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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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war so müde. »Ich rufe dich morgen dann wegen der nächsten Sendung mal an, okay? Vielleicht können wir uns ja morgen früh treffen und versuchen, die Webblys oder meine Gilde zu erreichen, wenn noch nicht alle im Gefängnis sitzen.«
    »Anrufen? So ein Blödsinn, Tank. Ich lasse dich nicht aus den Augen.«
    »Ist schon okay«, wehrte er ab. »Ich finde schon was zum Schlafen.« Als er damals nach Shenzhen gekommen war, hatte er ein paar Nächte in Parks geschlafen. Das konnte er auch jetzt tun. Wenn es nachts nicht regnete, war es gar nicht so schlimm. Hatte es heute Wolken gegeben? Er konnte sich nicht mehr erinnern.
    »Ja, das wirst du auch – hinter diesem Durchgang, gleich da drüben.« Sie deutete zum Schlafzimmer.
    Auf einmal war er hellwach. »Oh, ich kann doch nicht … «
    »Klappe halten und schlafen gehen. Du hast eine Kopfverletzung, Dummerchen. Und du hast mir gerade stundenlang beste Radiounterhaltung beschert. Du brauchst es, und du hast es dir verdient. Ein Bett. Hier und jetzt.«
    Er war zu müde, um zu streiten. Auf dem Weg zum Bett stolperte er, und sie fegte gerade noch rechtzeitig die Kleider, Spielsachen und Taschen vom Bett. Dann deckte sie ihn zu und küsste ihn auf die Stirn. »Süße Träume, Tank«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
    Er fragte sich noch, wo sie wohl schlafen würde, als sie das Zimmer verließ und er sie wieder an ihrem Computer hörte. Zum Klang der Tasten schlief er ein.
    Nur im Halbschlaf bekam er mit, wie sie später zu ihm unter die Decke schlüpfte, sich an ihn schmiegte und sanft zu schnarchen begann.
    Doch als eine Stunde später zehn Polizeiwagen mit gellenden Sirenen vorm Haus hielten und der Suchscheinwerfer eines Helikopters das gesamte Gebäude in grelles Tageslicht tauchte, war er hellwach. Jie versteifte sich und schwebte praktisch aus dem Bett.
    »Zwanzig Sekunden!«, rief sie im Befehlston. »Schuhe, Handy, was du sonst noch brauchst. Wir kommen nicht wieder her!«
    Dunkel verspürte Lu einen gewissen Stolz darüber, wie ruhig er blieb, als er aufstand und ohne Eile seine Schuhe – gewöhnliche, billige Tennisschuhe – band, danach seine Jacke überzog und mit wenigen Schritten ins Wohnzimmer wechselte, wo Jie gerade Lösungsmittel über alle Flächen des Zimmers vergoss. Der Geruch war so scharf wie seine Kopfschmerzen und verstärkte sie noch.
    Sie nickte ihm zu und deutete auf eine weitere Flasche Lösungsmittel. »Du übernimmst Schlafzimmer und Bad.« Schnell kam er ihrer Aufforderung nach. Wahrscheinlich würde dies alle Fingerabdrücke und anderen Rückstände vernichten. In weniger als einer Minute war er fertig, da reichte sie ihm auch schon einen Frischhaltebeutel voll Staub. »Mit dem Handsauger von den Sitzen aus dem Zug nach Hongkong aufgelesen«, erklärte sie. »Hautzellen von einer Million Leute. Bitte gleichmäßig verteilen. Rasch!«
    Der Staub ließ ihn niesen, klebte an seinen Händen und war wirklich ziemlich eklig, doch er nahm nur noch die Sirenen und das Donnern des Helikopters wahr. Während er das Genmaterial überall verteilte, sah er zu, wie Jie den USB -Stick aus ihrem Laptop zog und in ihren Ausschnitt rutschen ließ, und das brachte ihn schließlich doch aus der Ruhe. Auf einmal wurde ihm bewusst, dass er die Nacht neben diesem wunderschönen Mädchen verbracht hatte. Und er hatte sie nicht mal geküsst , geschweige denn die geheimnisvollen und faszinierenden Brüste berührt, die nun einen kleinen, aber extrem kompromittierenden Datenträger mit ihrer Wärme umschlossen – einen winzigen Chip, der sie beide für immer ins Gefängnis bringen konnte.
    Jie sah sich um und ging im Kopf kurz eine Checkliste durch. Dann nickte sie bestimmt und sagte: »Alles klar, verduften wir.« Sie führte ihn auf den Flur hinaus, der hell erleuchtet und verlassen dalag. Lu kam sich extrem schutzlos vor. Hastig zog Jie eine kleine Brechstange aus ihrer Handtasche und öffnete geschickt die Abdeckung eines Sicherungskastens bei den Fahrstühlen. Eine ordentliche Reihe kleiner schwarzer Plastikschalter kam zum Vorschein. Sie suchte abermals in ihrer Tasche, fand ein Einwegfeuerzeug und hielt die Flamme an eine kleine Lasche aus weißem Vinyl oder Hochglanzpapier, die aus einer unauffälligen Naht des Kastens ragte. Es zischte und blitzte, und ein Kringel schwarzen Rauchs stieg davon auf. Das Papier verbrannte sofort, und die Glut verschwand hinter der Reihe von Schaltern.
    Eine Sekunde später explodierte der Kasten in einem hellen Funkenregen.

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