Fool: Roman (German Edition)
zugutehalten, dass sie mit ihrem Charme nicht geizte. Es bot eine gewisse Spannung, dass irgendwer in allernächster Zukunft blöd gevögelt werden würde, aber wie viel spannender war es doch, wenn dessen Leben dabei am seidenen Faden hing. Wenn ich es recht bedenke, mag die Vorfreude auf einen gewaltsamen Tod für die Prinzessin wie Aphrodites Nektar selbst gewesen sein.
Warum hätte sie sonst vor all den Jahren meinen Tod einfordern sollen, obwohl ich ihr doch ein so eifriger Diener gewesen war, nachdem Goneril den White Tower verlassen hatte, um Albany zu heiraten. Es schien, als hätte alles mit einem Anflug von Eifersucht begonnen.
»Pocket«, sagte Regan. Damals war sie vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt gewesen, doch im Gegensatz zu Goneril hatte sie ihre weibliche Macht bereits seit Jahren an diversen Burschen auf der Burg erkundet. »Ich finde es unflätig, dass du meiner Schwester mit persönlichem Rat zur Seite stehst, und wenn ich dich in meine Gemächer rufe, ernte ich nur Gesang und Clownerie.«
»Aye, aber Myladys Laune ist mit Gesang und Clownerie leichter aufzupeppen, wenn ich so sagen darf.«
»Darfst du nicht. Bin ich nicht hübsch?«
»Aber doch, Mylady! Soll ich einen Reim auf Eure Schönheit schmieden? Es war einst ein Flittchen aus Limerick …«
»Bin ich nicht so hübsch wie Goneril?«
»Neben Euch ist sie noch weniger als unsichtbar, nicht mehr als ein flackerndes, neidisches Vakuum.«
»Aber findest du mich attraktiv – auf fleischliche Weise -, so wie dir meine Schwester gefällt? Begehrst du mich?«
»Aber natürlich, Mylady. Schon am Morgen, wenn ich erwache, habe ich nur einen Gedanken, nur ein Traumbild vor Augen: Wie Eure Herrlichkeit unter diesem bescheidenen, unwürdigen Narren liegt, nackt sich windend und Affenlaute quiekend.«
»Tatsächlich? An nichts anderes denkst du?«
»Aye, und manchmal ans Frühstück, doch es dauert nur Sekunden, bis ich wieder bei Regan bin, sich windend und Affenlaute quiekend. Hättet Ihr nicht gern ein Äffchen? Wir sollten eines auf der Burg haben, meint Ihr nicht?«
»Dann denkst du also nur daran ?« Und dabei strich sie das Kleid von ihren Schultern, und stand da, mit rabenschwarzem Haar und violetten Augen, schneeweiß und schön und wohlgeformt, wie von den Göttern selbst aus einem festen Block reinen Verlangens gemeißelt. Sie stieg aus der Pfütze von blutrotem Samt und sagte: »Leg deinen Puppenstock beiseite, Narr. Komm her!«
Und ich, folgsamer Narr, der ich war, tat es.
Und, oh, es folgten Monate verstohlener Affenlaute: Jaulen, Grunzen, Kreischen, Juchzen, Matschen, Klatschen, Lachen und einiges Gebell. (Allerdings ohne Aa-Werfen, wie es Affen hin und wieder tun. Nur die anständigsten, aufrechtesten Affenlaute wie beim klassischen Vögeln). Ich war mit meinem ganzen Herzen bei der Sache, doch bald schon zertrat sie die Romanze grausam unter ihrem schmalen Absatz. Ich werde es wohl nie lernen. Anscheinend tritt ein Narr nicht so oft gegen die Melancholie an wie gegen die Langeweile, unheilbar und unter den Privilegierten weit verbreitet.
»Du warst in letzter Zeit oft bei Cordelia«, sagte Regan, während sie sich im sanften, postkoitalen Glimmer aalte (Euer Erzähler in einem Schweißtümpel am Boden neben dem Bett, aus welchem ich nach Verrichtung königlicher Dienste kurz und bündig verstoßen wurde). »Ich bin eifersüchtig.«
»Sie ist ein kleines Mädchen«, sagte ich.
»Aber wenn sie dich hat, habe ich dich nicht. Sie ist jünger als ich. Das ist inakzeptabel.«
»Aber Mylady, es ist meine Pflicht, die kleine Prinzessin zum Lächeln zu bringen. Euer Vater hat es befohlen. Außerdem, wenn ich anderweitig beschäftigt bin, könnt Ihr doch den stämmigen Stallburschen nehmen, der Euch so gut gefällt, oder diesen jungen Leibgardisten mit dem Spitzbart, oder diesen spanischen Herzog oder was er ist, der sich schon einen Monat auf der Burg herumtreibt. Spricht dieser Mensch eigentlich ein Wort Englisch? Vielleicht hat er sich nur verlaufen.«
»Das ist nicht dasselbe.«
Ich merkte, wie mir bei ihren Worten warm ums Herz wurde. Sollte es denn wahre Zuneigung sein?
»Nun ja, was uns verbindet, ist...«
»Die rammeln wie die Ziegenböcke. Was ihnen gänzlich abgeht, ist Finesse, und ich bin es leid, ihnen ständig Anweisungen zu geben, besonders diesem Spanier … Ich glaube nicht, dass er auch nur ein einziges Wort Englisch spricht.«
»Verzeiht, Mylady«, sagte ich. »Apropos! Ich muss hinfort!« Ich
Weitere Kostenlose Bücher