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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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diesem Spiel mitzuspielen. Es war der älteste Maklertrick der Welt: Jeden Tag machten Makler eine Reihe von vertraulichen Geschäften. Sie kauften Aktien, Anleihen und Derivate auf Verdacht hin, und »vertraulich« hieß, dass diese Geschäfte nicht über das Konto eines bestimmten Kunden liefen, sondern vom Gesamtvermögen des Büros gedeckt waren.
    Unterm Strich liefen manche – vielleicht auch alle – diese Geschäfte gut, und manche – vielleicht auch alle – schlecht. Und hier begann das wahre Wunder: Wenn man die Bücher ein wenig zurückdatierte, konnte der Makler die miesen Geschäfte seinen miesen Kunden unterjubeln, Geizhälsen zum Beispiel, oder großen, aber starr agierenden Kunden wie den Stiftungen irgendwelcher Verstorbener. Die Gewinne aber konnte man den besten Kunden zuschieben, etwa irgendeinem Milliardär, mit dem der Makler gerne mehr zu tun gehabt hätte. Auf diese Weise hatte der Makler die Möglichkeit, jeden Tag ein wenig Schicksal zu spielen und Kunden zu Gewinnern oder Verlierern zu machen. Es war im Endeffekt ähnlich wie bei einem Barkeeper, der seinen Stammgästen gelegentlich mal einen Doppelten serviert – bloß in größerem Maßstab. Die Partner des Maklers wussten das und häufig auch die Kunden selbst. Es war an sich unmöglich, ihm derartige Gewinne oder Verluste überhaupt nachzuweisen – wenn er einem nicht gerade morgens um halb zehn erzählte, dass man bis fünf Uhr abends ein Extra von $ 20000 auf dem Konto haben könne.
    Ira war mit dieser Beichte gerade ein ganz schönes Risiko eingegangen. Theoretisch konnte er Ira jetzt wegen Betrug hinter Gitter bringen. Oder er gab ihm sein Okay und machte sich damit genauso strafbar wie er.
    So rangen der vernünftige und der impulsive Connor abermals miteinander, auf der messerscharfen Grenze zwischen verschwörerischem Reichtum und profitloser Ehrlichkeit. Schließlich landeten sie auf der Verschwörerseite. Denn eigentlich dehnten Connor und sein Makler die Regeln ja jedes Mal, wenn Connor Termingeschäfte mit seinen Coca-Cola-Games-Papieren tätigte. Das hier war prinzipiell das Gleiche, bloß ein wenig dreister.
    »So machen wir’s«, sagte Connor schließlich. »Danke, Ira.«
    Er hörte Ira erleichtert ausatmen und begriff, dass sein Makler genauso gespannt auf seine Reaktion gewesen war wie er selbst. Anscheinend wollte er ihm dieses Paket wirklich verkaufen.
    Eine Weile später saß Connor in der Zentrale, schaute seinen Feeds zu und ließ sich die Sache noch mal durch den Kopf gehen. Irgendwas daran war … komisch . Wieso war Ira so wild auf dieses Geschäft gewesen? Weil Connor so ein toller Kunde war und Ira glaubte, dass er immer mehr Geld investieren würde, wenn er für viel Rendite sorgte? Mehr Geld für ihn hieß mehr Provision für den Makler.
    Jetzt, da seine Antennen ausgefahren waren, begann er alle möglichen Phantome in seinen Feeds zu erkennen: kleine Mengen an Gold und Prestige-Items, die auf seltsame Art den Besitzer wechselten und viel zu hoch oder zu niedrig gehandelt wurden.
    Aber wer konnte schon sagen, was so ein Item wirklich wert war? Wenn die Spielbetreiber zum Beispiel beschlossen, die Gatling Guns in Zombie Mecha demnächst mit Uranmunition auszurüsten (die Mechas würden dann durch ganze Meere erledigter Zombies waten können), dann lag die Vermutung, dass der Kurs von Gatling Guns stark steigen würde, doch mehr als nahe. Was aber, wenn das Spiel dadurch zu leicht wurde und die Spieler ihm den Rücken kehrten? Wenn alle Freunde von nun an lieber in Anthills and Hives die Kriege verfeindeter Schwarmintelligenzen führten, würde man dann noch einsam und allein in Zombie Mecha rumhängen und mit Gatling Guns auf Zombies schießen wollen? Würde das denn überhaupt noch Spaß machen?
    Es brauchte schon das Können eines echten Wahrsagers, um die Zukunft eines Spiels vorherzusagen, wenn man Änderungen daran vornahm. Immer, wenn die Spielbetreiber sich entschlossen, eine bestimmte Charakterklasse, Waffe oder Gegnerart zu nerfen oder zu buffen, verfolgten sie wochenlang und rund um die Uhr die Konsequenzen und passten die Änderungen, wenn nötig, noch an, bis die Spielbalance wieder austariert war.
    Die Feeds erzählten Connor ihre Geschichten. Es war eine Menge los im Land der Spiele, Tauschgeschäfte überall, und das machte ihm Sorgen. Er fragte die anderen Spielbetreiber, ob ihnen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen sei, doch plötzlich sprang ihm etwas ins Auge: Da!

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