Fool: Roman (German Edition)
Tochter?«
Regan schloss ihr Kleid und wandte sich schamhaft ab. »Glaub schon …«
»Und du, Narr?« Lear zwinkerte mir zu, nicht eben unauffällig.
»Aye, Majestät. Vielleicht noch ein paar Geschworene aus derselben Truppe wie die Zeugen.« Nun, man muss sich ja bemühen. Nach der allgemeinen Reaktion zu urteilen, würde man mich freisprechen, und zwar auf der Basis von »Wer will es ihm verdenken?«: Berechtigte Koitierung würde man es nennen. Doch nein …
»Nein«, sagte der König. »Gerichtsdiener, verlies die Klage!«
Natürlich hatte der Gerichtsdiener die Klage noch gar nicht formuliert, also entrollte er ein Schriftstück, auf dem etwas geschrieben stand, was mit meinem Fall rein gar nichts zu tun hatte, und improvisierte irgendwas: »Die Krone erklärt, dass am heutigen Tage, dem vierzehnten Oktober im Jahre des Herrn Eintausendzweihundertachtundachtzig, der Narr, genannt Pocket, mit Vorbedacht und böser Absicht die jungfräuliche Prinzessin Regan gevögelt hat.«
Von der Galerie her hörte man Gejohle, vom Gericht ein wenig Spott.
»Ich hegte keine böse Absicht«, sagte ich.
»Dann eben ohne böse Absicht«, sagte der Gerichtsdiener.
An dieser Stelle flüsterte der Richter, der normalerweise als Burgwart fungierte, dem Gerichtsdiener zu, der normalerweise Haushofmeister war: »Der Richter wünscht zu wissen, wie es nun wirklich war.«
»Es war süß und etwas schmutzig, Euer Ehren.«
»Merket auf, dass der Beschuldigte erklärt hat, es sei süß und schmutzig gewesen, womit er seine Schuld gesteht.«
Lauteres Johlen.
»Moment, ich war noch nicht fertig!«
»Riecht an ihm«, sagte Regan. »Er stinkt nach Sex, wie Fisch und Pilz und Schweiß, oder?«
Einer der bäuerlichen Zeugen kam gelaufen und schnüffelte gnadenlos an meinem Ding herum, dann sah er den König an und nickte.
»Aye, Euer Ehren«, sagte ich. »Gewiss habe ich einen gewissen Duft an mir. Ich muss zugeben, ich war heute sans trou in der Küche, während ich auf meine Wäsche wartete, und Bubble hatte eine Kasserolle zum Abkühlen auf dem Boden abgestellt, und ich stolperte darüber und landete schwanztief im Bratensaft … doch da war ich schon auf dem Weg zur Kapelle.«
»Du hast deinen Schwanz in mein Mittagessen gesteckt?«, sagte Lear. Dann zum Gerichtsdiener: »Der Narr hat seinen Schwanz in mein Essen gesteckt?«
»Nein, in deine geliebte Tochter«, sagte Regan.
»Still, Mädchen!«, bellte der König. »Hauptmann Curan, schickt eine Wache, die Brot und Käse im Auge behält, bevor der Narr es sich zu Willen macht.«
So ging es eine Weile, und es sah eher schlecht aus, da sich die Beweise gegen mich häuften und die Bauern die Gelegenheit nutzten, die lüsternsten Taten zu beschreiben, die ein böser Narr ihrer Meinung nach einer arglosen Prinzessin antun mochte. Besonders die Aussage des stämmigen Stallburschen schien mir anfänglich schwer belastend, doch führte sie schließlich zu meinem Freispruch.
»Verlest die Aussage noch einmal, damit der König das ganze abscheuliche Ausmaß des Verbrechens erkennt!«, sagte der Kläger, dessen eigentliche Berufung – so glaube ich – das Schlachten von Rindern war.
Der Schreiber verlas die Worte des Stalljungen: »Ja, ja, ja, reite mich, du wilder, baumschwänziger Hengst!«
»Das hat sie nicht gesagt«, sagte ich.
»Hat sie wohl. Das sagt sie immer«, sagte der Schreiber.
»Aye«, sagte der Verwalter.
»Aye, tut sie«, sagte der Priester.
» Si «, sagte der Spanier.
»Also, zu mir sagt sie das nie«, sagte ich.
»Hm …«, sagte der Stalljunge, »… dann aber ›Hopp, mein gertenschwänziges, kleines Pony!‹, oder?«
»Möglich«, sagte ich.
»Zu mir sagt sie das nie«, sagte der Gardist mit dem spitzen Bart.
Daraufhin herrschte einen Moment lang Schweigen, und alle, die gesprochen hatten, sahen einander an, dann mieden sie abrupt den Blickkontakt und fanden manch Interessantes auf dem Boden.
»Also«, sagte Regan und knabberte dabei an einem Fingernagel. »Es könnte auch sein, dass ich – äh – geträumt habe.«
»Dann hat dir der Narr doch nicht die Unschuld geraubt?«, fragte Lear.
»’tschuldigung«, sagte Regan verlegen. »Es war wohl nur ein Traum. Kein Wein mehr für mich zum Abendessen!«
»Lasst den Narren frei!«, befahl Lear.
Die Menge buhte.
Ich verließ die Halle, Seite an Seite mit Regan.
»Er hätte mich aufknüpfen können!«, zischte ich.
»Ich hätte eine Träne vergossen«, sagte sie mit einem Lächeln.
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