For the Win - Roman

weil ich mit den anderen Webblys gestreikt habe. Ich bin kein Mörder oder so was.«
    Wei-Dong errötete und murmelte eine Entschuldigung.
    »Ich hatte ein langes Gespräch mit Schwester Nor. Sie hat mir Folgendes gesagt: Ein altmodischer Streik, bei dem man den Bossen einfach seine Arbeitskraft vorenthält und bessere Bedingungen verlangt – so etwas wäre in unserem Fall einfach nicht genug. Sie sagt, wir müssten denjenigen, von denen wir abhängig sind, demonstrieren, dass sie ihre Macht überschätzt haben. Wenn die Bosse, die Polizei oder die Spielefirmen uns sagen: ›Wir schlagen euch zusammen‹, ›Wir stecken euch ins Gefängnis‹, ›Wir werfen euch raus‹, dann müssen wir erwidern können: ›Nein, das könnt ihr mit uns nicht machen!‹«
    Die reine Freude, mit der er den letzten Satz sprach, ließ Wei-Dong lächeln, auch wenn er vor Müdigkeit kaum noch aus den Augen gucken konnte. Er rieb sich das Gesicht. »Du, ich glaube, mein Kopf springt heute einfach Trampolin. Es war ein echt langer Tag. Und ein sehr besonderer Tag.« Er kicherte. »Das verstehst du sicher.«
    »Schon klar. Ich wollte dir damit nur sagen, dass es uns nicht darum geht, wer hier der bessere Gauner ist. Es geht darum, das Machtverhältnis in einer Schlacht zu unseren Gunsten zu verschieben. Du bist ein Spieler, ein Kämpfer, du verstehst das doch, oder? Du spielst doch Heiler. Also weißt du auch, wie ein Raid mit Heiler verläuft und wie ohne.«
    Wei-Dong nickte. »Das sind zwei ganz verschiedene Paar Stiefel. Unterschiedliche Taktik, unterschiedliches Gefühl.«
    »Der Kampf hat eine jeweils andere Dynamik. Man kann das sogar mathematisch beschreiben, weißt du? Ich habe einen Aufsatz dazu gefunden. Ist wirklich interessant. Ich maile ihn dir mal. Genau darum geht es: Wir ändern die Dynamik, das ganze Kräftegleichgewicht, und zwar zugunsten der Arbeiter in aller Welt. Wirst schon sehen.«
    Wei-Dong gähnte und hielt sich erschöpft die Faust vor den Mund.
    »Du musst jetzt schlafen«, sagte Matthew. »Gute Nacht, Kamerad.«
    Irgendwann nachts wachte Wei-Dong wieder auf. Jede Matratze war mittlerweile belegt. Überall schnarchte, atmete, schniefte und scharrte es. Es mussten bestimmt zwanzig Leute mit ihm hier im Zimmer sein, ein menschlicher Teppich ruheloser Energie. Atem, der nach Zigaretten und Knoblauch stank, Fußgeruch, Körpergeruch, unterdrücktes Brummen. Es war so völlig anders als auf dem Schiff, in seinem Zimmer in L.A. oder in seinem Elternhaus in Orange County … Einen Moment war ihm, als sackte der Boden unter ihm weg, wie das Deck des Containerschiffs im Sturm, und in diesem Augenblick der Desorientierung fürchtete er, er sei mitten in einem Erdbeben, und stellte sich vor, wie die hohen, eng stehenden Gebäude, die er auf dem Weg hierher gesehen hatte, wie Dominosteine ineinander stürzten. Dann war wieder alles normal, und seine Panik verflog.
    Er dachte an seine Mutter. Morgen würde er sich einen PC suchen und sich bei ihr melden. Während der Überfahrt hatten sie sich eine Menge E-Mails geschrieben und Erinnerungen an seinen Vater ausgetauscht, und er hatte sich ihr so verbunden gefühlt wie seit Jahren nicht mehr.
    Der Gedanke an seine Mutter schenkte ihm ein Gefühl von Frieden, gar nicht mal so sehr von Heimweh, und er döste wieder ein – inmitten der Blähungen und Grunzlaute und der allzu menschlichen Geräusche der Menschen um ihn herum.
    Connors sechster Sinn spielte völlig verrückt. Wie alle Spielbetreiber besaß er einen ansehnlichen Bestand an Anlagen und Derivaten. Wetten auf den Kurs von Spielgold abzuschließen war vielleicht nicht gerade fair in seiner Position – schließlich verschaffte es einem einen gewissen Vorteil, wenn man selbst den Kurs beeinflussen konnte. Aber wenn die Leute keinen Spaß verstanden, war das nicht sein Problem.
    Davon abgesehen war sein Bestand so groß und kompliziert, dass er ihn gar nicht selbst verwalten konnte. Wie alle anderen hatte auch er einen Makler, der für eines der großen Unternehmen arbeitete. Ursprünglich hatten sie mal Autos gebaut, dann ging die Firma pleite, wurde gerettet und dann so lange ausgetrocknet und umstrukturiert, bis das Einzige von Wert darin die Abteilung war, die für die Verramschung der Kredite zuständig gewesen war, mit denen die Leute sich ihre Rostlauben finanziert hatten.
    Und sein Makler arbeitete wirklich gerne für ihn, denn immer, wenn Connor ihn anrief, um bestimmte komplexe Derivate zu kaufen – die zum