Fool: Roman (German Edition)
meucheln lässt, wenn ich nicht dabei bin, Narr!«
»Täubchen!«, sagte ich.
»Du miese, kleine Ratte«, sagte Regan in prunkvollem Rot. »Was willst du?«
Kent hatte mich zu einer Kammer weit unten in den Eingeweiden der Burg geführt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Gloucester königliche Gäste in einem verlassenen Kerker unterbrachte. Wahrscheinlich hatte sich Regan einfach hier eingerichtet. Sie hatte einen Hang zu solchen Orten.
»Dann habt Ihr also den Brief von Goneril erhalten?«, fragte ich.
»Ja. Was geht es dich an, Narr?«
»Mylady hat sich mir anvertraut«, sagte ich, wippte mit den Augenbrauen und setzte mein charmantestes Lächeln auf. »Was haltet Ihr davon?«
»Warum sollte ich Vaters Ritter entlassen, ganz zu schweigen davon, sie in meine Dienste aufzunehmen? Wir haben in Cornwall selbst eine kleine Armee.«
»Nun, Ihr seid aber nicht in Cornwall, oder, Liebes?«
»Was willst du damit sagen, Narr?«
»Ich will damit sagen, dass Eure Schwester Euch bat, nach Gloucester zu kommen, um Lear und sein Gefolge abzufangen und so zu verhindern, dass er nach Cornwall reitet.«
»Und mein Lord und ich kamen in aller Eile.«
»Und mit einer sehr kleinen Streitmacht, stimmt’s?«
»Ja, die Nachricht besagte, es sei dringend. Wir mussten uns sputen.«
»Wenn Goneril und Albany eintreffen, seid Ihr also weit weg von Eurer Burg und so gut wie wehrlos.«
»Das würde sie nicht wagen.«
»Eines möchte ich Euch fragen, Mylady: Was glaubt Ihr, wem die Treue des Grafen von Gloucester gilt?«
»Er ist unser Verbündeter. Er hat uns in seine Burg gelassen.«
»Gloucester, der beinahe von seinem ältesten Sohn gestürzt wurde... Meint Ihr, er sei auf Eurer Seite?«
»Nun, dann eben auf Vaters Seite, was dasselbe ist.«
»Es sei denn, Lear hätte sich mit Goneril gegen Euch verschworen.«
»Aber sie hat ihm seine Ritter genommen. Als er ankam, hat er eine ganze Stunde lang gezetert, Goneril mit jeder Schmähung unter der Sonne bedacht und mich ob meines Liebreizes und meiner Treue gepriesen, wobei er sogar darüber hinwegsah, dass ich seinen Boten in den Stock gesperrt hatte.«
Ich sagte nichts. Ich nahm meine Narrenkappe ab, kratzte mich am Kopf und setzte mich auf ein verstaubtes Foltergerät, um Regan im Fackelschein betrachten und ihr in die Augen sehen zu können, während der Rost an den verbogenen Rädchen ihres Verstandes knirschte. Sie war einfach süß. Ich dachte daran, was die Eremitin über den weisen Mann gesagt hatte, der gerade so viel Perfektion erwartete, wie die Natur zuließ. Ich dachte, dass ich vielleicht tatsächlich den perfekten Mechanismus vor mir sah. Ihre Augen wurden groß, als ihr die Erkenntnis kam.
»Das Biest!«
»Aye«, sagte ich.
»Sie hätten alles... Sie und Vater?«
»Aye«, sagte ich. Ich merkte, dass ihr Zorn nicht vom Verrat herrührte, sondern daher, dass es ihr nicht zuerst eingefallen war. »Ihr braucht einen Verbündeten, Mylady, und zwar einen mit mehr Einfluss, als dieser bescheidene Narr Euch bieten kann. Sagt, was haltet Ihr von Edmund, dem Bastard?«
»Er ist ganz nett anzusehen.« Sie kaute an einem Fingernagel und überlegte. »Den würde ich nicht von der Bettkante stoßen, wenn Mylord ihn dafür nicht erschlüge, oder – wenn ich es recht bedenke – vielleicht gerade deshalb.«
»Perfekt!«, sagte ich.
O Regan, Schutzheilige des Priapus 33 , Schlüpfrigste der Schwestern: von der Disposition herrlich ölig, im Diskurs schön trocken. Meine giftige Xanthippe, meine sinnliche Schlangenbeschwörerin – du bist die wahre Perfektion.
Ob ich sie liebte? Allerdings. Denn mochte man mich auch beschuldigen, ein ausgemachter Hurenbock zu sein, sind meine Hörner doch weich wie die der Schnecke, und nie habe ich ins Horn der Lust gestoßen, ohne dabei von Amors Pfeil gestreift worden zu sein. Ich habe sie alle geliebt, von ganzem Herzen, und ich habe mir die meisten Namen auch gemerkt.
Regan. Meine. Perfekte. Regan.
O ja, ich habe sie geliebt!
Sie war ganz ohne Zweifel eine Schönheit – im ganzen Königreich gab es keine Schönere. Ein Gesicht, das Dichter inspirieren konnte, und ein Leib, der Lust, Begierde, Raub, Verrat, selbst Krieg auslösen konnte. (Ich bin nicht ohne Hoffnung.) Männer hatten sich im Wettstreit um ihre Gunst erschlagen – es war ein Hobby ihres Gatten, Cornwall. Und obwohl ihr das Lächeln nicht verging, wenn jemand mit ihrem Namen auf den Lippen sein Leben aushauchte, muss man ihr wohl
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