen und
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